Regionalkomitee eröffnet Tagung in der Türkei
Gesundheitsminister und hochrangige Beamte aus 51 Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO kommen vom 16. bis 19. September 2013 in Çeşme Izmir (Türkei) zur 63. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa zusammen.
Die Tagung wird auf Englisch und Russisch im Web übertragen und kann auf Twitter verfolgt werden (#rc63izmir).
Tagung auf hoher Ebene mit ausgewählten Mitgliedstaaten
Das WHO-Regionalbüro für Europa hielt am 14. und 15. September Erörterungen mit Delegierten Kasachstans, Kirgisistans, Kroatiens, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegros, der Republik Moldau, Rumäniens, der Russischen Föderation, Tadschikistans, der Türkei, der Ukraine und Usbekistans sowie mit Vertretern der GAVI-Allianz, des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS), des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), Rotary International und dem WHO-Hauptbüro ab. Die Sitzungen wurden organisiert, um informelle strategische Diskussionen zu ermöglichen und Erfahrungen zu konkreten Themen auszutauschen, darunter: Immunisierung und impfpräventable Krankheiten, Konsolidierter Aktionsplan für die Prävention und Bekämpfung von multiresistenter und extensiv resistenter Tuberkulose, Globaler Aktionsplan für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten, Aktionsplan der Europäischen Region zur Förderung der psychischen Gesundheit, Eindämmung des Tabakgebrauchs, Nahrungs- und Ernährungspolitik, „Gesundheit 2020“ und Reform der WHO.
Eliminierung von Masern und Röteln
Vereinzelte Ausbrüche dieser Krankheiten gefährden das Ziel der Eliminierung in der Europäischen Region bis 2015. Auf der Tagung des Regionalkomitees wird ein Paket aus beschleunigten Maßnahmen vorgestellt, mit denen dieses Problem angegangen werden soll. Die Masern sind eine saisonale Krankheit, deren Profil sich in der Europäischen Region verändert: Sie stellen nicht länger nur eine Kinderkrankheit dar, sondern treten zunehmend auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Es gilt nach wie vor, dem Desinteresse in der Politik und der Öffentlichkeit entgegenzuwirken und in einigen Ländern die Versorgung mit Impfstoffen sicherzustellen. Die Teilnehmer verwiesen auf die vorbildlichen Praktiken in der WHO-Region Gesamtamerika, die die Eliminierung seit mehr als zehn Jahren aufrechterhält. Auch die Region Westlicher Pazifikraum nähert sich dem Eliminierungsziel und macht gezielte Impfkampagnen für Hochrisikogruppen zum Kernpunkt ihrer Strategie.
„Endspielstrategie“ für Polio
Die Europäische Region der WHO ist seit mehr als einem Jahrzehnt als poliofrei zertifiziert. Als Bestandteil der globalen Anstrengungen zur Eliminierung der Krankheit hat die WHO einen Plan für das „Endspiel“ gegen Polio erarbeitet, aus dem sich für die Europäische Region unter anderem ein Übergang von der Verabreichung oralen Polioimpfstoffs (Lebendimpfstoff) zum Einsatz inaktivierter Polioimpfstoffe (IPV) ergibt. Bei IPV enthält der Impfstoff keine lebenden Erreger und kann daher nicht zirkulieren oder sich in eine virulente Form des Virus zurückentwickeln. Viele Länder setzen bereits ausschließlich IPV ein, und die Verabreichung von mindestens einer Dosis muss in jedem Land der Europäischen Region bis 2015 eingeführt werden. In diesem Prozess wird die WHO die Länder durch Anleitung bei der Planung und Logistik sowie bei der Beschaffung unterstützen und den Regulierungsbehörden Hilfestellung bei der Zulassung der Impfstoffe geben. Einige Länder werden in Bezug auf die Versorgung mit Unterstützung im Rahmen von GAVI rechnen können.
Globaler Aktionsplan für Impfstoffe
Unterstützend zum Globalen Plan soll in einem Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten ein Aktionsplan für die Europäische Region erarbeitet und innerhalb eines Jahres vorgelegt werden. Dieser regionale Plan wird für die Mitgliedstaaten keine zusätzlichen Überwachungserfordernisse mit sich bringen, jedoch die Notwendigkeit der zeitnahen Meldung von Qualitätsdaten deutlich machen. Die Teilnehmer bekundeten ihre Unterstützung für die Erarbeitung eines regionalen Plans, der die Rechenschaftslegung stärkt, die Durchimpfungsrate verbessert und Unterschieden innerhalb der Europäischen Region Rechnung trägt.
Aktionsplan gegen multiresistente und extensiv resistente Tuberkulose
Über 95% der Patienten mit multiresistenter Tuberkulose (Tb) entfallen auf Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Die Therapieerfolgsrate für diese Form der Tb beträgt im Durchschnitt 45%, wobei die Einzelwerte zwischen 18% und 80% liegen. Die WHO hat eine Sammlung vorbildlicher Praktiken zur Prävention, Bekämpfung und Behandlung von Tb erstellt. Dank einer Kombination aus lokalen Investitionen und politischem Engagement haben einige Länder in den letzten beiden Jahren beachtliche Fortschritte erzielt. Die Teilnehmer unterstrichen die Notwendigkeit, dieses Problem durch ressortübergreifendes Handeln, so auch im Strafvollzug, und die Stärkung der primären Gesundheitsversorgung anzugehen, und bekundeten ihre Besorgnis über die Reform der derzeitigen Tb-Dienste sowie die Verfügbarkeit von Schnelltests, Zweitrangmedikamenten und psychosozialer Versorgung für therapierte Patienten.
Europäischer Aktionsplan HIV/Aids
Die Europäische Region der WHO verzeichnet derzeit eine „Behandlungslücke“, d. h. die HIV-Infektionsraten steigen so schnell, dass die Behandlung nicht Schritt hält. Die WHO hat unlängst neue konsolidierte Leitlinien für den Einsatz antiretroviraler Medikamente zur Behandlung und Verhütung von HIV-Infektionen eingeführt. Darin wird die Notwendigkeit betont, denjenigen Patienten eine Therapie zu ermöglichen, die sie am meisten benötigen, jedoch auch anerkannt, welche Vorteile die Einleitung einer antiretroviralen Behandlung zu einem früheren Zeitpunkt erbringt. Die WHO und UNAIDS haben ferner die Initiative „Treatment 2015“ (Behandlung 2015) begründet, mit der die Zahl der Personen, die eine Behandlung erhalten, gesteigert werden soll. In dem Rahmenkonzept wird unterstrichen, dass eine Behandlung kostenwirksam ist und sich im Laufe der Zeit als kostensparend erweisen könnte, da die Aufwendungen für die Gesundheitsversorgung der Personen mit HIV aufgeschoben werden. Unter den Delegierten herrschte Einigkeit darüber, dass eine Kombination aus Präventions- und Behandlungsmaßnahmen erforderlich sei, um die HIV-Epidemie in Angriff zu nehmen. Trotz steigender Infektionsraten ist die Europäische Region auf gutem Weg, als erste WHO-Region die Mutter-Kind-Übertragung von HIV zu beseitigen.
Internationale Gesundheitsvorschriften
In den überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV), die 2007 in Kraft traten, wird dazu aufgerufen, die nationalen Kapazitäten für Überwachungs- und Reaktionssysteme und an Grenzübergangsstellen (Häfen, Flughäfen und Landübergänge) zu stärken. Für die Umsetzung der IGV war eine Frist bis 2012 vorgesehen, wobei den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wurde, diese durch die Vorlage eines schriftlichen Ersuchens und Plans an die WHO bis 2014 zu verlängern. Im Nachgang zu den Erörterungen auf der letzten Weltgesundheitsversammlung holt die WHO derzeit bei den Mitgliedstaaten Rat zu möglichen Kriterien für die Verlängerung der Umsetzungsfrist über 2014 hinaus ein.
Antibiotikaresistenz
Nachdem die Europäische Region 2011 einen strategischen Aktionsplan zur Antibiotikaresistenz annahm, hat das Regionalbüro in mehreren Mitgliedstaaten Länderbewertungen vorgenommen und das Surveillance-Netzwerk für antimikrobielle Resistenzen in Zentralasien und Osteuropa (CAESAR) eingerichtet. Auf diesem Gebiet besteht eine enge Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern, namentlich dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Integraler Bestandteil dieser Tätigkeit sind eine Überzeugungsarbeit, die die Risiken des Missbrauchs von Antibiotika sowohl für die Öffentlichkeit als auch für Gesundheitsfachkräfte kenntlich macht, ein größerer Schwerpunkt auf der Umstellung des Verhaltens und eine Zusammenarbeit zwischen den Sektoren.
Aktionsplan für psychische Gesundheit
Dem Regionalkomitee wird auf dieser Tagung ein Aktionsplan der Europäischen Region zur Förderung der psychischen Gesundheit zur Annahme vorgelegt. Darin werden das Recht auf lebenslanges psychisches Wohlbefinden, der Schutz der Menschenrechte für Personen mit psychischen Problemen, der positive Einfluss gemeindenaher Dienste und der Anspruch jedes Menschen auf respektvolle, sichere und wirksame Behandlung hervorgehoben. In der Debatte wiesen die Delegierten nachdrücklich auf den Bedarf an einer auf lokale Gegebenheiten zugeschnittenen gemeindenahen Versorgung und an geschultem Gesundheitspersonal hin.
Nichtübertragbare Krankheiten
Die Regierung Turkmenistans wird am 3. und 4. Dezember 2013 in Aschgabat die Europäische Ministerkonferenz der WHO über die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten ausrichten. Diese Konferenz wird primär drei Bereichen gewidmet sein: nichtübertragbare Krankheiten und Außenpolitik, das „Endspiel“ gegen Tabak und die Überwindung von Barrieren im Gesundheitssystem. Die Sterblichkeit infolge von kardiovaskulären Erkrankungen ist in den vergangenen 30 Jahren in der gesamten Europäischen Region gesunken, und eine wichtige Determinante des Erfolgs ist die wirtschaftliche Entwicklung. Gegenstand der Diskussionen waren die Frage der Krebsvorsorge und die Notwendigkeit, für angemessene Behandlungsangebote zu sorgen, sobald Vorsorgemaßnahmen eingeführt wurden, sowie die Rolle der Privatwirtschaft beim Umgang mit den für nichtübertragbare Krankheiten maßgeblichen Risikofaktoren.
Gesundheit 2020
Dieses Europäische Rahmenkonzept für Gesundheit und Wohlbefinden wurde auf der im vergangenen Jahr abgehaltenen Tagung des Regionalkomitees verabschiedet. Nun geht es vor allem darum, die Strategie zu verwirklichen, und das Regionalbüro arbeitet an einem Paket von Instrumenten und Diensten zur Unterstützung der Länder bei Fragen wie der Steuerung und Führung, der Untersuchung von Ungleichheiten und den Grundfunktionen des Gesundheitswesens. Die wichtigsten Ergebnisse des Berichts über die sozialen Determinanten von Gesundheit und das Gesundheitsgefälle werden auf der diesjährigen Tagung des Regionalkomitees erörtert. Die Delegierten bekundeten ihren Rückhalt für „Gesundheit 2020“ und wiesen darauf hin, dass die Schaffung effektiver Verwaltungspartnerschaften unterstützt werden müsse.
Überwachungsrahmen und Indikatoren für Gesundheit 2020
Nachdem 2012 sechs übergeordnete Ziele für „Gesundheit 2020“ vereinbart wurden, lag der Arbeitsschwerpunkt im vergangenen Jahr auf der Festlegung einer Reihe von Indikatoren zur Messung dieser Ziele. Ausgehend von Diskussionen im Expertenkreis und einer Konsultation mit den Mitgliedstaaten wurde eine Reihe von 20 Kernindikatoren und 17 zusätzlichen Indikatoren erarbeitet. Dabei wurde unterstrichen, wie wichtig es sei, Indikatoren zu verwenden, die verfügbar sind und von den Mitgliedstaaten bereits routinemäßig gemeldet werden und deren Vorlage nach Alter, Geschlecht und anderen Faktoren aufgeschlüsselt möglich ist. Die WHO wird für diese Indikatoren die Durchschnittswerte der Europäischen Region vorlegen. Ferner betonten die Teilnehmer die Notwendigkeit sektorübergreifender Berichtsteams und einer Berichterstattung auf lokaler Ebene.
Reform der WHO
Dieser Prozess beruht auf drei Säulen: Programme und Prioritäten, Führungsfragen und Verwaltungsreform. Er wurde aufgrund der Erkenntnis eingeleitet, dass der Mechanismus zur Finanzierung der Organisation nicht länger im Einklang mit ihren Bedürfnissen und den äußeren Gegebenheiten steht. Eine jüngere Entwicklung in diesem Prozess ist die Aufnahme eines Finanzierungsdialogs mit Gebern und Mitgliedstaaten, der die Finanzierung der WHO berechenbarer machen soll. Der erste derartige Dialog fand im Juni statt; der nächste ist für November dieses Jahres angesetzt.
Unterzeichnung einer zweijährigen Kooperationsvereinbarung (BCA) mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien
Am Sonntag Nachmittag unterzeichneten Herr Nikola Todorov, Gesundheitsminister der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, und Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa, eine BCA über die Bereiche der Zusammenarbeit in den nächsten beiden Jahren. Einer der Schlüsselbereiche der Kooperation ist die fachliche Unterstützung, die die WHO für die Erarbeitung eines nationalen operativen Gesundheitsplans im Rahmen von „Gesundheit 2020“ und eines neuen nationalen sektorübergreifenden Gesundheitsplans für nichtübertragbare Krankheiten gewährt.
„In Bezug auf Sachkompetenz in Gesundheitsfragen ist die WHO die glaubwürdigste Quelle, auf die sich das Gesundheitsministerium stützen kann“, so Herr Todorov. Er erklärte, dass das Ministerium damit befasst sei, eine Arbeitsgruppe zur Einbettung der Grundsätze, Leitlinien und Dokumente der WHO in den nationalen Gesundheitsrahmen einzusetzen. Im Zusammenhang mit anderen nationalen Entwicklungen gab der Minister bekannt, dass das Land in diesem Jahr ein elektronisches System für Überweisungen und Wartelisten eingeführt habe.
Frau Jakab dankte dem Minister für die enge Zusammenarbeit mit der WHO und insbesondere für die Unterstützung der Regierung und des Gesundheitsministeriums bei der Ansiedlung des Sitzes des Sekretariats des Südosteuropäischen Gesundheitsnetzwerks (SEEHN) in Skopje, das im März dieses Jahres eröffnet wurde.
Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist der erste Mitgliedstaat der Europäischen Region, der eine BCA mit dem Regionalbüro für 2013–2014 unterzeichnet hat.
Informationsveranstaltung für nichtstaatliche Organisationen
Vertreter von 26 nichtstaatlichen Organisationen kamen am Sonntag zusammen, um die Tagesordnung und ihre Teilnahme an der Tagung des Regionalkomitees zu erörtern. Schriftliche Stellungnahmen mehrerer nichtstaatlicher Organisationen sind online verfügbar.
Ständiger Ausschuss des WHO-Regionalkomitees für Europa
Der Zwanzigste Ständige Ausschuss des Regionalkomitees (SCRC) hielt am Sonntag, den 15. September 2013 seine abschließende Tagung ab. Er prüfte die vorläufige Tagesordnung und das vorläufige Programm des Regionalkomitees und andere Verfahrensfragen zur Vorbereitung der Tagung.
Höhepunkte am Montag
- Ansprache von Dr. Mehmet Müezzinoğlu, Gesundheitsminister der Türkei
- Eröffnungsansprache der WHO-Regionaldirektorin für Europa, Zsuzsanna Jakab
- Erörterung der WHO-Reform und der Folgen für die Europäische Region der WHO