Ansprache Ihrer Königlichen Hoheit Kronprinzessin Mary von Dänemark an die 56. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa

Kopenhagen, 11. September 2006

Sehr geehrter Herr Regionaldirektor, sehr geehrte Gäste!

Es ist mir eine Ehre, zu einer Tagung einer so hochrangigen Gruppe von Gesundheitspolitikern sprechen zu dürfen, die die 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation vertreten.

Ich begrüße Sie alle herzlich zur 56. Tagung des Regionalkomitees.

Erst vor kurzem habe ich die Aufgaben einer Schirmherrin des WHO-Regionalbüros für Europa übernommen. In dieser Eigenschaft habe ich das Regionalbüro schon ein paarmal besucht und mit Herrn Dr. Danzon und seinen Mitarbeitern darüber diskutiert, wie ich einen Beitrag zur Durchführung des Auftrags des Regionalbüros leisten kann, nämlich bei der Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung in der Europäischen Region.

Als Schirmherrin einer sehr komplexen Organisation, die innerhalb des extrem komplizierten Themenfeldes öffentliche Gesundheit tätig ist, kam es für mich schon von unseren ersten gemeinsamen Gesprächen an darauf an, wo und wie ich einen sinnvollen Beitrag leisten kann. Natürlich kann ich dabei nicht als Expertin dienen. Aber ich kann mir Wissen und ein solides Verständnis in Bezug auf meine Schwerpunktbereiche aneignen. Und ich kann zu einer Verstärkung der Bewusstseinsbildung in Bezug auf diese Bereiche sowie allgemein auf Fragen der öffentlichen Gesundheit in Europa beitragen.

Leider gehören für viele Menschen in der Europäischen Region Gesundheitsprobleme und Leiden wie auch ein mangelnder Zugang zur medizinischen Grundversorgung zum Alltag. Ich bin fest entschlossen, zu einer Verbesserung dieser Situation beizutragen, und habe mit dem Regionalbüro vereinbart, meine Anstrengungen auf einige wenige konkrete Bereiche zu konzentrieren.

In meiner Eigenschaft als Schirmherrin anderer Organisationen im Gesundheitsbereich spielen zwei Themenbereiche eine besondere Rolle: die Prävention, Bekämpfung und Behandlung von nichtübertragbaren Krankheiten und der Themenkomplex psychische Gesundheit.

Deshalb ist es für mich besonders erfreulich, dass auf dieser Tagung des Regionalkomitees über eine Europäische Strategie zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten beraten wird. Der hohe Anteil der Krankheitslast und der Todesfälle, für den dieses breite Spektrum an Erkrankungen verantwortlich ist, macht Investitionen in Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen dringend erforderlich. Ich wünsche diesem Regionalkomitee Erfolg bei dem Versuch der Einigung auf eine Europäische Strategie gegen nichtübertragbare Krankheiten, die so zutreffend mit dem Slogan „Zugewinn an Gesundheit“ überschrieben wurde.

Mit meinem Engagement auf diesem Gebiet möchte ich auch dafür sensibilisieren, dass mehr körperliche Betätigung ein wichtiger und integraler Bestandteil in dem Streben nach einer besseren Gesundheit und einem gesteigerten Wohlbefinden ist. Ich habe mit den Mitarbeitern des Regionalbüros über die Tiefe der Problematik diskutiert. Dabei empfand ich vor allem die Daten über Adipositas im Kindesalter als alarmierend. Adipositas hat unter Kindern epidemische Ausmaße erreicht. Dänemark hat sich seit 2001 an die Spitze derer gesetzt, die zum Handeln gegen Adipositas aufrufen.

Ich habe mich daher verpflichtet, dazu beizutragen, hier ein politisches Bewusstsein zu schaffen, und freue mich darauf, die demnächst stattfindende Ministerkonferenz der WHO zur Bekämpfung der Adipositas zu unterstützen, die im November in Istanbul stattfinden wird. Außerdem beabsichtige ich, an Folgeveranstaltungen zu der Konferenz wie dem nächsten Move for Health Day teilzunehmen, der im Mai 2007 geplant ist.

Auch wenn sie nicht konkret auf der Tagesordnung dieser Tagung stehen, so möchte ich doch kurz noch auf zwei andere Bereiche eingehen, für die wir über meine Beteiligung an konkreten Veranstaltungen gesprochen haben.

Der eine betrifft die durch Impfung vermeidbaren Krankheiten und das Impfwesen, wo fallende bzw. stagnierende Impfraten Anlass zu erheblicher Besorgnis geben. Abgesehen von sicherem Trinkwasser hat keine andere Gesundheitsmaßnahme so wirksam und sicher zum Abbau von Morbidität und Mortalität beigetragen wie Impfungen. Doch bestehen hier nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen, und in einer Reihe von Mitgliedstaaten in unserer Region gibt es immer noch viele ungeimpfte Kinder.

Der Rückgang der Zahl der Geimpften ist nicht nur das Ergebnis von Panikmache seitens von Medien oder Gruppen von Impfgegnern. Vielmehr ist er auch darauf zurückzuführen, dass die Inzidenz gefährlicher, durch Impfung vermeidbarer Krankheiten gesunken ist, wodurch sich die Angst vor den betreffenden Krankheiten verringert hat. Die große Ironie an dieser Situation liegt darin, dass dieser Rückgang gewissermaßen eine Kehrseite des Erfolgs der Impfmaßnahmen ist. Man könnte also sagen, dass das Impfwesen ein „Opfer seines eigenen Erfolgs“ geworden ist.

Als Mutter möchte ich dafür Sorge tragen, dass meinem Kind alle Wege zu einem gesunden Leben offen stehen und dass es gegen Krankheiten geimpft ist, die sich so leicht in Schach halten lassen.

Als Schirmherrin möchte ich dafür sorgen, dass jedes Kind in der Europäischen Region die gleichen Chancen erhält und dass wir auch die nach wie vor benachteiligten Bevölkerungsgruppen erreichen. Jedes Kind hat ein Recht auf Impfung. Um dieses Projekt zu unterstützen, werde ich an einer Reihe offizieller Veranstaltungen in Verbindung mit der Europäischen Impfwoche teilnehmen, die im Frühjahr 2007 stattfindet.

Schließlich bin ich im Bereich der psychischen Gesundheit auch Schirmherrin der Dänischen Gesellschaft für psychische Gesundheit und des Dänischen Fonds für psychische Gesundheit. Gemeinsam mit dem WHO-Regionalbüro für Europa werde ich über mögliche Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene nachdenken, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Bekämpfung der Stigmatisierung von Menschen, die an psychischen Problemen leiden, auf Initiativen, die sowohl allseitigen

Nutzen als auch neues Wissen und vorbildliche Praktiken für die darauf Angewiesenen bringen sollen.

Sie haben es in den kommenden Tagen mit einer Vielzahl wesentlicher Herausforderungen zu tun. Ich wünsche Ihnen den Weitblick, die ihrer Erfahrung entsprechende Umsicht, die Entschlossenheit und die Freude, einer Gruppe anzugehören, die den Weg für „Gesundheit für alle“ in der Europäischen Region ebnet.
Viel Glück und herzlichen Dank.