Zehn Fakten über gesundes Altern in der Europäischen Region

1. Die kontinuierlich steigende Lebenserwartung ist ein beispielloser Erfolg für die Gesellschaft.

Die 53 Länder der Europäischen Region der WHO weisen von allen Weltregionen den höchsten Altersmedian auf, und neun der zehn Länder mit der höchsten Lebenserwartung gehören zur Europäischen Region. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer beträgt über 72 Jahre, für Frauen liegt sie bei ca. 80 Jahren.

2. Die Unterschiede in der Lebenserwartung werden durch beträchtliche gesundheitliche Ungleichheiten zwischen den Ländern maßgeblich geprägt.

Diese Ungleichheiten bestehen in allen Teilen der Region fort. So reicht die Lebenserwartung bei Geburt für die Gesamtbevölkerung von 69,1 Jahren in der Republik Moldau bis zu 81,8 Jahren in Schweden.

3. Ungleichheiten zwischen den Ländern betreffen auch die höheren Altersgruppen.

Die gesundheitlichen Ungleichheiten zwischen älteren Menschen in den Ländern der Europäischen Region werden durch Unterschiede hinsichtlich des Alters, in dem von einer durchschnittlich verbleibenden Lebenserwartung von 15 Jahren ausgegangen wird, unterstrichen. Dieses Alter liegt zwischen 62,3 Jahren in der Republik Moldau und 72,2 Jahren in Frankreich.

4. Frauen leben immer noch deutlich länger als Männer, doch der Abstand verringert sich.

Der Unterschied in der Lebenserwartung bei Geburt ist in Island am geringsten (drei Jahre) und in der Russischen Föderation am höchsten (über zwölf Jahre). Da der Abstand in vielen Ländern geschrumpft ist, können mittlerweile mehr Paare einander bei Pflegebedürftigkeit unterstützen.

5. Verschiedene Bevölkerungsgruppen altern in unterschiedlichem Tempo, was die Länder in der östlichen Hälfte der Region vor enorme Herausforderungen stellt.

Der Altersabhängigkeitsquotient, d. h. die Relation der über 65-Jährigen zu den 20- bis 64-Jährigen, ist in der Europäischen Region in den letzten beiden Jahrzehnten gestiegen, und die letzten Prognosen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2010 gehen von einem noch schnelleren Anstieg in den nächsten 20 Jahren aus.

In den Neuen unabhängigen Staaten wird für die nächsten 20 Jahre mit einem Anstieg des Altersabhängigkeitsquotienten auf über 50% gerechnet. Für die Türkei und die Länder Zentralasiens sind die demografischen Aussichten deutlich günstiger. Doch selbst in Zentralasien wird der Abhängigkeitsquotient allmählich ansteigen und bis 2030 um mehr als zwei Drittel höher liegen.

6. Die Bekämpfung der epidemieartigen Ausbreitung nichtübertragbarer Krankheiten hat sich zu einem Schlüssel für ein gesundes Altern in der Zukunft entwickelt.

Aufgrund der Bevölkerungsalterung sind die nichtübertragbaren Krankheiten für einen ständig wachsenden Anteil an der Krankheitslast verantwortlich: 94% aller verlorenen Lebensjahre in der Altersgruppe über 60 Jahre. Die Hauptursachen sind ischämische Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Krankheiten (Schlaganfall) und Lungenkrebs.

Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention mit dem konkreten Ziel der Bekämpfung der verbreitetsten Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten können einen wichtigen Beitrag zu einem gesunden Altern leisten. So hat die Europäische Region von allen Weltregionen den höchsten Alkoholkonsum. Der Durchschnitt in der Europäischen Union liegt mit täglich fast drei Alkoholeinheiten pro Person doppelt so hoch wie der weltweite Durchschnitt. Auch der Tabakkonsum ist in vielen Ländern Europas relativ hoch.

7. Bei der Milderung der Auswirkungen der häufigsten Ursachen von Behinderungen spielen Gesundheits- und Sozialwesen eine bedeutende Rolle.

Die Zahl der Behinderungen steigt mit zunehmendem Alter und liegt für die über 75-Jährigen drei- bis viermal so hoch wie für die Altersgruppe zwischen 45 und 55 Jahren. Demenz ist die führende Ursache für Behinderung bei älteren Menschen, gefolgt von Hörverlust und Osteoarthritis. Diese Beeinträchtigungen machen effiziente Gesundheitsinterventionen erforderlich.

8. Ein gesundes und aktives Altern sorgt für überschaubare Gesundheitskosten.

Die Alterung der Bevölkerung ist einer der Einflussfaktoren, die zu den steigenden Ausgaben für öffentliche Gesundheit und Langzeitpflege beitragen. Diese Faktoren sollen nach Prognosen bis 2035 einen Anstieg der öffentlichen Ausgaben um zusätzliche 1,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes bewirken.

Doch die demografischen Faktoren sind nur einer der Kostentreiber. Eine noch größere Rolle spielen hier der technologische Fortschritt und die steigenden Erwartungen der Bürger. Die Gesundheitspolitik kann auch dadurch bei der Realisierung gesundheitlicher Zugewinne behilflich sein, dass sie auf die Risikofaktoren Einfluss nimmt und in die Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention im gesamten Lebensverlauf investiert; dies kann zu einer Eindämmung der Kosten beitragen.

9. Staatliche Unterstützung für informelle Pflege kann in Ländern auf allen Einkommensstufen wirksam zur Unterstützung älterer Menschen und ihrer Angehörigen beitragen.

In allen Ländern entfällt ein Großteil der Unterstützung und Versorgung für ältere Menschen mit Behinderungen auf die informelle Pflege, die oft von Familienangehörigen geleistet wird. Ein Großteil der informellen Pflegepersonen sind Frauen, von denen viele noch im erwerbsfähigen Alter sind; etwa 10% sind Männer und Frauen im Alter von über 75 Jahren.

Die staatliche Unterstützung für die informelle Pflege – wie etwa die zeitweise Ablösung durch Aushilfskräfte, die häusliche Pflege und Urlaubspläne für Pflegepersonen – ist wichtig, um sowohl Betreuer als auch Pflegeempfänger vor negativen gesundheitlichen und sozialen Folgen zu schützen.

10. Ein Handeln auf lokaler Ebene kann für ältere Menschen Entscheidendes bewirken.

Das WHO-Regionalbüro für Europa bemüht sich im Zusammenwirken mit Städten und örtlichen Gemeinschaften um Förderung der Schaffung von Umfeldern, die einem gesunden und aktiven Altern zuträglich sind. Bisher haben sich etwa 1500 Städte in der Europäischen Region der Gesunde-Städte-Bewegung angeschlossen. Viele von ihnen kamen durch nationale Netzwerke hinzu, die sich an den Instrumenten und Leitlinien der WHO orientieren, die sich u. a. mit Konzepten für die wichtigsten Aspekte seniorenfreundlicher Umfelder wie Zugänglichkeit, Verkehrsinfrastruktur oder generationsübergreifende Kontakte und Angebote befassen.