Ein angepasster Erkennungstest für Alkoholstörungen soll dazu beitragen, in der Russischen Föderation und anderen Ländern Gesundheitsschäden abzuwenden
WHO/Europa hat ein neues Paket mit russisch- und englischsprachigem Material präsentiert, das die Beschäftigten in der primären Gesundheitsversorgung in vielen Ländern im östlichen Teil der Europäischen Region der WHO in die Lage versetzen soll, Patienten mit riskantem Trinkverhalten zu erkennen. So soll es dem medizinischen Personal ermöglicht werden, Personen zu unterstützen, die infolge ihres Alkoholkonsums Schäden erleiden könnten oder sich vielleicht unwissentlich in Gefahr befinden.
Weltweit weist Europa von allen Regionen der WHO den höchsten Alkoholkonsum auf, an dessen Folgen jährlich fast eine Millionen Menschen sterben. Das sind rund 2500 Todesfälle pro Tag. Alkoholkonsum ist der führende Risikofaktor für viele nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Verdauungssystems und Krebs, aber auch Unfallverletzungen.
Die primäre Gesundheitsversorgung kann dazu beitragen, die alkoholbedingten Risiken zu verringern
Alkohol kann unabhängig von der Menge gesundheitsschädlich sein; deshalb ist der Umgang mit diesen Risiken und die Unterstützung von Patienten nicht nur eine Aufgabe für Suchtexperten. Gesundheitssysteme und Gesundheitsfachkräfte auf jeder Ebene, aber insbesondere in der primären Gesundheitsversorgung, sollten zur Bewältigung dieser Risiken befähigt werden: durch Förderung der Gesundheitskompetenz der Patienten und durch Bereitstellung der nötigen Instrumente für die Bedürfnisse der Menschen.
Schnelle und effektive Erkennungstests und Kurzinterventionen in Bezug auf Trinkverhalten, etwa durch kurze Motivationsgespräche für Patienten in der Risikogruppe, können diesen dabei helfen, ihren Alkoholkonsum zu verringern und ernste längerfristige alkoholbedingte Gesundheitsschäden abzuwenden.
Darüber hinaus erfordern frühzeitige Interventionen in der primären Gesundheitsversorgung weniger Ressourcen und sind kosteneffektiver als spezialisierte Therapien durch Fachärzte bei bereits manifesten Alkoholstörungen.
Die russische Version des AUDIT: Frühzeitige Erkennung problematischen Trinkverhaltens
Um gefährdete Alkoholkonsumenten zu ermitteln und ihnen Kurzinterventionen in Gesundheitseinrichtungen anzubieten, hat die WHO den Erkennungstest für Alkoholstörungen (AUDIT) entwickelt. Dieser einfache Früherkennungstest umfasst zehn Fragen und ermöglicht es Allgemeinärzten, Personen mit schädlichem und gefährlichem Alkoholkonsum zu bestimmen, bevor gesundheitliche und soziale Folgen auftreten, die dringende Hilfe erfordern. Der AUDIT ist eines der weltweit am meisten genutzten Erkennungsinstrumente für Alkoholkonsum. Doch bisher wurde die russische Version des Tools noch nicht validiert.
Der neue Bericht von WHO/Europa bildet den Abschluss der Arbeit an dem RUS-AUDIT, der russischsprachigen Testversion von AUDIT, die speziell auf die Anwendung in Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung in der Russischen Föderation zugeschnitten ist.
Neben dem Test und dem Bericht präsentierte WHO/Europa auch das Protokoll und die Schulungsmaterialien, die den RUS-AUDIT zu einem integralen Bestandteil des Gesundheitssystems machen sollen.
Auf den östlichen Teil der Europäischen Region zugeschnitten
„Der Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit mit Experten aus der Russischen Föderation haben wesentlich zu dieser Arbeit beigetragen. Diese Zusammenarbeit besteht nun seit mehreren Jahren, und in verschiedenen Teilen von Russland haben Beschäftigte in der primären Gesundheitsversorgung die von der WHO empfohlenen Erkennungsmaßnahmen und Kurzinterventionen erprobt und umgesetzt, die beide der WHO wertvolle Impulse gegeben haben. Die WHO und das Gesundheitsministerium der Russischen Föderation setzen ihre Zusammenarbeit fort und tragen so zur Erweiterung des Wissens- und Erfahrungsschatzes bei.
Wir sehen der breiteren Anwendung dieses wichtigen Instruments mit Erwartung entgegen, denn es wird uns der Erfüllung der Ziele bei der Prävention und Bekämpfung eines schädlichen Alkoholkonsums auf globaler, regionsweiter und nationaler Ebene näher bringen, einer der vielversprechendsten Optionen bei der Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten.“ So lautet das Fazit von Dr. Melita Vujnovic, Repräsentantin der WHO in der Russischen Föderation.
Der RUS-AUDIT kann die Russische Föderation und möglicherweise andere Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, wirksame Erkennungstests und Systeme von Kurzinterventionen einzuführen, die andere Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkoholkonsums ergänzen. Beim RUS-AUDIT werden auch Fragen der Übersetzung und Interpretation von Bestandteilen des Tests durch das russische Zielpublikum berücksichtigt, etwa das von der WHO eingeführte Konzept eines „Standardglases“ und die spezifischen Trinkgewohnheiten in der Russischen Föderation und in anderen Ländern im östlichen Teil der Europäischen Region.
„Um wirksam zu sein, müssen Erkennungstests und Kurzinterventionen zuverlässig und leicht anzuwenden sein, zumal in der primären Gesundheitsversorgung nur wenig Zeit zur Verfügung steht. Der RUS-AUDIT verschafft Angehörigen der Gesundheitsberufe die Gelegenheit, die Patienten über die Risiken eines übermäßigen Alkoholkonsums aufzuklären, ihre Gesundheitskompetenz zu erhöhen und schon vor dem Einsetzen von Alkoholstörungen Unterstützung bei der Reduzierung des Alkoholkonsums anzubieten“, sagte Lyubov Drozdova, Leitende Expertin für Präventivmedizin am Staatlichen Forschungszentrum für Präventivmedizin beim Gesundheitsministerium der Russischen Föderation.
Anhaltender Schutz vor alkoholbedingten Schäden
„In manchen Ländern der Europäischen Region der WHO können Patienten mit Alkoholstörungen ärztliche Hilfe erst in Anspruch nehmen, wenn sich ihre Gesundheit gravierend verschlechtert und deutliche klinische Symptome erkennbar sind. Die Einführung von Erkennungstests und Kurzinterventionen und die Gewährleistung eines Kontinuums der Versorgung zwischen der primären Gesundheitsversorgung und der fachärztlichen Versorgung ist entscheidend und ein zentraler Bestandteil des Europäischen Arbeitsprogramms der WHO“, sagte Dr. Carina Ferreira-Borges, kommissarische Leiterin des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten.
Im Europäischen Arbeitsprogramm 2020–2025 (EPW) spiegelt sich die Entschlossenheit von WHO/Europa wider, niemanden zurückzulassen und die Führungskompetenz der Gesundheitsbehörden in der Europäischen Region zu stärken.