Frauen sind ein enormer potenzieller Markt für die Tabakindustrie

Kopenhagen, 28. Mai 2010

Auf Frauen abzielende Tabakwerbung hat weltweit deutlich an Bedeutung gewonnen und verleitet immer mehr Frauen und Mädchen zum Rauchen. So lautet die Warnung des WHO-Regionalbüros für Europa vor dem Weltnichtrauchertag (31. Mai 2010).

Der diesjährige Weltnichtrauchertag thematisiert geschlechtsspezifische Aspekte des Tabakkonsums und insbesondere die Vermarktung von Tabakprodukten an Frauen. Die WHO wird aus diesem Anlass konkret auf die geschlechtsbezogenen Aspekte der Tabakwerbung aufmerksam machen und ihren Appell an die Regierungen wiederholen, ein Verbot jeglicher Form von Tabakwerbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu erlassen.

200 Millionen der weltweit mehr als eine Milliarde Raucher sind Frauen. In den 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO rauchen 21% aller Frauen.

Diese Zahl wird noch wachsen, da die Tabakwerbung, in der Rauchen mit weiblicher Schönheit, Luxus, Emanzipation und Gesundheit assoziiert wird, sich in zunehmendem Maße an jüngere Frauen wendet. In der Europäischen Region rauchen 59% aller Männer. Nun sieht die Tabakindustrie neue Marktchancen darin, den „Rückstand“ der Frauen auf diesem Gebiet zu verringern.

Rauchgewohnheiten in Europa

Der Anteil der Raucherinnen in der Europäischen Region der WHO ist je nach Land sehr verschieden, doch lassen sich insgesamt drei Gruppen von Ländern unterscheiden.

  • In den nordischen Ländern und einigen Ländern Westeuropas ist die Raucherquote bei Männern und Frauen ähnlich niedrig – Tendenz weiter sinkend. So rauchen beispielsweise in Norwegen 30% der Männer wie auch der Frauen, in Irland sind es 34% bzw. 28% und in den Niederlanden 33% bzw. 28%.
  • In vielen Ländern Mittel- und Südeuropas rauchen mehr Männer als Frauen, obwohl die Raten auch unter Frauen hoch sind. So rauchen in Griechenland 63% der Männer und 39% der Frauen, in Österreich sind es 47% bzw. 41% und in Bulgarien 49% bzw. 38%.
  • In den neuen unabhängigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion (NUS) sind die Raucherquoten unter Männern hoch und scheinen unter Frauen verhältnismäßig niedrig zu sein (Armenien: 61% bzw. 3%; Lettland: 53% bzw. 24%; Kasachstan: 43% bzw. 9%). Seit der Privatisierung der Tabakindustrie in den NUS jedoch hat der Zigarettenkonsum rapide zugenommen, und auch die Prävalenz des Rauchens bei Frauen steigt.

Position der WHO zur Bekämpfung des Tabakkonsums

Um den Bemühungen der Tabakindustrie, Frauen und Mädchen zu ködern, entgegenzuwirken, erneuert die WHO ihren Appell an die Regierungen, umfassende Verbote für jegliche Art von Tabakwerbung, Verkaufsförderung und Sponsoring zu erlassen, wie sie in Artikel 13 des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs und in den Leitlinien für seine Umsetzung vorgesehen sind.

Bisher haben weltweit 168 Länder das Übereinkommen ratifiziert, darunter 46 aus der Europäischen Region der WHO.

Im Mai 2005 nahm die Europäische Kommission einen Katalog von 42 Warnbildern an, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) verwendet werden sollen. Bisher wurden diese Warnbilder von fünf EU-Staaten (Belgien, Frankreich, Litauen, Rumänien, Vereinigtes Königreich) sowie fünf Ländern außerhalb der EU (Kasachstan, Norwegen, Schweiz, Türkei und Ukraine) genehmigt bzw. bereits verwendet.

Dennoch ist Europa noch weit entfernt von der Praxis in Australien, wo die Regierung im Einklang mit Empfehlungen der WHO die Tabakkonzerne innerhalb von zwei Jahren zur Verwendung unansehnlicher, farbloser Verpackungen ohne Markenlogos verpflichten wird. Mit dieser weltweit bisher einzigartigen Maßnahme soll die Zahl der durch Rauchen bedingten Todesfälle gesenkt werden.

Spezifische Gesundheitsrisiken für Frauen

Viele Gesundheitsrisiken von Frauen sind mit dem Tabakkonsum verknüpft.

  • So erhöht Rauchen das Risiko einer Frau für zahlreiche Krebsarten (u. a. Mundhöhlen-, Kehlkopf-, Speiseröhren-, Blasen-, Bauchspeicheldrüsen-, Nieren- und Gebärmutterkrebs) sowie für akute myeloische Leukämie. Aktives Rauchen ist möglicherweise auch für vor den Wechseljahren auftretende Brustkrebserkrankungen verantwortlich.
  • Raucherinnen tragen gegenüber Nichtraucherinnen ein erhöhtes Risiko, an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung wie chronischer Bronchitis oder Emphysem zu sterben.
  • Raucherinnen sind auch häufiger unfruchtbar oder werden erst später schwanger. Rauchen während der Schwangerschaft erhöht das Risiko von Frühgeburt, Totgeburt und Säuglingstod und kann zu einer herabgesetzten Milchproduktion führen.

Weltnichtrauchertag

WHO-Generaldirektorin Dr. Margaret Chan hat den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wegen seiner zielstrebigen Führung bei der Bekämpfung des Tabakkonsums in der Türkei für den Preis zum Weltnichtrauchertag nominiert. Erdoğan war 2009 die treibende Kraft hinter der Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzen, die eine vollständige Rauchfreiheit an öffentlichen Orten in der Türkei vorschreiben. In der Europäischen Region der WHO sind Irland, die Türkei und das Vereinigte Königreich bisher als einzige drei Länder Gesetze verabschiedet, die Rauchen an öffentlichen Orten generell untersagen.

Jedes Jahr am 31. Mai feiert die WHO den Weltnichtrauchertag, an dem an die mit Tabakkonsum verbundenen Gesundheitsrisiken erinnert und für wirksame Konzepte zu seiner Verringerung geworben wird. Tabakkonsum ist weltweit (nach Bluthochdruck) die zweithäufigste Todesursache und für ein Zehntel aller Todesfälle bei Erwachsenen verantwortlich. Der Weltnichtrauchertag wurde 1987 von der Weltgesundheitsversammlung ins Leben gerufen. Seit 2004 würdigt die WHO jährlich besondere Verdienste von Personen und Organisationen bei der Bekämpfung des Tabakkonsums mit dem Preis zum Weltnichtrauchertag.

Fragen in Bezug auf Tabakbekämpfung beantwortet:

Kristina Mauer-Stender, Fachreferentin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: + 45 39 17 16 03
E-Mail: KMA@ euro.who.int

Wenn Sie weitere Auskünfte oder ein Interview wünschen, wenden Sie sich bitte an:

Zsofia Szilagyi, Kommunikationsberaterin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 39 17 16 27
E-Mail: SZZ@euro.who.int