Höhepunkte von Tag 2: Dr. Hans Kluge als nächster WHO-Regionaldirektor für Europa nominiert

Am zweiten Tag der 69. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa (RC69) haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO Dr. Hans Kluge aus Belgien in einer geschlossenen Sitzung als nächsten Regionaldirektor der WHO für Europa nominiert.

In seiner Rede an das Plenum nach seiner Nominierung erklärte Dr. Kluge: „Die Mitgliedstaaten wollen ein flexibles Regionalbüro, das ihnen als Kompass für mehr Gesundheit in der Europäischen Region dient. Sie wollen ein pragmatisches Instrumentarium für eine beschleunigte Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Dabei müssen wir die globale Gesundheit, die Umstände in der Europäischen Region, aber auch die kulturellen und gesundheitssystembezogenen Besonderheiten in den Ländern berücksichtigen“.

Nach seiner Wahl zum Regionaldirektor werde er sich bemühen, die Position des Regionalbüros als Kompetenzzentrum zu stärken, das den Ländern konkrete Hilfe gewährt, um die Wirkung auf der Länderebene zu vergrößern, so Dr. Kluge. Ferner betonte er die Bedeutung von Partnerschaften und versprach, in Bezug auf die Bediensteten einen partizipatorischen Ansatz zu verfolgen.

Abschließend beschrieb Dr. Kluge die künftigen Herausforderungen für die Europäische Region mit folgenden Worten: „Vor uns liegt ein langer und steiler Weg, uns stehen nur wenige Instrumente zur Verfügung, doch die Solidarität ist groß.“

WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus gratulierte Dr. Kluge und fügte hinzu: „Mit Ihrer Nominierung haben Sie das Vertrauen der Mitgliedstaaten gewonnen. Das ist ein großes Privileg, aber auch eine große Verantwortung. Es ist unsere Aufgabe, zusammenzuarbeiten, um Ergebnisse für die Menschen zu erbringen, deren Interessen wir vertreten.“

Im Anschluss meldeten sich mehrere Mitgliedstaaten zu Wort, um Dr. Kluge zu beglückwünschen und ihm ihre volle Unterstützung anzubieten, aber auch, um allen Kandidaten ihr Lob für einen informativen und fairen Wahlkampf auszusprechen.

Außerdem würdigten die Delegierten die von Dr. Jakab in ihrem Amt als Regionaldirektorin geleistete Führungsarbeit, die sie als „eindrucksvolles Vermächtnis“ bezeichneten.

Nach seiner heutigen Nominierung wird Dr. Kluges Bewerbung im kommenden Jahr dem WHO-Exekutivrat vorgelegt. Sein Amtsantritt ist für Februar 2020 vorgesehen.

In der geschlossenen Sitzung wurden darüber hinaus die Russische Föderation und das Vereinigte Königreich für den WHO-Exekutivrat nominiert und Armenien, Belgien, Bulgarien und die Schweiz zu Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Regionalkomitees gewählt.

Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit in der Europäischen Region der WHO

Nach der gestrigen Podiumsdiskussion wurden die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt wieder aufgenommen und mit einem kurzen Video aus der Reihe „Stimmen aus der Region“ eingeleitet, in dem Mirjan Mesiček aus Slowenien erläuterte, warum jeder Zugang zu integrierten Leistungen haben sollte, die die gesundheitliche Chancengleichheit fördern und den Menschen so ein erfülltes, gesundes Leben ermöglichen.

Christine Brown, Leiterin des Europäischen Büros der WHO für Investitionen in Gesundheit und Entwicklung, fasste die Diskussion inhaltlich zusammen. Nun, da die Bedingungen bekannt seien, die die gesundheitliche Chancengleichheit beeinflussen, gelte es, sich auf gesamtgesellschaftliche Maßnahmen und Lösungsansätze zu konzentrieren.

Das Gesundheitswesen müsse als Vorkämpfer für gesundheitliche Chancengleichheit auftreten, indem es die Möglichkeiten der Rechtsetzung nutzt, Schulungen anbietet, Anreize für ein die Chancengleichheit förderndes Verhalten in der Privatwirtschaft gibt und mit nichtstaatlichen Organisationen zusammenarbeitet, zugleich aber auch auf dem Wissen und den Erfahrungen der Menschen aufbaut, die Gefahr laufen, zurückgelassen zu werden.

Delegierte mehrerer Mitgliedstaaten und Beobachter meldeten sich zu Wort, um ihre Unterstützung für den Sachstandsbericht über gesundheitliche Chancengleichheit und die darin enthaltenen Instrumente sowie ihren Dank für die im Juni 2019 in Ljubljana abgehaltene hochrangige Konferenz über die Beschleunigung der Fortschritte hin zu gesundheitlicher Chancengleichheit zu bekunden.

Konkret wurden folgende Überlegungen angestellt:

  • Die Verbesserung gesundheitlicher Chancengleichheit erfordert ein ressortübergreifendes, evidenzbasiertes Vorgehen.
  • Es ist wichtig, die Frage der Geschlechtergleichstellung zu berücksichtigen und geschlechtsspezifische Verzerrungen im Gesundheitsbereich zu thematisieren.
  • Auch eine enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden ist wichtig, um gesundheitliche Chancengleichheit herzustellen.
  • Die WHO sollte Modelle für eine ressortübergreifende Politiksteuerung vorlegen und die Vorzüge bereichsübergreifender Leistungen herausstellen.
  • Die Defizite beim Zugang zur Palliativversorgung müssen in der gesamten Europäischen Region angegangen werden.
  • Es ist notwendig, den Wert und den Beitrag zivilgesellschaftlicher Gremien anzuerkennen.

Die Resolution zur gesundheitlichen Chancengleichheit, in der die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufgefordert werden, darauf hinzuarbeiten, dieses Thema in den Mittelpunkt staatlicher Entscheidungsprozesse zu rücken, wurde einvernehmlich angenommen.

Lehren aus der Umsetzung von Gesundheit 2020

Mit der Annahme und Umsetzung des Europäischen Rahmenkonzepts „Gesundheit 2020“ haben die Mitgliedstaaten in der Europäischen Region Grundsätze und Systeme geschaffen, die der Querschnittsausrichtung von Gesundheit und Wohlbefinden gerecht werden. Damit war die Europäische Region für die gesamte Breite und Komplexität der Ziele für nachhaltige Entwicklung gerüstet.

In ihrer Eröffnungsansprache hob Dr. Jakab den Beitrag von „Gesundheit 2020“ zur Verbesserung der Gesundheit der Bürger in der gesamten Europäischen Region hervor, indem es den Ländern einen Orientierungsrahmen bietet, an dem sie ihre Gesundheitspolitik ausrichten können. Außerdem betonte sie die wichtige Rolle verschiedener Netzwerke, etwa des Südosteuropäischen Gesundheitsnetzwerks, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und der Initiative kleiner Länder, bei der Stärkung der länder- und ressortübergreifenden Zusammenarbeit, der Entwicklung von Handlungskonzepten und der Gesundheitsförderung.

Allerdings stellte sie auch fest: „Wir haben im Bereich der gesundheitlichen Chancengleichheit nicht so viel erreicht, wie wir uns erhofft hatten.“ Dr. Jakab erinnerte das Regionalkomitee daran, dass die Europäische Region noch immer von Ungleichheiten gezeichnet sei.

In der anschließenden Diskussion schnitten die Podiumsteilnehmer u. a. folgende Punkte an:

  • „Gesundheit 2020“ hat die Gestaltung der Gesundheitspolitik mehr in den Vordergrund gerückt. Der Schwerpunkt muss nun auf der evidenzbasierten Umsetzung liegen.
  • Die Europäische Union wird sich mit dem breiteren Kontext von Gesundheit befassen und einen stärker ganzheitlich ausgerichteten Ansatz verfolgen und dadurch im Sinne der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zur Nachhaltigkeit insgesamt beitragen.
  • Organisationen wie die WHO stellen unverzerrte und zuverlässige Erkenntnisse bereit.
  • Die individuellen Erfahrungen der Länder bei der Reform der Gesundheitssysteme machen deutlich, wie überaus wichtig politischer Wille und Führungskompetenz in jedem Stadium des Prozesses, aber auch die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts und mit der WHO sind. Auch ressortübergreifende Bündnisse können eine Schlüsselrolle spielen.
  • Die Weltbevölkerung lebt mehrheitlich in Städten, und die Umsetzung von „Gesundheit 2020“ ist unumgänglich, wenn wir eine bessere Gesundheit für die Städte und die darin lebenden Menschen erreichen wollen.
  • Bei der Umsetzung von Handlungskonzepten müssen die sozialen Determinanten von Gesundheit berücksichtigt werden.
  • Dass Städte als diplomatische Akteure auftreten, ist entscheidend für die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bürger.

Bei der anschließenden Debatte traten folgende Erfordernisse zutage: Zusammenarbeit; Gleichstellung und Chancengleichheit der Geschlechter im Gesundheitsbereich; die Einsicht, dass Gesundheit eine Voraussetzung für sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlstand ist; Politikkohärenz; Gesundheitskompetenz; eine sinnvolle Beteiligung junger Menschen; ethische Führung; und die Bereitschaft, allen Gesprächspartnern zuzuhören.

Das Regionalkomitee nahm den Entwurf der Resolution über Lehren aus der Umsetzung von Gesundheit 2020 einvernehmlich an.

Publikation „Mehr Gesundheit für Europa: mehr Chancengleichheit und mehr Nachhaltigkeit“

Dieses am zweiten Tag des RC69 öffentlich vorgestellte Buch beinhaltet Überlegungen zur Tätigkeit des WHO-Regionalbüros für Europa in den vergangenen zehn Jahren. Es enthält umfangreiche Erfahrungsberichte einer Vielzahl von Mitgliedstaaten, Partnern und Bediensteten. Dr. Jakab erläuterte, das Werk trage die Erkenntnisse aus Lernprozessen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zusammen, und äußerte die Hoffnung, dass die darin angestellten Überlegungen eine kritische Bewertung der Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa als fachliches Zentrum ebenso wie als Akteur des Wandels ermöglichen.

Von der Regionaldirektorin verliehene Preise für Gesundheit

Während einer Mittagssitzung würdigte Dr. Jakab mehrere Personen für ihren außergewöhnlichen Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit in der Europäischen Region: Prof. Róza Ádány, Dr. Richard Alderslade, Laura Brennan (unlängst verstorben), Dr. Ray Busuttil, Prof. Ilona Kickbusch, Dr. Mihály Kökény, Prof. Martin McKee, Dr. Haik Nikogosian und Prof. Tomris Türmen.

Welttag der Patientensicherheit

Am 17. September 2019 wird zum ersten Mal der Welttag der Patientensicherheit begangen. Unter Hinweis auf den besorgniserregenden Umstand, dass jeden Tag mehr als 7000 Menschen – 5 pro Minute – an den Folgen einer unsicheren Versorgung sterben, betonte Dr. Tedros, wie wichtig es sei, Patienten und ihre Familien als aktive Partner in die Versorgung einzubeziehen, und forderte alle Anwesenden auf, sich für Patientensicherheit stark zu machen:

„Wenn die Menschen befähigt werden, selbst Verantwortung für ihre Versorgung zu übernehmen, wenn sie angehört, informiert und konsultiert werden, wenn ihre Bedürfnisse und Präferenzen beachtet werden, wird die Wahrscheinlichkeit von Fehlern und Schäden drastisch sinken“.

Buchpräsentation und diplomatische Maßnahmen für die Gesundheit von Migranten

Das Buch „Gesundheitsdiplomatie: Themenschwerpunkt Flüchtlinge und Migranten“, das Möglichkeiten der Aushandlung und sinnvollen Nutzung nationaler und subnationaler Instrumente und Rahmenkonzepte aufzeigt, wurde während einer Fachinformationssitzung zu diesem Thema vorgestellt. Die Autoren hielten fest, dass Migration und Gesundheit zu einem politisierten Thema geworden sei, und stellten das Konzept der Migrationsdiplomatie vor, das sich an das Konzept der Gesundheitsdiplomatie anlehne.

Dr. Santino Severoni, Sonderberater für Migration und Gesundheit beim WHO-Regionalbüro für Europa, schilderte den Zuhörern die Entwicklung der Tätigkeit des Regionalbüros im Bereich Migration und Gesundheit in den vergangenen Jahren. Er erläuterte, dass diese Arbeit maßgeblich von der Notwendigkeit geprägt werde, evidenzbasierte gesundheitspolitische Argumente als Grundlage für die Migrationspolitik zu erarbeiten. Die Podiumsteilnehmer vertraten einhellig die Auffassung, dass alle Ressorts einen Beitrag zur Diplomatie für die Gesundheit von Migranten leisten müssten.

Medizinisches Notfallteam (EMT) erhält WHO-Klassifikationszertifikat

Am Montag verlieh Dr. Tedros dem portugiesischen EMT vom INEM, dem nationalen Institut für medizinische Notlagen, in feierlichem Rahmen das WHO-Klassifikationszertifikat und die EMT-Flagge. Nach Abschluss des Verifizierungsprozesses der WHO wurde das EMT nach Mosambik entsandt, um die vom Zyklon Idai betroffene Bevölkerung zu unterstützen, der das Land vor einigen Monaten heimgesucht hatte.

Weltweit gibt es 27 klassifizierte EMT, davon 13 in der Europäischen Region. Weitere 30 EMT in der Europäischen Region durchlaufen derzeit einen solchen Einstufungsprozess.

Zweijährige Kooperationsvereinbarungen (BCA)

Für den Zeitraum 2020–2021 unterzeichnete Dr. Jakab im Namen des WHO-Regionalbüros für Europa je eine BCA mit dem Gesundheitsminister von Belarus, Dr. Vladimir Karanik, und dem Stellvertretenden Premierminister und Gesundheitsminister Maltas, S. E. Christopher Fearne. Die BCA bieten einen praktischen Rahmen für die Zusammenarbeit entsprechend den gesundheitlichen Prioritäten der Länder und den Kapazitäten der WHO.

Höhepunkte von Tag 3

  • Grundsatzrede von Anne Bucher, Generaldirektorin, Europäische Kommission, Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
  • Der Umgestaltungsprozess in der WHO und seine Folgen für die Europäische Region
  • Die Länder im Mittelpunkt der Europäischen Region
  • Beschleunigter Ausbau der primären Gesundheitsversorgung in der Europäischen Region