Welt-Adipositas-Tag: Adipositas und ihre Folgen für die Gesellschaft
Der 11. Oktober ist Welt-Adipositas-Tag. Adipositas hat epidemische Ausmaße erreicht: Weltweit sterben mindestens 2,8 Millionen Menschen jährlich an den Folgen von Übergewicht und Fettsucht. Nach Schätzungen sind in der Europäischen Region der WHO 23% aller Frauen und 20% aller Männer adipös. Übergewicht und Adipositas sind wichtige Risikofaktoren für eine Reihe chronischer Krankheiten wie Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebs. Das Regionalbüro weist ferner darauf hin, dass Vorurteile gegenüber Übergewichtigen und die Stigmatisierung adipöser Menschen zu befürchten sind.
Die Stigmatisierung adipöser Menschen ist allgegenwärtig: Laut einer aktuellen Untersuchung in einem Land im Westen der Region haben 18,7% der adipösen Menschen konkret erlebt, wie sie stigmatisiert wurden. Bei stark adipösen Menschen war diese Zahl mit 38% noch sehr viel höher. Die Stigmatisierung kann von Lehrkräften, Arbeitgebern, Gesundheitspersonal, Medien und sogar Freunden und Verwandten ausgehen.
Stigma ist eine wesentliche Ursache gesundheitlicher Benachteiligungen und das Adipositas-Stigma ist selbst mit erheblichen physiologischen und psychologischen Konsequenzen verknüpft wie Depression, Angst und Minderwertigkeitsgefühl. Essstörungen sowie die gänzliche Vermeidung körperlicher Betätigung und medizinischer Versorgung können die Folge sein.
Kinder werden besonders hart vom Adipositas-Stigma getroffen
Die Folgen der Vorurteile gegen Übergewichtige und der Stigmatisierung adipöser Menschen können für Kinder besonders gravierend sein. Es gibt Studien, wonach adipöse Kinder statistisch 63% öfter gehänselt werden als ihre Altersgenossen. Wenn Kinder und Jugendliche von Gleichaltrigen wegen ihres Körpergewichts aufgezogen werden, kann dies bei ihnen Scham und Depression auslösen, ihr Selbstbewusstsein untergraben, ihnen ein negatives Körpergefühl aufdrängen und sie sogar in den Suizid treiben.
Vorurteile der Lehrkräfte gegenüber adipösen Kindern etwa können dazu führen, dass sie zu wenig von diesen Kindern erwarten und daher deren Bildung leidet. Das kann wiederum zu geringeren Lebenschancen sowie zu gesellschaftlicher und gesundheitlicher Benachteiligung führen. Es sind also Konzepte erforderlich, damit übergewichtige Kinder in den Schulen nicht zu Opfern gemacht werden und damit sich die Eltern gegenüber Lehrkräften und Schulleitung für ihre Kinder einsetzen, Sorgen äußern und Bewusstsein über Vorurteile fördern können.
Ethische Erwägungen und gesellschaftliches Umfeld
Vereinfachende Erklärungen und der Trugschluss, dass simple Lösungen schnell und nachhaltig gegen Adipositas wirken könnten (etwa: iss weniger, sei aktiver), verstärken nur die Vorurteile und können unrealistische Erwartungshaltungen schaffen sowie die schwere Aufgabe einer Verhaltensänderung durch adipöse Menschen verharmlosen. Auch wird die Diskussion zu oft auf individuelles Verhalten und vermeintliches Versagen gelenkt, während die wesentlichen sozial- und milieubedingten Faktoren übersehen werden.
Die Regierungen müssen die Ursachen von Adipositas verstehen und auf vorbeugende und früh greifende Maßnahmen setzen, wenn der besorgniserregende Anstieg gebremst werden soll. Ferner müssen Staat und Gesellschaft ihre ethische Verpflichtung zum Handeln, gerade für die Kinder, anerkennen und nicht nur die gesundheitlichen, sondern auch die gesellschaftlichen Konsequenzen der Adipositas in den Griff bekommen. Sollte das nicht gelingen, wird das gesellschaftliche und gesundheitliche Kapital künftiger Generationen Schaden nehmen und die Ungerechtigkeit in Europa und der Welt weiter anwachsen.
Das Regionalbüro will gemeinsam mit den Ländern auf verschiedene Weise und in unterschiedlichem Rahmen sicherstellen, dass Vorurteile gegen Übergewichtige und Stigmatisierung adipöser Menschen durch die Gesundheitspolitik in Angriff genommen werden durch:
- Forschung;
- Wissensaustausch auf nationaler und lokaler Ebene;
- Höhere politische Priorität für die Bekämpfung von Vorurteil und Stigma insbesondere im Bildungs- und Gesundheitswesen.
In einem neuen Faktenblatt skizziert das Regionalbüro konkrete Maßnahmen, die die Länder zur Bewältigung von Vorurteil und Stigma in Erwägung ziehen können.