Höhepunkte von Tag 4: RC65 verabschiedet neuen Aktionsplan Tuberkulose und geht zu Ende

Höhepunkte des Schlusstages der 65. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa (RC65) waren die Annahme des Aktionsplans, eine Vereinbarung zwischen dem Regionalbüro und der Europäischen Kommission über eine Vertiefung der Zusammenarbeit und eine Darstellung der Erfahrungen der Länder beim Umgang mit der Migrationskrise in Europa.

Aktionsplan Tuberkulose für die Europäische Region der WHO (2016–2020)

Bei der Umsetzung des Konsolidierten Aktionsplans für die Prävention und Bekämpfung von multiresistenter und extensiv resistenter Tuberkulose (MDR/XDR-Tb) in der Europäischen Region der WHO seit 2011 haben die Mitgliedstaaten mehrere große Erfolge in den Bereichen Prävention, Bekämpfung und Versorgung erzielt. So seien mehr als 1 Mio. Tuberkulosepatienten, darunter 53 000 MDR-Tb-Fälle, geheilt worden. Allerdings gebe es nach wie vor wesentliche Herausforderungen, die insbesondere durch eine anhaltende primäre Übertragung, die zunehmende Resistenz der Tuberkulosestämme und tödlich verlaufende Tuberkulose-HIV-Koinfektionen bedingt seien. Als Folge der Umsetzung des neuen Aktionsplans für 2016–2020 könnten voraussichtlich 1,4 Mio. Tuberkulosepatienten geheilt, 1,7 Mio. neue Fälle verhindert und 48 Mrd. US-$ eingespart werden.

Dr. Masoud Dara, Leiter des Programms Tuberkulose und MDR-/XDR-Tb beim WHO-Regionalbüro für Europa, unterstrich, dass im Kampf gegen Tuberkulose kein Grund zur Selbstzufriedenheit bestehe und dass es wichtig sei, ihre Begleiterkrankungen Tabak- und Alkoholkonsum und HIV anzuerkennen.

Das RC65 nahm den Aktionsplan Tuberkulose für die Europäische Region der WHO (2016–2020) an. Vertreter der Mitgliedstaaten betonten, wie wichtig eine vertiefte Zusammenarbeit sei, die sich über Grenzen hinweg erstrecke und alle Akteure in gemeinsame Maßnahmen zum Wohl der Region einbinde. Mehrere Teilnehmer hoben hervor, dass besonderer Wert darauf gelegt werden müsse, den Zugang zu Präventions-, Therapie- und Versorgungsangeboten für anfällige Gruppen, darunter Menschen mit HIV, zu gewährleisten.

Vertreter nichtstaatlicher Organisationen (NGO) unterstrichen die Rolle ihrer Organisationen als Bindeglied zwischen den medizinischen und sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose und begrüßten die Zusammenarbeit mit den Regierungen und anderen Partnern im Hinblick auf optimale Ergebnisse.

Umsetzung des Programmhaushalts 2016-2017

Imre Hollo, Leiter der Abteilung Verwaltung und Finanzen beim WHO-Regionalbüro für Europa, stellte Pläne zur Umsetzung des WHO-Programmhaushalts 2016-2017 vor. Diese Pläne seien realistisch, beruhten auf einer soliden Bottom-up-Planung und seien an die globalen Prioritäten angepasst worden. Der Haushalt sei nach denselben Prioritäten wie im vorherigen Haushaltszeitraum angelegt, orientiere sich an „Gesundheit 2020", entspreche der globalen Prioritätensetzung und trage gewonnenen Erkenntnissen Rechnung, etwa den Lehren aus der Reaktion auf den Ebola-Ausbruch. 

Konkrete fachliche Schwerpunktbereiche seien unter anderem die Intensivierung der Arbeit in den Bereichen Malaria, Hepatitis, antimikrobielle Resistenz und nichtübertragbare Krankheiten, die Stärkung der Gesundheitssysteme, der Aufbau institutioneller Kapazitäten für das Risiko- und Krisenmanagement in Notfällen und die Stärkung der WHO-Länderpräsenz in der Europäischen Region

Ein „Kontrakt" zwischen dem WHO-Regionalbüro für Europa und den Mitgliedstaaten werde dazu dienen, die erzielten Erfolge zu messen. Darin würden angestrebte Ergebnisse und Ergebnisindikatoren festgelegt, die entweder unter die gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten und der WHO oder in den Zuständigkeitsbereich der WHO-Leitung fallen.
Viele Delegierte lobten die Transparenz und höhere Qualität der Haushaltsplanung des Regionalbüros und bezeichneten den Bericht über die Umsetzung des Haushalts 2014–2015 als nützlich und aufschlussreich. 

Einige Redner fragten, welche Folgen die geplante Erhöhung der Investitionen in die Länderbüros für Länder ohne direkte Präsenz der WHO habe, wie die zu Verzögerungen bei der Umsetzung beitragenden Faktoren angegangen würden und welche Auswirkungen die Aufstockung des Haushalts für 2016–2017 auf die Personalplanung habe. 

Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa, versicherte dem RC65, der Geschäftsplan des Regionalbüros habe sich nicht geändert und die Zusammenarbeit mit den Ländern ohne WHO-Präsenz sei weiter ein vorrangiges Anliegen. Die Umsetzung des aktuellen Haushaltsplans erfolge rascher, aber behutsam, um die zugewiesenen Mittel wie geplant zu verwenden. Imre Hollo erläuterte, das WHO-Hauptbüro werde die erste Tranche der organisationseigenen Mittel für 2016–2017 früher als in vorangegangenen Zweijahreszeiträumen auszahlen, um die Umsetzung von Anfang an zu verbessern. Bei der Personalplanung werde man sich weiter auf den Kapazitätsaufbau in fachlichen Bereichen konzentrieren, um dem Bedarf der Mitgliedstaaten optimal zu entsprechen.

Beschlüsse der Weltgesundheitsversammlung und des Exekutivrates

Svetlana Axelrod (Russische Föderation), Mitglied des Exekutivrates der WHO und dessen Ansprechpartnerin für den Ständigen Ausschuss des Regionalkomitees für Europa, fasste eine Reihe von Resolutionen der 68.
Weltgesundheitsversammlung mit Relevanz für die Europäische Region zusammen – darunter die Resolutionen zu den globalen Strategien für die Eliminierung der Malaria, Poliomyelitis und antimikrobielle Resistenzen – und appellierte an das Regionalbüro und die Länder der Europäischen Region, ihre Umsetzung sicherzustellen. 

Dr. Gottfried Hirnschall, Leiter der Abteilung HIV/Aids im WHO-Hauptbüro, erörterte die Erarbeitung globaler Strategien des Gesundheitswesens gegen HIV, Virushepatitis und sexuell übertragbare Infektionen für 2016–2021 und Möglichkeiten zur Einbindung der Mitgliedstaaten und anderer Akteure. Ziel sei es, der Aids-Epidemie bis 2030 ein Ende zu setzen und die Virushepatitis sowie sexuell übertragbare Infektionen als Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit zu eliminieren.
Ein Vertreter einer NGO forderte einen Europäischen Aktionsplan gegen Virushepatitis.

Dr. Florence Fuchs vom WHO-Hauptbüro beschrieb detailliert zentrale Empfehlungen des Prüfungsausschusses für Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV) und forderte die Mitgliedstaaten auf, das aktuelle IGV-Selbstbewertungssystem zu stärken und eingehende Überprüfungen signifikanter Krankheitsausbrüche vorzunehmen. In der Debatte zu den IGV gingen die Vertreter der Mitgliedstaaten auf die Ebola-Krise und die aktuelle Migrationskrise ein. Ein Redner aus Italien bekundete die Bereitschaft seiner Regierung, Ende 2015 eine Konferenz zum Thema Migration und Gesundheit auszurichten.

Dr. James Campbell vom WHO-Hauptbüro schilderte die Ausarbeitung der globalen Strategien für eine bürgernahe und integrierte Gesundheitsversorgung und für die Ausbildung von Gesundheitspersonal. Er dankte den Mitgliedstaaten für ihre aktive Beteiligung und bat sie um weitere Hinweise und Vorschläge.

Fachinformationssitzung zum Thema Migration und Gesundheit

Zahlreiche Delegierte von Mitgliedstaaten und NGO nahmen an der Informationssitzung teil, auf der Podiumsteilnehmer aus Albanien, Deutschland, Spanien, der Türkei und Ungarn die Auffassungen ihrer Länder darlegten. Dabei kamen folgende Punkte zur Sprache:

  • Die begriffliche Abgrenzung von Migranten und Flüchtlingen sei wichtig, denn damit werde eine vielfältige Gruppe bezeichnet, der dieser Personenkreis angehöre. 
  • Aufgrund der Alterung Europas könne Migration als Chance für Wirtschaftswachstum begriffen werden.
  • Wie das Beispiel Türkei zeige, könnten die Behörden die mit der Migration verbundenen Herausforderungen bewältigen, wenn sie gut vorbereitet seien.
  • Eine gute, evidenzbasierte Kommunikation mit der ortsansässigen Bevölkerung sei unerlässlich.
  • Kleine Länder seien bei der Bewältigung des Massenzustroms von Menschen vor besondere Herausforderungen gestellt, und es sei notwendig, sich ihnen gegenüber solidarisch zeigen.
  • Länder mit Konzepten, die auf „Gesundheit 2020" abgestimmt seien und wirksam umgesetzt würden, seien gut für die mit dem riesigen Zustrom von Flüchtlingen und Migranten verbundenen Herausforderungen gerüstet.

Ansprache von Dr. Vytenis Andriukaitis, Europäischer Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Die Regionaldirektorin hieß den Kommissar willkommen und erläuterte, dass beide beschlossen hätten, die mit der gemeinsamen Erklärung von 2010 angebahnte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Regionalbüro der WHO für Europa zu vertiefen und zu festigen. Diese Zusammenarbeit erstrecke sich auf sechs zentrale Bereiche: Innovation und Gesundheit, Gesundheitssicherheit, Modernisierung und Integration des gesundheitspolitischen Informationssystems, Ungleichheiten im Gesundheitsbereich, Stärkung der Gesundheitssysteme und chronische Krankheiten. 

Fortschrittsberichte

Dem RC65 wurden fünf Fortschrittsberichte vorgelegt: Zunächst wurde berichtet, dass bei der Umsetzung des Konsolidierten Aktionsplans für die Prävention und Bekämpfung von MDR- bzw. XDR-Tb (2011–2015) Tests, der Zugang zur Behandlung und die Überwachung ausgeweitet und die Bedürfnisse besonderer Bevölkerungsgruppen besser befriedigt worden seien. 

Im zweiten Bericht wurden Fortschritte bei der Verwirklichung der gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele untersucht: Senkung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Gesundheit von Müttern, Bekämpfung von Infektionskrankheiten, Verbesserung des Zugangs zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen und Bereitstellung des Zugangs zu bezahlbaren unentbehrlichen Arzneimitteln. 

Im dritten, dem Thema Verhaltensänderungsstrategien und Gesundheit gewidmeten Fortschrittsbericht wurden ressortübergreifende Maßnahmen. der Lebensverlaufansatz, psychische Gesundheit, Ernährung, die Eindämmung des Tabakgebrauchs und Alkoholmissbrauch behandelt.

Im vierten Bericht, der die IGV betraf, wurde auf die Bewertung und den Aufbau von Kapazitäten, das Engagement hochrangiger Politiker, Sensibilisierung und Überzeugungsarbeit eingegangen.

Gegenstand des fünften Berichts war die Steuerung und Führung der Gesundheitssysteme in der Europäischen Region der WHO.

Ort und Zeitpunkt künftiger RC-Tagungen

  • Das RC66 findet vom 12. bis 15. September 2016 in Kopenhagen statt. 
  • Das RC67 wird im September 2017 in Budapest abgehalten.

Abschluss des RC65

Die Regionaldirektorin dankte den Delegierten für die wertvollen und fruchtbaren Diskussionen und die wichtigen Beschlüsse des RC65 und brachte ihre Erwartung zum Ausdruck, ihnen auf dem RC66 erneut zu begegnen.