Ergebnisse der Gesundheitsmission nach Lampedusa

Überfüllte Lager ernste Gefahr für öffentliche Gesundheit

Kopenhagen und Rom, 31. März 2011
Pressemitteilung des WHO-Regionalbüros für Europa und des italienischen Gesundheitsministeriums

Eine zweitägige gemeinsame Erkundungsmission von italienischem Gesundheitsministerium und WHO-Regionalbüro für Europa endete am 29. März 2011. Sie ergab, dass die Lage der öffentlichen Gesundheit auf Lampedusa nach der jüngsten Flüchtlingswelle aus Nordafrika Anlass zur Sorge gibt, auch wenn bislang keine außergewöhnlichen Infektionen oder Krankheiten unter den Flüchtlingen aufgetreten sind. Angesichts der aktuell überfüllten Lager sind verstärkte Krankheitsüberwachung und Prävention ebenso wichtig wie strikte umwelthygienische Maßnahmen. Die Überfüllung der Aufnahmelager kann die Ausbreitung von Infektionskrankheiten durch die Atemluft sowie auf fäkal-oralem Wege fördern.

Die Lagebewertung dient zur Unterfütterung einer von Italien, Europäischer Kommission und Regionalbüro geplanten internationalen Konferenz, die am 13. April 2011 zur Abstimmung der Hilfe zur Bewältigung gesundheitlicher Aspekte der Krise und zur Erörterung von Notfallplänen angesichts der eventuell sehr hohen Flüchtlingszahlen in Europa stattfinden soll.

Das italienische Gesundheitsministerium hat auf nationaler Ebene einen Koordinationsrat für öffentliche Gesundheit eingerichtet, der alle Beteiligten für den Ernstfall vorbereiten und aufeinander abstimmen soll. Dieser Rat ergänzt ein entsprechendes Koordinationsgremium des Innenministeriums.
Auf regionaler Ebene wurde für die Region Sizilien eine weitere Koordinationsgruppe eingerichtet, der Vertreter lokaler Gesundheitseinrichtungen angehören und die Maßnahmen planen und Notfallpläne entsprechend der Zahl neu eintreffender Flüchtlinge formulieren soll. Unterstützung für die von Italien geleiteten Aktion leistet neben der WHO auch das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), die Internationale Organisation für Migration (IOM), das Internationale Rote Kreuz und Organisationen wie Save the Children und Ärzte ohne Grenzen. Auch der italienische Zivilschutz ist beteiligt.

Die Schlussfolgerungen der Gesundheitsmission nach Lampedusa im Einzelnen:

Epidemiologische Überwachung

  • Nach ihrer Ankunft auf der Insel werden die Flüchtlinge vom örtlichen Gesundheitszentrum und dem italienischen Roten Kreuz auf Symptome akuter oder chronischer Erkrankungen untersucht. Verdachtsfälle oder positiv getestete Fälle werden je nach Erfordernis in ein Krankenhaus auf der Insel oder auf dem Festland überwiesen.
  • Obwohl die Zahl der Flüchtlinge angestiegen ist, hat sich die Situation in Bezug auf die Gesundheitskapazitäten gebessert, da zusätzliches Personal und ergänzende Versorgungsgüter eingetroffen sind.
  • Unter den derzeitigen Bedingungen ist es wichtig,  Krankheitsüberwachung und Prävention zu stärken sowie weiter auf umwelthygienische Maßnahmen zu achten. Überfüllte Lager können die Ausbreitung von Infektionskrankheiten durch die Atemluft sowie auf fäkal-oralem Wege fördern.

Umwelthygienische Vorsorgemaßnahmen

  • Sanitäranlagen – für eine bessere sanitäre Versorgung der Flüchtlinge wurden Chemietoiletten aufgestellt, doch übersteigt die Zahl der Nutzer die Kapazität bei weitem. In Abhängigkeit von den Bodenverhältnissen und anderen insularen Einrichtungen zur Aufnahme von Exkrementen ließen sich die sanitären Erfordernisse auf alternative Weisen erfüllen, sodass eine Zunahme offen herumliegender Fäkalien unterbleibt. Reguläre Sanitäranlagen sollten dort angeboten werden, wo sie benötigt sind.
  • Abfall – Die Anwesenheit von Flüchtlingen führt zu einer erheblichen Zunahme der Abfallmengen (zum Beispiel durch Plastikgeschirr) und zur Vermüllung der Insel. Der Abfall wird ab jetzt regelmäßig eingesammelt.
  • Wasser – Eine sorgfältige Planung der Wasserversorgung, angemessene Chlorierung und sorgfältige persönliche Hygiene sind der Schlüssel zum Abbau der aus Wasserknappheit entstehenden Gesundheitsrisiken. Hier besteht ein enger Zusammenhang mit dem starken Anstieg der Nachfrage und mit den Wetterverhältnissen, die einen ausreichenden Wassernachschub vom Festland gefährden könnten, wenn die Zunahme der Flüchtlinge weiter eskaliert.
  • Weitere Umweltaspekte – Die Anhäufung von Booten an Land und im Wasser, die nach Ankunft der Flüchtlinge von diesen aufgegeben (und von den Behörden beschlagnahmt) wurden, kann kurz- und langfristig zu Problemen in Bezug auf Kontaminierung und Entsorgung führen.

Kontakt

Santino Severoni
Regionaler Koordinator,
Strategische Beziehungen mit den Ländern
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8
DK-2100 Kopenhagen, Dänemark
Tel. +45 3917 1324
Mobiltel.: +45 3035 6929
sev@euro.who.int 

Cristiana Salvi
Fachreferentin, Kommunikation
Regionalbüro für Europa – Büro Rom
Tel.: +39 06 4877543 
Mobiltel.: +39 3480192305