Zentralasien im Blick: HIV-Epidemie unter Drogen injizierenden Personen weitet sich aus
Kopenhagen/Astana, 19. Juni 2012
In der Europäischen Region der WHO unterliegen Drogen injizierende Personen einem besonders hohen Risiko einer HIV-Infektion. In den fünf zentralasiatischen Ländern (Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan) entfallen sogar über die Hälfte aller neu diagnostizierten HIV-Infektionen auf diese Gruppe. Daher hat das Regionalbüro für Europa jetzt erstmals eine Tagung organisiert, deren zentrales Thema die HIV-Prävention für diesen Personenkreis ist. Auf Einladung des kasachischen Gesundheitsministeriums kommen vom 19. bis 21. Juni 2012 in Astana maßgebliche Experten zu einer Tagung zusammen. Damit rückt eine Gegend ins Zentrum, in der das Problem bislang nicht hinreichend beachtet wurde und in der Handlung dringend geboten ist.
Nach Angaben der fünf Länder gibt es in dieser Region fast 190 000 Drogen injizierende Personen. Während die Zahl der HIV-Neuinfektionen weltweit zurückgeht, hat sie sich in Zentralasien seit dem Jahr 2000 vervierzehnfacht, wobei die Hälfte auf Drogen injizierende Personen entfällt. In den fünf Ländern ist auch die Prävalenz der Hepatitis C gerade in dieser Gruppe (mit 5–75%) überdurchschnittlich hoch und multiresistente Tuberkulose (MDR-Tb) weist hier die weltweit höchsten Raten auf, dabei sind gerade Drogen injizierende Personen stark gefährdet.
Eine Halbierung der Zahl der HIV-Neuinfektionen, die auf intravenösen Drogenkonsum zurückzuführen sind, war schon eines der zentralen Ziele des Europäischen Aktionsplans HIV/Aids (2012–2015), der 2011 von den Ländern in der Europäischen Region der WHO angenommen wurde. Es gibt Hinweise darauf, dass die kostenlose oder kostengünstige Abgabe steriler Nadeln und Spritzen, die Opioidsubstitution illegaler Drogen, HIV-Tests und Beratung für Menschen mit HIV sowie antiretrovirale Therapie die Ausbreitung von HIV eindämmen können.
In Zentralasien werden aber lediglich 11% aller zur HIV-Prävention verfügbaren Mittel für Risikogruppen eingesetzt. Nur ein Drittel aller Personen, die Drogen injizieren, werden durch Nadel- und Spritzentauschprogramme erreicht und lediglich 1% erhält eine Opioidsubstitutionstherapie. Diese Gruppe macht über die Hälfte der in Zentralasien mit HIV lebenden Menschen aus, doch gerade ein Viertel derjenigen, die eine antiretrovirale Therapie erhalten.
Ein Teufelskreis aus intravenösem Drogenkonsum, Prostitution und Gefängnis beschleunigt die Ausbreitung von HIV in Zentralasien zusätzlich. Bis zu neun von zehn Drogen injizierenden Personen verbringen einen Teil ihres Lebens im Gefängnis. Dort treffen sie auf Verhaltensweisen, die ein hohes Risiko der Ansteckung mit HIV und anderen Infektionskrankheiten mit sich bringen, etwa das gemeinsame Benutzen von Spritzbesteck, Tätowierungen und Piercings. Die HIV-Prävalenz unter Gefängnisinsassen liegt mit gemeldeten 8% deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt.
Die Tagung greift erstmalig in Zentralasien den Zusammenhang zwischen intravenösem Drogenkonsum und HIV aus sektorübergreifender Sicht auf und bezieht hierzu Fachleute aus den Ressorts Gesundheit, Justiz und Inneres sowie Organisationen der Zivilgesellschaft mit ein. Viele Organisationen der Vereinten Nationen haben für diese Veranstaltung eng mit dem Regionalbüro für Europa zusammengearbeitet, hierunter das Gemeinsame Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS), das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria sowie der Aids-Nothilfeplan des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika (PEPFAR) waren ebenfalls beteiligt.
Die 70 in Astana versammelten Experten werden die Hürden im Zugang zur HIV-Prävention in den zentralasiatischen Ländern untersuchen und Wege aufzeigen, wie Vorsorge, Behandlung und Pflege für Drogen injizierende Personen durch ein umfassenderes und tiefer greifendes Angebot verbessert werden können. Sie hoffen, hierdurch die Zahl der Neuinfektionen aufgrund intravenösen Drogenkonsums halbieren und die HIV-Epidemie in der Region endlich in den Griff bekommen zu können.
Für weitere Fachinformationen wenden Sie sich bitte an:
Martin Donoghoe
Programmleiter, HIV/Aids, sexuell übertragbare Infektionen und virale Hepatitis, Regionalbüro für Europa
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E-Mail: mdo@euro.who.int
Brenda van den Bergh
Fachreferentin, HIV/Aids, sexuell übertragbare Infektionen und virale Hepatitis, Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 39 17 14 01
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Cristiana Salvi
Kommunikationsreferentin, Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt, Regionalbüro für Europa
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