Europäische Region der WHO hat höchsten Alkoholkonsum weltweit

Mitgliedstaaten wollen den schädlichen Alkoholkonsum verringern

Baku, 13. September 2011

Die 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO, die vom 12. bis 15. September 2011 in Baku (Aserbaidschan) zum Regionalkomitee versammelt sind, unterstützen einen Aktionsplan zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums. In der Europäischen Region stellt Alkohol nach Tabakkonsum den zweitgrößten Risikofaktor in Bezug auf Mortalität und Krankheitslast dar.

„Der schädliche Alkoholkonsum ist eine Priorität im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Der Aktionsplan stützt sich auf umfassende, vielfältige und überzeugende Erkenntnisse“, sagte WHO-Regionaldirektorin für Europa Zsuzsanna Jakab und fügte hinzu: „Den Ländern ist sehr wohl bewusst, welche Kosten und Schäden der Alkohol verursacht. Unser Aktionsplan soll fachlichen Rat bieten und Maßnahmen anregen, die zur Verminderung alkoholbedingter Schäden ergriffen werden können und auch sollten.“

Die Europäische Region der WHO hat den höchsten Alkoholkonsum weltweit – über 20% der Erwachsenen betrinken sich mehr oder wenig regelmäßig. Der gemeldete Alkoholkonsum nahm in den 1990er Jahren zunächst ab, stieg dann wieder an und stabilisierte sich zwischen 2004 und 2006 auf einem höheren Niveau. Der Alkoholkonsum variiert zwar stark von Land zu Land, doch werden im Durchschnitt in der Europäischen Region jährlich pro Person 9,24 Liter reinen Alkohols konsumiert. Der generelle Trend der letzten 15 Jahre war durch einen Rückgang des Alkoholkonsums im Westen und einen Anstieg im Osten der Region gekennzeichnet, auch wenn es zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede gab (vgl. Europäischer Sachstandsbericht „Alkohol und Gesundheit 2010“).

Der Europäische Aktionsplan zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums (2012–2020) enthält einen umfassenden Überblick zur Problematik sowie erprobte Konzepte zum Abbau al-koholbedingter Schäden. So haben sich etwa die Steuerung des Preises für Alkohol, das gezielte Vorgehen gegen Alkohol am Steuer sowie die Begrenzung der Vermarktung von Alkohol als effektiv erwiesen. Der Gesundheitssektor spielt für das Erkennen von Alkoholproblemen und entsprechende Gegenmaßnahmen eine zentrale Rolle, doch reicht die Problematik über ihn hinaus. Es gibt überzeugende Belege für die Wirksamkeit von:

  • Alkoholsteuern,
  • Einschränkungen der Verkaufsstellendichte und der Öffnungszeiten,
  • Altersbegrenzungen,
  • einer Absenkung der Promillegrenzen im Straßenverkehr und der Durchführung von Zu-fallskontrollen mit Blasröhrchen, 
  • Kurzberatung und -behandlung gegen Alkoholmissbrauch.

Alkoholbedingte Schäden

Alkohol schädigt nicht nur den Trinker, sondern auch andere Personen, etwa durch Gewalt auf der Straße oder in der Familie oder schlicht durch die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen. Der meiste Alkohol wird bei Trinkgelagen unterschiedlicher Ausprägung konsumiert, die das Risiko für beabsichtigte und unbeabsichtigte Verletzungen erhöhen und auch ischämische Herz-krankheiten auslösen und zu plötzlichem Tod führen können.

Hoher Alkoholkonsum führte dazu, dass im Jahr 2002 Männer im Alter von 20 bis 64 Jahren im Osten der Region im Schnitt eine um sechs Jahre geringere Lebenserwartung hatten als ihre Al-tersgenossen im Westen der Region. Das Risiko für alkoholbedingte Erkrankungen steigt mit der Menge des lebenslang konsumierten Alkohols. Es gibt keine sichere Untergrenze des Alkohol-konsums und in vielen Gesellschaften auch keinen Unterschied im Risiko für Mann und Frau. Ein lebenslanger Tageskonsum von sechs alkoholischen Getränken (60g Alkohol) führt bei Er-wachsenen zu einem Risiko an Alkohol zu sterben von 1:10.

Die 2003 in der Europäischen Union durch Alkoholkonsum entstandenen konkreten Kosten (für Gesundheitsversorgung, durch Produktionsverluste, Sozialhilfe, Verletzungen und Gewalt sowie für Forschung und Aufklärung) sind mit 125 Mrd. € bzw. 1,3% des Bruttoinlandsprodukts veranschlagt worden. Davon wurden 66 Mrd. € direkt für alkoholbedingte Probleme aufgewandt, während die verbleibenden 59 Mrd. € auf Produktionsausfälle durch Fehlzeiten, Arbeitslosigkeit und Frühsterblichkeit entfielen. Neben den konkreten Kosten (66 Mrd. € durch alkoholbedingte Probleme und 59 Mrd. € durch Produktionsminderung) werden immaterielle Kosten in einer Größenordnung zwischen 152 und 764 Mrd. € veranschlagt.

Europäische Region global führend

Europa steht an vorderster Front im Abbau alkoholbedingter Schäden. Als erste WHO-Region verabschiedete sie 1992 einen Aktionsplan Alkohol. Heute verfügen alle Länder der Region über einen Aktionsplan Alkohol oder eine entsprechende Strategie. Dennoch kann jedes Land, unabhängig von Ausmaß oder Konsequenz seines Aktionsplans, von dessen Überprüfung, Anpassung bzw. Stärkung im Rahmen des Europäischen Aktionsplans zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums (2012–2020) profitieren. Die fünf Hauptziele des Plans bauen auf vorherigen Europäischen Plänen auf, sind mit der globalen Strategie der WHO gegen Alkohol abgestimmt und sollen:

  • das Bewusstsein hinsichtlich Ausmaß und Art der gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belastungen durch Alkohol schärfen,
  • die Wissensgrundlage stärken bzw. erweitern,
  • die Kapazitäten zur Handhabung und Behandlung alkoholbedingter Störungen aus-weiten,
  • mehr Mittel für abgestimmtes Handeln mobilisieren,
  • die epidemiologische Überwachung und die Überzeugungsarbeit verbessern.

Weitere Auskünfte erteilen:

Lars Møller
Programmleiter (kommissarisch), Alkohol und illegale Drogen
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 3917 1214
Mobiltel.: + 45 29610109
E-Mail: lmo@euro.who.int

Viv Taylor Gee
Kommunikationsberaterin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 3917 1231
Mobiltel.: +45 2272 3691
E-Mail: vge@euro.who.int