Politikgestaltung und Steuerung für Gesundheit: Wie auf die komplexen gesundheitspolitischen Herausforderungen reagieren?

Neue Studie der WHO stellt fünf intelligente Ansätze der Politikgestaltung und Steuerung für die Gesundheit im 21. Jahrhundert vor

Baku, den 12. September 2011

Das WHO-Regionalbüro für Europa stellte heute die Ergebnisse einer umfassenden Studie vor, die sich mit modernen Ideen und innovativen Praktiken der Politikgestaltung und Steuerung für die Gesundheit im 21. Jahrhundert befasst. Die Studie enthält auch Empfehlungen dazu, wie Regierungen durch umfangreiche Kooperation hierzu beitragen können. Gesundheitsminister und hochrangige Gesundheitsbeamte aus den 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO beraten die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie während der Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa, die vom 12. bis 15. September 2011 in Baku (Aserbaidschan) stattfindet.

„Wir haben diese Studie in Auftrag gegeben, weil wir die Zusammenhänge der komplexen Veränderungen, welche die gesundheitliche Landschaft innerhalb wie außerhalb der Region verändern, besser verstehen und Lösungen finden möchten“, stellt die WHO-Regionaldirektorin für Europa Zsuzsanna Jakab hierzu fest. „Die Gesundheitssysteme verfügen alleine nicht über ein ausreichendes Instrumentarium, um alle gesundheitlichen Herausforderungen in den Griff zu bekommen. Die eindeutigen und überzeugenden Befunde der Studie werden die weitere Entwicklung des neuen Rahmenkonzepts für die Europäische Region der WHO „Gesundheit 2020“ entscheidend beeinflussen.“

Die Studie definiert Politikgestaltung und Steuerung für Gesundheit als den Versuch der Regierungen und anderen Akteure, die Gemeinschaften, Länder und Ländergruppen in dem Streben nach Gesundheit als integralem Bestandteil von Wohlbefinden durch eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Herangehensweise zu lenken. Die Begriffe sektorübergreifendes Handeln, gesundheitsförderliche Gesamtpolitik und Gesundheit in allen Politikbereichen sind dabei in beide Herangehensweisen an Gesundheit und Wohlbefinden integriert.

„Die Sichtweise der Gesellschaft von Gesundheit und auch der Umgang mit ihr verändert sich“, sagt hierzu Prof. Ilona Kickbusch, Leiterin des Global Health Programme beim Graduate Institute of International and Development Studies in Genf und Koordinatorin und Mitautorin der Studie. „Gesundheit ist ein übergeordnetes Ziel geworden und liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Staat, Wirtschaft, Bevölkerung und Einzelpersonen. Sie ist das entscheidende Kriterium dafür, ob eine Gesellschaft erfolgreich ist, ihre Wirtschaft blüht und ihre Bürger Wohlbefinden erleben. Das Ziel intelligenter Politikgestaltung und Steuerung ist die Förderung des gemeinsamen Handelns unterschiedlicher Gruppen – er supranationalen, nationalen und lokalen Verwaltungen, der Organisationen der Zivilgesellschaft, des Privatsektors und der Bürger.“ 

Der Schlüssel zu den neuen Steuerungsformen liegt der Studie zufolge in der Erkenntnis des Übergangs der Region von der Industrie- zur Wissensgesellschaft.  Die Anwendung des Wissens in unterschiedlicher Form durchzieht fünf intelligente Steuerungsansätze:

  • synergetischer Ansatz: Verstehen des Wertes der Zusammenarbeit von Sektoren und Akteuren auf allen Ebenen und der Notwendigkeit gesamtstaatlicher und gesamtgesellschaftlicher Ansätze;
  • gemischter Ansatz: Verwenden einer dem Zweck angemessenen Mischung aus Regelung und Überzeugung;
  • geschmeidiger Ansatz: rasches Anpassen an künftige Bedürfnisse und deren frühzeitiges Erkennen durch verbesserte Vorhersagen und Förderung vielfältiger kleinerer Interventionen auf lokaler und kommunaler Ebene;
  • respektvoller Ansatz: aktives Einbeziehen der Bürger für größere Teilhabe, mehr Rechenschaftslegung und bessere Ergebnisse;
  • transparenter Ansatz: Darlegen der Erkenntnisse und Beobachten der Einhaltung ethischer Grundsätze durch unabhängige Organisationen und Sachverständigengremien wie Bundesämter, Kommissionen, Aufsichtsbehörden und Rechnungsprüfungsausschüsse.

Die Studie stützt sich auf eine Reihe von Hintergrundpapieren international renommierter Experten und soll in ihrer zweiten Phase konkrete Werkzeuge und Fallstudien erarbeiten.

Thematisch verwandte vom Regionalbüro in Auftrag gegebene Studien befassen sich mit den sozialen Determinanten von Gesundheit und dem Gesundheitsgefälle in der Europäischen Region (Leitung Sir Michael Marmot vom University College London, Zwischenbericht zur 61. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa) sowie Studien über wirtschaftliche Aspekte der Vorsorge und eine antizipatorische Analyse gesundheitsrelevanter Kräfte und Entwicklungen.

Gemeinsam untermauern diese Studien die Arbeit an dem neuen Rahmenkonzept der Europäischen Region der WHO „Gesundheit 2020“ und beeinflussen sie.
Das neue Konzept soll:

  • den Menschen einen neue Sicht auf Gesundheit und Wohlbefinden ermöglichen,
  • Einigkeit über evidenzbasierte Maßnahmen schaffen, die ein gesamtstaatliches und gesamtgesellschaftliches Vorgehen für Gesundheit fördern, 
  • sichern helfen, dass alle Menschen in ihrem Streben nach Ausschöpfung ihres Potenzials an Gesundheit und Wohlbefinden unterstützt werden und dass alle Länder einzeln und gemeinsam gesundheitliche Ungleichheiten innerhalb und außerhalb der Europäischen Region abbauen.

Das Konzept wird in einem konsultativen Prozess mit hochrangigen Regierungsvertretern, Gesundheitsexperten, Vertretern internationaler Organisationen, Patientengruppen und Lokalverwaltungen sowie im Rahmen eines Online-Forums mit Bürgern entwickelt.

Weitere Auskünfte erteilen:

Agis Tsouros
Leiter, Grundsatz- und Querschnittsprogramme und Sonderprojekte der Regionaldirektorin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: + 45 39 17 15 09
Mobiltel.: +45 23 39 14 84
E-Mail: ats@euro.who.int

Viv Taylor Gee
Kommunikationsreferentin
WHO-Regionalbüro für Europa

Tel.: +45 39 17 12 31
Mobiltel.: +45 2272 3691
E-Mail: vge@euro.who.int