Kleines Team von im Bereich der Krebsbehandlung tätigen Pflegekräften spielt entscheidende Rolle auf den westlichen Inseln Schottlands
„Wir sind auf jeden Fall die Schlüsselpersonen für Menschen mit Krebserkrankungen“, sagt Hazel Hebditch, eine von sieben im Bereich der Krebsbehandlung tätigen Pflegekräften auf den westlichen Inseln Schottlands, die auch unter dem Namen Äußere Hebriden bekannt sind. „An vielen anderen Orten wird man von unterschiedlichen Teams betreut, es gibt nicht die gleiche Kontinuität bei der Behandlung. Das macht unseren Dienst so einzigartig und den wahren Wert unserer Arbeit aus: wo auch immer der Patient behandelt wird, wir sehen ihn in seiner Umgebung, ob im Krankenhaus, zu Hause, in einem Pflegeheim oder im Hospiz. Das ist der Teil unserer Arbeit, der die größte Befriedigung bringt. Man lernt den Patienten wirklich kennen, seine Lebensumstände, seine Familie, was ihm wichtig ist, was ihn bewegt.“
Die Äußeren Hebriden liegen vor der nordwestlichen Küste Schottlands. Sie bilden eine Kette von mehr als 100 Inseln, die sich über mehr als 200 Kilometer im Atlantik erstreckt. Auf den Inseln wohnen etwa 26 000, doch nur eine geringe Anzahl an Inseln (15) ist tatsächlich bewohnt. Einige Bewohner sind Zugezogene –also Menschen, die auf diese abgelegenen, wunderschönen Inseln gezogen sind – während andere bereits seit Generationen auf den Inseln leben.
Ob Zugezogener oder Einheimischer, jeder Bewohner der Inseln ist mit derselben Realität konfrontiert: Reisen in eine der großen schottischen Städte und Zentren der Gesundheitsversorgung erfordern entweder einen Flug oder eine Fährüberfahrt. Doch dank Hazel, den anderen Pflegekräften und ihren anderen Kollegen können Krebspatienten auch in diesem entfernten Winkel des Vereinigten Königreichs hochwertige Gesundheitsleistungen vor Ort erhalten.
Jeder Tag ist anders
„Die Arbeit in diesen Gemeinden ist eine große Herausforderung“, sagt Fiona Creighton, die als Pflegerin auf der Insel South Uist tätig ist. „Es stehen einem auf den Inseln weniger Ressourcen zur Verfügung als in den Städten. Aber es ist auch ein ganz besonderer Arbeitsplatz. Wie alle in der Gemeinde tätigen Gesundheitsfachkräfte wird man zu Menschen nach Hause eingeladen und man entwickelt eine ganz besondere Beziehung zu Patienten und ihren Familien.“
Fiona ist auf South Uist aufgewachsen, in einem Dorf mit insgesamt nur 15 Häusern. Sie hat einige Jahre in Glasgow gearbeitet, doch irgendwann zog es sie wieder nach Hause. 2007 zog sie zurück und wurde schon bald danach Teil des siebenköpfigen Pflegeteams, das sich um Krebspatienten auf den Inseln kümmert.
Ursprünglich wurden die Stellen der Pflegekräfte auf den Äußeren Hebriden von der Wohltätigkeitsorganisation Macmillan Cancer Support finanziert. Doch heute sind die Pflegekräfte fest beim Western Isles Health Board, dem Gesundheitsamt der westlichen Inseln, angestellt. Trotzdem kennt man sie noch immer unter dem Namen „Macmillan Nurses“.
Auf den Äußeren Hebriden gibt es jedes Jahr etwa 200 neue Krebsdiagnosen. Mit diesen neu diagnostizierten Patienten, dem bereits bestehenden Patientenstamm mit andauernder Behandlung und Patienten, die eine palliative Versorgung und Sterbebegleitung benötigen, kann die von den sieben Pflegekräften betreute Patientenzahl sehr hoch ausfallen.
Für die Macmillan Nurses ist jeder Tag anders. Manchmal verbringen sie ihren Tag damit, nach Patienten in einer der kleinen Kliniken oder einem der Krankenhäuser auf den Inseln zu sehen. Sie unterstützen Patienten bei Chemotherapie und biologischen Therapien. Sie untersuchen Patienten, bei denen eine komplexe Symptomkontrolle erforderlich ist, und stellen ihnen Rezepte aus. Sie arbeiten eng mit Spezialisten in Inverness oder Glasgow mittels Telefon oder Videoverbindung zusammen, um Behandlungsmöglichkeiten für ihre Patienten zu besprechen, oder treffen sich mit Ärzten, die den Inseln einen Besuch abstatten.
An anderen Tagen beginnen sie ihre Arbeit am frühen Morgen mit einem Flug oder einer Fährüberfahrt auf eine Nachbarinsel, wo sie über kurvenreiche einspurige Straßen mit atemberaubenden Ausblicken auf die Küste – und gelegentlich durch Schafherden, Rotwild oder Ponys ausgelösten Verkehrsstaus – zu Patienten in abgelegenen Dörfern fahren.
Die Aufgaben der Pflegekräfte sind sehr vielfältig: sie sehen nach ihren Patienten, um deren Symptome zu kontrollieren, sie überwachen den Therapieverlauf, sie versorgen Wunden nach chirurgischen Eingriffen, sie übermitteln Testergebnisse, sie erkennen schwerwiegende medizinische Situationen und koordinieren die optimalen Gegenmaßnahmen. Doch zusätzlich zu all der hochqualifizierten medizinischen Versorgung sprechen die Pflegekräfte auch mit ihren Patienten und deren Familien, nehmen sich Zeit, um sie kennen zu lernen, um ihre Bedürfnisse, Bedenken und Wünsche zu verstehen, und um ihren zukünftigen Pflegebedarf zu ermitteln.
Innovative Ansätze für eine hochqualifizierte Gesundheitsversorgung
Die räumliche Distanz des Teams zu den größeren Gesundheitszentren bedeutet auch, dass sie kreativ und einfallsreich sein müssen, um zusätzliche Fähigkeiten zum Wohle ihrer Patienten zu erwerben. „Wir müssen innovativ sein und auch mal neue Wege gehen“, sagt Hazel, die auf der Insel Lewis tätig ist. „Als Team entwickeln sich unsere Rollen ständig weiter, da wir auf das reagieren müssen, was gerade passiert.“
Hazel begann ursprünglich, sich im Bereich Lymphödeme weiterzubilden (eine Erkrankung, bei der sich Flüssigkeit ansammelt und das Gewebe anschwillt), da sie erkannte, dass in diesem Bereich auf den westlichen Inseln eine Wissenslücke bestand. Mittlerweile ist es neben Brustkrebs eines ihrer Spezialgebiete. Und als sie erkannte, dass es auf den Inseln keinen Friseur gibt, der sich mit der Anpassung von Perücken für Krebspatienten mit Haarausfall auskennt, beschloss sie, dies selbst zu lernen.
Ihre Kollegen haben ihre eigenen Nischen und Spezialgebiete gefunden (wie etwa die Behandlung von Kindern mit Krebserkrankungen), in denen sie eine extra Portion spezialisierter Leistungen einbringen. Manchmal ist es schwer für die Pflegekräfte, dieses beständige Lernen und die fortwährende Weiterentwicklung mit ihren täglichen Aufgaben in Einklang zu bringen, doch es ist die Mühe wert, um im Leben ihrer Patienten etwas zu bewirken.
Umsetzung des Ideals einer patientenorientierten Versorgung
Auf der politischen Ebene werden von der WHO und ihren Mitgliedstaaten oft die Bedeutung einer patientenorientierten Gesundheitsversorgung und der Bemühungen um eine allgemeine Gesundheitsversorgung, einschließlich des Zugangs zu Gesundheitsleistungen für alle, hervorgehoben. Auf den Äußeren Hebriden sind dies nicht nur hochgesteckte Ziele, sondern sie prägen den Arbeitsalltag der Macmillan Nurses.
Die Pflegekräfte bringen hochqualifizierte Gesundheitsleistungen direkt zu ihren Patienten, selbst in entlegenen Dörfern am nordwestlichen Rand Schottlands. Ihre Art der Gesundheitsversorgung orientiert sich in erster Linie an den Bedürfnissen ihrer Patienten und verdeutlicht die Bedeutung einer Zusammenarbeit mit Patienten, Kollegen und Fachleuten. Der Wert ihrer Arbeit ist nicht unbemerkt geblieben: Im Jahr 2016 haben sie den Preis für das Beste Team im Bereich der Krebsbehandlung im gesamten Vereinigten Königreich gewonnen. Doch am meisten schätzen die Pflegekräfte die Anerkennung ihrer Patienten.
„Jedes Mal, wenn ein Patient sich bei dir bedankt, ist das die Anerkennung, dass man gute Arbeit geleistet hat“, sagt Fiona. „Es ist ein toller Job und man trifft tolle Menschen. Ich kann mir die Inseln ohne uns nicht vorstellen.“