Eine Ärztin möchte die Öffentlichkeit sensibilisieren und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in Armenien stoppen

WHO

Hrachuhi Ghazaryan arbeitet seit 2006 als Ärztin an einer der größten Kinderkliniken Armeniens, wo sie als Assistenzärztin begann. Sie arbeitet auch als Dozentin an einer medizinischen Universität. Sie berichtet von einem erheblichen Anstieg der Zahl der Fälle antimikrobieller Resistenzen (AMR) unter ihren Patienten in den vergangenen zehn Jahren, auch wenn es der Mangel an belastbaren Daten über AMR in Armenien erschwere, das genaue Ausmaß dieses Anstiegs zu beziffern. Dennoch verzeichne sie jährlich etwa zehn schwere Fälle von antibiotikaresistenten Infektionen bei Patienten ohne Immunsuppression. Nach Ghazaryans Aussage treten die meisten Fälle von Antibiotikaresistenz bei Infektionen mit E. coli, methicillin-resistenten staphylococcus aureus (MRSA), Shigella und Salmonella auf.

Die Konsequenzen solcher Infektionen können schwerwiegend sein. Für die Patienten selbst können antibiotikaresistente Infektionen zu erheblich längeren Behandlungsverläufen und Krankenhausaufenthalten führen. So berichtet Ghazaryan von einem Fall, der einen vierwöchigen Krankenhausaufenthalt erforderlich machte. Unter normalen Umständen hätten Antibiotika die Infektion in drei bis vier Tagen beseitigt. Diese Art der langwierigen Erkrankung und Behandlung kann ernsthafte Auswirkungen auf das emotionale und körperliche Wohlbefinden des Patienten haben. Außerdem kann sie erhöhte Behandlungskosten nach sich ziehen, da die Ärzte oft gezwungen sind, auf teurere Antibiotika zurückzugreifen. Dies stellt ein schwerwiegendes Problem für ein Land wie Armenien dar, das nur über begrenzte Ressourcen für Gesundheit verfügt. „Sie geben eine Menge Geld für Fälle aus, die vermieden werden könnten“, sagt Ghazaryan.

Prävention: Einhaltung von Verschreibungen und sichere Hygienemaßnahmen

Die Problematik der Antibiotikaresistenz in Armenien ist überwiegend durch die Tatsache bedingt, dass Apotheken für Antibiotika kein Rezept verlangen, sodass Patienten sie oft einnehmen, ohne beim Arzt gewesen zu sein. „Bei jeder Infektion sage ich, wir sollten abwarten“, sagt Ghazaryan. „Aber Abwarten ist nicht so leicht, Verschreiben ist leichter. Doch wenn Sie das tun, dann sind Sie kein guter Arzt.“ Manchmal ist es auch schwierig, für Abwarten zu plädieren, wenn die Patienten Antibiotika verlangen, doch für Ghazaryan ist dies einer der Schlüssel zur Unterbindung der Ausbreitung von AMR. Die Regierung Armeniens erwägt gegenwärtig die Einführung eines Programms zur Ausstellung von Rezepten für Antibiotika, was Ghazaryan für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung hält.

Ein anderer wichtiger Aspekt der Prävention sei die Einhaltung ausreichender Hygienemaßnahmen durch das Krankenhauspersonal. So habe die pädiatrische Klinik, in der Ghazaryan arbeitet, vor fünf Jahren mit Unterstützung durch die WHO ein Programm „Saubere Hände“ eingeführt. Jetzt hätten alle Ärzte, Pflegekräfte und sonstigen Mitarbeiter Handdesinfektionsmittel in der Tasche, und es sei auch auf allen Fluren verfügbar. „Jeder weiß, dass er saubere Hände haben muss, jeder kennt die Vorschriften“, sagt Ghazaryan. „Ich halte das für einen ganz wichtigen Schritt.“

Aufklärung: der Schlüssel zur Eindämmung von Antibiotikaresistenzen

Die Aufklärung von Gesundheitsfachkräften über Wege zur Prävention von Infektionen ist von entscheidender Bedeutung, doch ebenso wichtig – und manchmal weit schwieriger – ist es, sie über die beste Praxis bei der Verschreibung von Antibiotika aufzuklären, einschließlich der Art ihrer Verabreichung sowie ihrer Dosierung und der Behandlungsdauer. „Leider stellen wir manchmal fest, dass das Gesundheitspersonal uns falsch versteht oder schlecht informiert ist“, sagt Ghazaryan. „Aber die Verschreibung von Antibiotika ohne Notwendigkeit ist die althergebrachte Methode zur Behandlung von Patienten.“ Ghazaryan hat an der Ausarbeitung von Leitlinien für ihr Krankenhaus in Bezug auf den Gebrauch von Antibiotika mitgewirkt, die von ihren Kollegen begrüßt wurden. Sie hofft nun, dass das Gesundheitsministerium bald seine Zustimmung dazu geben wird, dass diese Leitlinien auch für andere Gesundheitseinrichtungen in dem Land gelten. Ihrer Erfahrung nach halten sich Patienten an den Rat von Gesundheitsfachkräften, wenn dieser übereinstimmend erscheint. Deshalb ist es so wichtig, dass es solche Empfehlungen gibt, die dem Gesundheitspersonal Anleitung beim Umgang mit Antibiotika geben.

„Ich sage den Studenten, den jüngeren Ärzten und den Eltern immer, wir haben mit richtigen Antibiotika echte Macht“ erzählt Ghazaryan. „Aber bei übermäßigem Gebrauch stehen wir am Ende mit leeren Händen da. Dann bringen uns diese Bakterien um. Deshalb sollten wir äußerste Vorsicht walten lassen und alles tun, um unsere Ressourcen zu schützen. Denn sie bedeuten Macht, und es ist unsere Aufgabe, sie zu schützen.“