Lippenstift-Zigarettenpackungen sollen junge Frauen ködern,

Kopenhagen, 7. Juli 2011

Aus dem neuen Bericht der WHO über die globale Tabakepidemie geht hervor, dass in nur 13 der 53 Länder der Europäischen Region der WHO, meist EU-Staaten, bebilderte Warnhinweise auf Zigarettenpackungen über die Gefahren des Rauchens gesetzlich vorgeschrieben sind, und die meisten dieser bildlichen Darstellungen nehmen weniger als die Hälfte der Packung ein. Von den verbleibenden 40 Ländern schreiben 27 Warnhinweise unterschiedlicher Art vor, ohne dass bildliche Darstellungen erforderlich sind; die übrigen geben sich mit schwächer formulierten Warnungen zufrieden. In keinem Land der Region sind große und deutliche gesundheitliche Warnhinweise auf der Vorder- und Rückseite der Packungen üblich, in denen auf konkrete Krankheiten hingewiesen wird, wie es in dem Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) vereinbart wurde.

Die Tabakindustrie nimmt konkret Mädchen und junge Frauen ins Visier: mit ansprechenden Packungsdesigns. Die Mitgliedstaaten beschränken bzw. verbieten in zunehmendem Maße die konventionelle Tabakwerbung. In gut 81% der Länder der Europäischen Region sind Tabakwerbung, Verkaufsförderung und Sponsoring verboten. Die Tabakindustrie umgeht diese Verbote, indem sie massiv in weniger etablierte Verkaufsförderungsmaßnahmen investiert und u. a. mit der Verpackung selbst wirbt.

„Gesundheitliche Warnhinweise auf Zigarettenpackungen mit Text und Bild gehören zu den kostengünstigsten und wirksamsten Möglichkeiten, die Öffentlichkeit verstärkt für die ernsten gesundheitlichen Gefahren des Tabakkonsums zu sensibilisieren“, sagt Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa, „aber es muss in der Europäischen Region noch viel mehr für diese einfache, kosteneffektive Maßnahme geworben werden. Die Folgen dieses Versäumnisses können wir in einigen Teilen der Region beobachten, wo das Rauchen unter jungen Frauen rapide zunimmt.“

Die Industrie hat Frauen und Mädchen als einen langfristigen Markt identifiziert und verwendet in jüngster Zeit neue Produktdesigns, wie Zigarettenpackungen, deren Form einem Lippenstift ähnelt. In dem Maße, in dem sozial und kulturell bedingte Beschränkungen für Frauen heute zusehends an Bedeutung verlieren, ist Rauchen für sie akzeptabel geworden und gilt teilweise sogar als schick. Die Kaufkraft der Frauen steigt, und die Kampagnen der Tabakindustrie, in denen Rauchen perfiderweise als eine Symbol der Selbstbestimmung der Frau dargestellt wird, entfalten erhebliche Wirkung.

Mit dem neuen Bericht der WHO kann äußerst wirksam verdeutlicht werden, wo Maßnahmen Wirkung zeigen und wie gute Praxis aussieht, aber auch, wo noch Handlungsbedarf herrscht. In der Europäischen Region der WHO hat die Türkei dadurch Aufsehen erregt, dass sie in Rundfunk und Fernsehen kostenlos mehr Sendezeit für Anti-Raucher-Kampagnen zur Verfügung gestellt hat; ebenso versucht die Russische Föderation, mit drastischen Anti-Tabak-Botschaften das Blatt zu wenden.

Es gibt Belege dafür, dass wirksame gesundheitliche Warnhinweise, insbesondere solche mit Bildern, Raucher zum Aufhören veranlassen und für Menschen, die noch nicht abhängig sind, den Reiz des Rauchens verringern. Dennoch leben heute nur knapp 39% der Bevölkerung der Europäischen Region der WHO in Ländern, in denen solche Warnhinweise auf Zigarettenpackungen vorgeschrieben sind.

Rauchen ist weltweit die häufigste vermeidbare Einzeltodesursache. In diesem Jahr werden weltweit fast 6 Mio. Menschen an seinen Folgen sterben: mehr als durch Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria zusammen.

Weitere zentrale Ergebnisse des Berichts:

  • 23% der Bevölkerung in der Region (207 448 988 Menschen) sind durch umfassende landesweite gesetzliche Rauchverbote an öffentlichen Orten geschützt.
  • In 19% der Länder ist Rauchen in Krankenhäusern und Schulen immer noch erlaubt.
  • 62% der Länder haben landesweit gebührenfreie Nummern für Raucherentwöhnungsberatung eingerichtet, während in einem Land keinerlei Unterstützung zur Förderung von Rauchverzicht angeboten wird.

Auch die Tabakbesteuerung spielt in der Europäischen Region der WHO eine herausragende Rolle. Weltweit gehören von den 27 Ländern und Gebieten mit den höchsten Tabaksteuern 22 zur Europäischen Region, und in 42% der Länder der Region machen Tabaksteuern mehr als 75% des Einzelhandelspreises aus.

In den Ländern mit hohem Einkommen beträgt der Anteil der Steuer am Einzelhandelspreis durchschnittlich 75%; in den Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen sind es 51%. In Irland ist der Preis für eine Packung mit 20 Stück der beliebtesten wie auch der billigsten Marke am höchsten. In Kasachstan ist der Preis für die beliebteste Marke, in der Republik Moldau der für die billigste Marke am niedrigsten.

Nähere Informationen zum Bericht der WHO über die globale Tabakepidemie sowie zum Rahmenübereinkommen (FCTC) finden Sie auf der Website des WHO-Hauptbüros.

Auskunft zu fachlichen Fragen erteilt:

Rula Khoury, Geschäftsführende Leiterin des Programms
„Bekämpfung des Tabakkonsums“
WHO-Regionalbüro für Europa
Mobiltel.: +45 24 98 39 90
E-Mail: rkh@euro.who.int

Wenn Sie weitere Auskünfte oder ein Interview wünschen, wenden Sie sich bitte an:

Vivienne Taylor Gee
Kommunikationsberaterin
WHO-Regionalbüro für Europa
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