Gestaltung der Gesundheitsversorgung gemeinsam mit den Menschen und an ihren Bedürfnissen orientiert: Julys Geschichte

Es ist ein grauer, regnerischer Tag im Norden Belgiens. Sharon Vandemaele fährt zum Haus ihrer Klientin July, wird mit einem Lächeln begrüßt und ins Wohnzimmer gebeten, wo ein warmes Feuer im Kamin lodert. An manchen Tagen bevorzugt July ihre Lieblingsecke auf dem Sofa für die Termine. Doch heute sitzt sie lieber am Tisch, wo sie bei einer Tasse Kaffee darüber sprechen, wie es July geht, über ihre gesundheitlichen Bedürfnisse und ob Anpassungen an ihrem gegenwärtigen Versorgungsplan vorgenommen werden müssen.

Sharon ist eine psychiatrische Pflegekraft und July – eine von drei Klienten, die sie an diesem Tag besucht – ist auf psychische Gesundheitsversorgung angewiesen. Julys Betreuung fand nicht immer bei ihr zu Hause statt. Bevor Belgien die psychische Gesundheitsversorgung auf eine gemeindenahe Versorgung umstellte, musste sie oft stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Ihr bisher längster Krankenhausaufenthalt dauerte sechs Monate. „Zu jener Zeit war Helena, meine Tochter, noch sehr klein und meine Mutter hat sich um sie gekümmert. Die Tatsache, dass ich nicht nach Hause gehen konnte, war für mich unerträglich. Es war eine sehr harte Zeit, ein dunkles Kapitel für meine Familie“, erinnert sich July. Die Einführung mobiler psychischer Versorgungsteams hat Julys Leben und das vieler anderer erheblich verändert.

Gestaltung der Versorgung gemeinsam mit den Patienten und wohnortnah

„Mit dem mobilen Team fühle ich mich mehr in den Entscheidungsprozess eingebunden – anders als im Krankenhaus, wo die Ärzte und Pflegekräfte die Entscheidungen meist ohne mich getroffen haben“, erläutert July. „Das mobile Team berücksichtigt meine Präferenzen und falls ich doch mal im Krankenhaus betreut werden muss, kümmern sie sich auch um meine Tochter und meinen Mann“, fügt sie hinzu.

Gerrit Vanhee ist der Leiter und Koordinator des mobilen Teams, das in der Region für die Langzeitversorgung zuständig ist. Sein fachübergreifendes Team umfasst zehn Fachkräfte, darunter zwei Psychiater, einen Beschäftigungstherapeuten, Sozialarbeiter und eine psychiatrische Pflegekraft. „Als mobiles Team können wir den Patienten, denen es schwer fällt, ihr Haus zu verlassen, einen Mehrwert bieten, denn wir betreuen sie in ihrem eigenen Umfeld“, sagt Gerrit.

Das mobile Team bezieht auch die Hausärzte und Sozialdienste in die Versorgung ihrer Klienten mit ein. Darüber hinaus vermittelt es Pflegekräften aus dem Bereich der primären Gesundheitsversorgung, Hausärzten und Hilfspflegekräften die erforderlichen Fähigkeiten, um besonders gefährdete Menschen, die auf eine psychische Gesundheitsversorgung angewiesen sind, angemessen zu betreuen. „Wir ergänzen die primäre Gesundheitsversorgung und arbeiten eng mit diesem Bereich zusammen“, fügt Gerrit hinzu.

Die Umgestaltung der psychischen Gesundheitsversorgung in Belgien als inspirierendes Beispiel

Die mobilen Teams für die psychische Langzeit- und Notfallversorgung sind ein zentrales Element der fachübergreifenden Netzwerke für die psychische Gesundheit in Belgien. Sie bieten aufsuchende Betreuung, Präventionsangebote, ambulante und stationäre Betreuung, primäre Gesundheitsversorgung, Tagespflege sowie Leistungen im beruflichen, häuslichen und sozialen Bereich.

Sie sind das Ergebnis einer erfolgreichen, landesweiten Reform des psychischen Gesundheitswesens in Belgien als Antwort auf die Notwendigkeit für mehr Bürgernähe in diesem Bereich. Ziel der Reform war es, die gemeindenahe Versorgung zu stärken und die Zahl der benötigten Betten in psychiatrischen Krankenhäusern zu reduzieren.

Die Reform verbesserte die Bereitstellung der integrierten Gesundheitsversorgung, die soziale Rehabilitation und die Genesung. Noch entscheidender ist jedoch vielleicht, dass sie auch die Lebensqualität der Menschen, die auf eine psychische Gesundheitsversorgung angewiesen sind, und ihrer Familien verbesserte.