Keine Kompromisse und Abkürzungen bei der Sicherheit des Pandemie-Impfstoffs
Leitendes Organ der Europäischen Region der WHO befasst sich mit Herausforderungen bei der Entwicklung eines Impfstoffs für pandemische Influenza
Kopenhagen, 15. September 2009
Führende Experten der WHO haben heute unterstrichen, dass der Druck der Nachfrage nach ei-nem Impfstoff für die pandemische Influenza H1N1 2009 nicht zu einer Vernachlässigung von Sicherheitsnormen führen darf. Vor Gesundheitspolitikern aus der gesamten Europäischen Region der WHO auf der Tagung des leitenden Organs der Europäischen Region hoben sie die Notwendigkeit der Bereitstellung von Pandemie-Impfstoff für gefährdete Bevölkerungsgruppen in der Region hervor. Erörtert wurden auch Maßnahmen zur Vorbereitung bzw. Reaktion auf eine mögliche zweite Pandemiewelle in den kommenden Monaten.
Nach einer jüngst durchgeführten Umfrage in der Europäischen Region leben von den insgesamt über 890 Mio. Menschen in den 53 Mitgliedstaaten der Europäischen Region über 700 Mio. in Ländern, die entweder Vorverträge mit Impfstoffherstellern abgeschlossen haben oder über eigene Produktionskapazitäten verfügen. Damit bleiben 190 Mio. Menschen übrig; über die Hälfte von ihnen leben in Ländern, die für ihre Impfstoffvorräte auf die Unterstützung der WHO angewiesen sind.
Eine große Zahl potenzieller Impfstoffhersteller in aller Welt sind in der Lage, den Pandemie-Impfstoff zu produzieren; die meisten von ihnen sind in der Europäischen Region angesiedelt. Nach jüngsten Berichten entfallen bis zu 70% der weltweiten Produktionskapazitäten für Impf-stoff auf die Europäische Region. Es kann jedoch mehrere Monate dauern, bis der Impfstoff in weiten Teilen der Welt verfügbar ist.
Die Generaldirektorin der WHO, Dr. Margaret Chan, unterstrich, wie wichtig es sei, die richtige Botschaft an die Bevölkerung auszusenden: „Es ist sinnvoll, den Regulierungsprozess für die Impfstoffentwicklung zu straffen. Ebenso wichtig ist eine Beschleunigung der Präqualifikation des Impfstoffs. Wir wollen unsere Arbeit so schnell wie möglich erledigen. Aber wenn wir von Beschleunigung sprechen, bedeutet das lediglich, dass wir den bürokratischen Prozess straffen wollen. Es kommt nicht in Frage, dass wir in Bezug auf Qualität und Sicherheit der Impfstoffe Abstriche machen.“
Die anwesenden Experten verwiesen auf geltende Regulierungsverfahren für die Zulassung von Pandemie-Impfstoffen. Die Verfahren für die Beschleunigung der Zulassung sind sehr streng sind und erlauben keine Lockerung der Sicherheits- und Qualitätskontrollen. Influenza-Impfstoffe werden seit über 60 Jahren verwendet und haben sich in allen Altersgruppen als in hohem Maße sicher erwiesen. Nur vereinzelt wurden negative Reaktionen auf die Impfstoffe gemeldet.
„In den kommenden Monaten werden wir mit zahlreichen Problemen konfrontiert werden, auf die wir vorbereitet sein müssen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Diese Probleme ergeben sich aus der Frage, welche Personen bzw. Personengruppen bei der Verteilung der Impfstoffe vorrangig zu berücksichtigen sind: Gesundheitspersonal, Schwangere, Patienten mit chronischen Erkrankungen, vor allem Atemwegserkrankungen, und Adipositas-Patienten“, sagte Dr. Marc Danzon, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Wir müssen aber auch darüber nachdenken, welche Botschaft wir an diejenigen Personen aussenden, die nicht zu den vorrangigen Gruppen zählen, aber angesichts eines Impfstoffmangels besorgt sind. Dieselbe Frage stellt sich auf weltweiter Ebene, wo den Ländern, die in großem Umfang Impfstoff beschaffen können, andere Länder gegenüberstehen, die von diesem Markt ausgeschlossen sind. Die Problematik von Solidarität und mangelnder Chancengleichheit stellt sich in Krisenzeiten besonders akut dar.“
Die WHO versucht gegenwärtig, im Dialog mit den Impfstoffherstellern sowie mit Entwick-lungsbanken und Geberorganisationen zu ermitteln, wie sie den Ländern mit niedrigem bis mitt-lerem Einkommen so bald wie möglich Impfstoffe zur Verfügung stellen kann. Bisher hat sich die WHO zur Bereitstellung von 150 Mio. Dosen Pandemie-Impfstoff verpflichtet.
Die Tagung befasste sich auch mit einer Reihe anderer dringlicher Fragen in Verbindung mit der Pandemie, etwa die nach der wachsenden Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. So hat sich während der Pandemieperiode in vielen Ländern die Zahl der Einweisungen in die Notauf-nahme im Vergleich zur normalen Grippesaison mehr als verdoppelt. Weitere Schwerpunkte der Diskussion waren die Bestimmung vorrangiger Gruppen für die Impfung außer dem Gesund-heitspersonal, die Frage „pandemische oder saisonale Impfstoffe?“, der zeitliche Abstand zwischen der Ausrufung der Pandemie und der Verfügbarkeit der Impfstoffe (4 bis 6 Monate), die Diskrepanz zwischen potenzieller Nachfrage und der erwarteten Liefermenge an Impfstoff (94 Mio. Dosen pro Woche) und die Chancengleichheit beim Zugang.
Die Pandemieexperten der Europäischen Region der WHO stehen für Interviews zu den auf der Tagung erörterten Fragen zur Verfügung. Anfragen sind an Frau Liuba Negru, Presse- und
Medienbeziehungen (E-Mail: LNE@euro.who.int; Mobiltel.: +45 20 45 92 74) zu richten.
Weitere Informationen über die pandemische Influenza in der Europäischen Region der WHO finden sich auf der Website des Regionalbüros.
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