HIV/Aids-Epidemie in der Europäischen Region und besonders gefährdete Gruppen
Der Direktor des Zentrums für Suchtstörungen in Vilnius (Litauen)
Manche Bevölkerungsgruppen sind besonders gefährdet, sich mit HIV zu infizieren, und haben es zugleich schwerer, Zugang zu Angeboten wie Tests, Beratung, Behandlung und Versorgung zu finden. Zu ihnen gehören Drogen injizierende Menschen, Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten, Sexarbeiter, Migranten, Gefängnisinsassen und Transgender.
Ansätze zur Bekämpfung der HIV-Epidemie müssen sich daher auf die Schaffung befähigender Umfelder und die Bewältigung der sozialen Determinanten von Gesundheit konzentrieren.
Die Verringerung der Anfälligkeit und der Abbau struktureller Barrieren zu Angeboten bilden den vierten strategischen Schwerpunkt im Europäischen Aktionsplan HIV/Aids (2012–2015), den die Mitgliedstaaten 2011 annahmen.
Fortschritte mit dem Abbau der Gefährdung und der Erleichterung des Zugangs zu Angeboten
13 von 28 Ländern aus der Europäischen Region (46%) geben an, dass ihre Rechtsvorschriften oder politischen Handlungskonzepte zum Teil wirksame Maßnahmen zur Prävention, Therapie, Versorgung und Betreuung im Bereich HIV zugunsten der einschlägigen Bevölkerungsgruppen und anderer anfälliger Gruppen behindern.
Die meisten Mitgliedstaaten haben bei der Reduzierung der Anfälligkeit Fortschritte erzielt, etwa durch die konkrete Thematisierung von Menschenrechten oder ihre Einbeziehung in nationale Aids-Strategien und durch Befragung und Einbindung der Zivilgesellschaft in die Gestaltung von Konzepten und Entscheidungsprozessen zur Bekämpfung von HIV und Virushepatitis.
In den meisten Ländern ist die Zivilgesellschaft in unterschiedlichem Maße an der Planung und Budgetierung der nationalen Strategiepläne beteiligt.
Unterstützung der Länder der Europäischen Region durch die WHO
Das Regionalbüro hat die Länder in der Bekämpfung der Anfälligkeit und der Beseitigung struktureller Hindernisse unterstützt:
- durch enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in der Beobachtung von Aspekten wie Versorgungsengpässen bei HIV-Medikamenten sowie HIV-Tests, HIV-Beratung und Maßnahmen der HIV-Programme,
- durch Reaktion auf Versuche einer Ausdehnung von Vorschriften und Verfahren für obligatorische HIV-Untersuchungen und durch konsequente Ablehnung obligatorischer HIV-Tests,
- durch Widerstand gegen Gesetze und Praktiken, die den Zugang zu Präventions- und Behandlungsangeboten behindern und die Hochrisikogruppen marginalisieren oder kriminalisieren,
- durch Beiträge zu einer systematischen Übersichtsarbeit mit dem Ziel der Bestimmung und Aufbereitung von Prävalenzschätzungen und Risikofaktoren unter injizierenden Drogenkonsumenten, die zu dem Ergebnis kam, dass sich bei Kontakt mit Strafverfolgungsbehörden und bei Vorhandensein bestimmter Rechtsvorschriften das Risiko einer HIV-Infektion erhöht,
- durch Überzeugungsarbeit und Hilfe bei der Propagierung und Umsetzung von Konzepten und Praktiken zur Bekämpfung von HIV auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Menschenrechten.
Im Juli 2014 gab die WHO neue Leitlinien heraus, durch welche die Notwendigkeit eines leichteren Zugangs zu HIV-Angeboten für einschlägige Bevölkerungsgruppen betont wurde. In den Konsolidierten Leitlinien zur HIV-Prävention, Diagnose, Therapie und Versorgung für wesentliche Zielgruppen werden Schritte skizziert, welche die Länder unternehmen sollten, um die Zahl der Neuinfektionen zu begrenzen und den Zugang zu den Angeboten für die fünf Hauptzielgruppen zu erweitern (Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten, Gefängnisinsassen, injizierende Drogenkonsumenten, Sexarbeiter und Transgender).
Fortschrittsbericht für das Regionalkomitee 2014
2011 nahm das WHO-Regionalkomitee für Europa den Europäischen Aktionsplan HIV/Aids (2012–2015) an und ersuchte die Regionaldirektorin, 2014 über dessen Umsetzung Bericht zu erstatten. In dem Bericht werden sowohl die erzielten Fortschritte als auch die noch verbleibenden Herausforderungen geschildert.