Ansprache Ihrer Königlichen Hoheit Kronprinzessin Mary von Dänemark

Tadschikische Staatliche Medizinische Avicenna-Universität, 24. Oktober 2014

Sehr geehrter Herr Stellvertretender Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister für Gesundheit und Soziales, sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Rektor, sehr geehrte Damen und Herren Professoren, liebe Studentinnen und Studenten, sehr geehrte Gäste, meine Damen und Herren!

Guten Morgen.

Ich freue mich über die Gelegenheit, heute Morgen an der Tadschikischen Staatlichen Medizinischen Avicenna-Universität zu Ihnen sprechen und in meiner Eigenschaft als Schirmherrin des WHO-Regionalbüros für Europa ein paar Worte an Sie richten zu können.

Doch zunächst möchte ich der Regierung Tadschikistans dafür danken, dass sie die Frau Regionaldirektorin und mich zu einem Besuch in Ihr schönes Land eingeladen haben und uns mit einer solch herzlichen Gastfreundschaft empfangen haben.

Gestern hatte ich die Gelegenheit, das Pädiatrische Krankenhaus und Schulungszentrum und das Kinder-Rehabilitationszentrum Chorbogh zu besuchen. Es war ein angenehmer und auch sehr aufschlussreicher Besuch, für den ich mich bei den Mitarbeitern beider Einrichtungen herzlich bedanken möchte.

Denn die Hingabe und der unermüdliche Einsatz des an vorderster Front beschäftigten Gesundheitspersonals bringen uns unserem Ziel näher, einen allgemeinen und gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung als ein Menschenrecht für jedes Mitglied einer jeden Gemeinschaft zu verwirklichen.

Liebe Studentinnen und Studenten! Heute Morgen hatte ich die Gelegenheit zu einem Gespräch mit einigen von Ihnen hier auf dem Campus. Ihre Ideen und Ihre Motivation sowie Ihre Zukunftsvision von einem gesünderen Tadschikistan werden zur Orientierung und Gestaltung der Zukunft der Gesundheitsversorgung in Ihrem Land beitragen, und ich begrüße von ganzem Herzen Ihre Entschlossenheit, Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung des Landes zu verbessern.

Auf unserem Besuch wollen die WHO-Regionaldirektorin für Europa, Frau Zsuzsanna Jakab, und ich in Tadschikistan für die Bedeutung von Fragen der Gesundheit von Müttern und Kindern sowie von Impfmaßnahmen sensibilisieren.

Der Themenkomplex aus Prävention der Müttersterblichkeit, Verwirklichung von mehr Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern und Verwirklichung sexueller und reproduktiver Gesundheit einschließlich der Geltendmachung entsprechender Rechte für alle – unabhängig von Person und Wohnort – ist mir ein wichtiges Anliegen. Dies sind Themen, mit denen ich mich als Mitglied der Hochrangigen Arbeitsgruppe für die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und als Schirmherrin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), der Maternity Foundation und des WHO-Regionalbüros für Europa beschäftigt habe.

Vor knapp 15 Jahren gaben alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ein Versprechen ab, durch die Verwirklichung der acht Millenniums-Entwicklungsziele (MZ) die Welt zu verbessern. Tatsächlich ist seitdem viel erreicht worden: Millionen Menschenleben konnten gerettet werden; die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen konnte halbiert werden; und es hat spürbare Verbesserungen in allen Bereichen der Gesundheit gegeben.

Doch die Verwirklichung dieser Ziele ist innerhalb von wie auch zwischen Ländern uneinheitlich, und es ist besonders besorgniserregend, dass die von einer Verwirklichung am weitesten entfernten MZ jene sind, bei denen es um Belange von Frauen und Mädchen geht. Erhebliche Ungleichgewichte und Ungleichheiten bestehen fort und verschärfen sich teilweise sogar.

Sowohl die Regionaldirektorin als auch ich sind der Überzeugung, dass weitere Fortschritte bei der Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden nur durch Abbau gesundheitlicher Benachteiligungen – und konkret von Ungleichgewichten in den Gesundheitssystemen und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern – erreicht werden können. Ich spreche beispielsweise von den Benachteiligungen, denen Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu Angeboten in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Rehabilitation, Bildung, Beschäftigung und Soziales (einschließlich Wohnen und Verkehr) ausgesetzt sind.

Hier in Tadschikistan gehören Reproduktionsgesundheit sowie die Gesundheit von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen weiterhin zu den vorrangigen Anliegen für die Zusammenarbeit mit der WHO. Um die Anstrengungen zur Verwirklichung der Vorgaben der Millenniums-Entwicklungsziele für die Gesundheit von Müttern und Kindern weiter zu forcieren, hat sich die Regierung Tadschikistans im Jahr 2011 dazu verpflichtet, die Umsetzung der Globalen Strategie der Vereinten Nationen für die Gesundheit von Frauen und Kindern voranzutreiben.

Mit fachlicher und finanzieller Unterstützung durch die WHO hat Tadschikistan 2013 einen Fahrplan für die Stärkung der Rechenschaftslegung in Bezug auf die Gesundheit von Frauen und Kindern ausgearbeitet und mit dessen Umsetzung begonnen. Um die Mortalität in der Altersgruppe unter fünf Jahren signifikant zu senken, hat die WHO auch die Umsetzung ihrer Strategie für ein Integriertes Management von Kinderkrankheiten (IMCI) unterstützt, um den Versorgungsgrad zu erhöhen und die Qualität der Leistungen zu verbessern.

Es ist erfreulich, dass die von der Regierung gezeigte Entschlossenheit in wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheiten umgesetzt wird: durch Ausbau der Präventionsangebote, einschließlich Impfmaßnahmen und Ernährungsberatung; durch Verbesserung des Zugangs von Frauen und Kindern zu einer hochwertigen Versorgung durch integrierte Angebote; und durch einen Appell zu einer engeren ressortübergreifenden Zusammenarbeit, bei der die Determinanten von Gesundheit gezielt in Angriff genommen werden.

Seit Übernahme der Funktion als Schirmherrin im Jahr 2005 habe ich mich nach Kräften für Impfmaßnahmen für alle eingesetzt, namentlich durch Impfkampagnen der WHO wie die jährlich stattfindende Europäische Impfwoche. Glücklicherweise ist die Durchimpfung in der Europäischen Region hoch, weil die Mitgliedstaaten in der Region ihre nationalen Impfprogramme und die ihnen zugrunde liegenden Gesundheitssysteme ausgebaut haben.

2010 hat Tadschikistan einen großen Polioausbruch erlebt, bei dem tragischerweise zahlreiche Betroffene in den vergangenen drei Jahren Beeinträchtigungen erlitten haben, weshalb sie heute auf langfristige Rehabilitationsmaßnahmen angewiesen sind. Gestern hatte ich die Gelegenheit, mir ein besseres Bild davon zu machen, was es bedeutet, mit Polio leben zu müssen, als ich mit einer Gruppe von Polio betroffener Kinder und Jugendlicher sowie ihren Eltern und Betreuern zusammentraf, die an ihren Rehabilitationsmaßnahmen beteiligt sind.

Es liegt auf der Hand, dass Behinderung ein Querschnittsthema ist, das eine Beteiligung verschiedener Bereiche und Akteure erfordert und eine erhebliche Entschlossenheit und starken Einsatz von einer Vielzahl verschiedener Beteiligter voraussetzt – und natürlich eine Führungsrolle seitens der Regierung.

Die WHO ist in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Regierung und dem Ministerium für Gesundheit und Soziales dabei, das auf drei Jahre angelegte Rehabilitationsprogramm umzusetzen. Das Programm lief im Juni 2013 an und umfasst die Ausarbeitung einer nationalen Rehabilitationspolitik mit entsprechenden Angeboten und einem Schwerpunkt auf der gemeindenahen Ebene.

Durch Investition in Behinderung und Rehabilitation in Tadschikistan trägt das Programm für die Rehabilitation von Behinderungen heute dazu bei, einen Grundstein für eine gesunde, wohlhabende und inklusive zukünftige Gesellschaft zu legen, in der Menschen mit Behinderungen ein gesunden Leben in Würde führen können.

Das gestrige Zusammentreffen mit den Überlebenden von Polio-Erkrankungen und die Konfrontation mit den verheerenden Folgen impfpräventabler Krankheiten hat uns allen einmal mehr die Unverzichtbarkeit der Aufrechterhaltung einer hohen Durchimpfung vor Augen geführt. Der Polioausbruch in Tadschikistan und in anderen Ländern der Europäischen Region wurde auf bemerkenswerte Weise bekämpft: durch koordinierte Anstrengungen und erfolgreiche Impfkampagnen. Dennoch hat der Ausbruch verdeutlicht, dass bei der Bekämpfung impfpräventabler Krankheiten Selbstgefälligkeit völlig fehl am Platz wäre. Dort, wo Impflücken festgestellt werden, müssen sie konsequent beseitigt werden.

Am heutigen Welt-Polio-Tag möchte ich nochmals hervorheben, dass das Fundament für effiziente öffentliche Gesundheitsdienste stets in einem leistungsfähigen Impfprogramm liegt. Jeder Bürger hat in jeder Lebensphase ein Anrecht auf Zugang zu Impfmaßnahmen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ausdrücklich die Bemühungen der Partner innerhalb der Weltweiten Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung anerkennen und namentlich das anhaltende Engagement von Rotary International auf der globalen Ebene wie auch in den WHO-Regionen und in den Ländern hervorheben. Ich habe mir sagen lassen, dass die Unterstützung, die die Mitglieder des Rotary Club im Bezirk Duschanbe während des Polioausbruchs in Tadschikistan geleistet haben, vorbildlich war.

Glücklicherweise deuten die Daten für Tadschikistan für das Jahr 2012 darauf hin, dass die Durchimpfung der Kinder in der Altersgruppe von 18 bis 29 Monaten in den vorausgegangenen sieben Jahren für alle Routineimpfungen erheblich zugenommen hat. Auch die Aufzeichnungen über Impfmaßnahmen werden von Jahr zu Jahr besser.

Es gibt also positive Trends, und ich beglückwünsche die Regierung und die Angehörigen der Gesundheitsberufe nochmals zur Konsolidierung dieser Fortschritte. Ferner erfreut es mich insbesondere, dass infolge der Verbesserung der ökonomischen Gesamtlage des Landes die Regierung Tadschikistans das nationale Impfprogramm auch weiterhin ausbauen und die Einführung neuer und bisher zu wenig genutzter Impfstoffe prüfen wird.

Als Schirmherrin des WHO-Regionalbüros für Europa bin ich zuversichtlich, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zu einer weiteren Verbesserung der Reproduktionsgesundheit sowie der Gesundheit von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen und zum Abbau der durch impfpräventable Krankheiten bedingten Krankheitslast beitragen kann.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.