8% mehr HIV-Neuinfektionen in der Europäischen Region der WHO. Ausweitung des Angebots von Test und Therapie empfohlen
Kopenhagen und Stockholm, 27. November 2013
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und das Regionalbüro für Europa haben heute Daten vorgelegt, denen zufolge 2012 in der Europäischen Region der WHO über 131 000 Neuinfektionen mit HIV gemeldet wurden. Das sind rund 10 000 (bzw. 8%) mehr als 2011. Dies bestätigt einen über das gesamte Jahr erfolgten stetigen Anstieg in der Europäischen Region (in Osteuropa und Zentralasien rund 9%, in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR) fast 5%).
Von den rund 131 000 Neuinfektionen entfielen fast 102 000 auf Osteuropa und Zentralasien und etwas über 29 000 auf EU und EWR. Von der Gesamtzahl wurden ca. 55 000 an ECDC und WHO gemeldet und ca. 76 000 durch die Datenbank des statistischen Amts der Russischen Föderation erfasst.
Während die Länder in EU und EWR gleichzeitig eine stetige Abnahme der gemeldeten Aids-Fälle um 48% verzeichneten, stieg die Zahl der neu mit Aids diagnostizierten Menschen im Osten der Region zwischen 2006 und 2012 um 113%. Der Anstieg ist eng mit einem unzureichenden Angebot an Prävention und antiretroviraler Therapie (ART) verknüpft. Obwohl 2012 erheblich mehr Menschen ART erhielten als 2011, wurde immer noch nur jede dritte bedürftige Person mit ART behandelt.
„Wir wissen, dass die antiretrovirale Therapie mit HIV infizierten Menschen ein längeres und gesünderes Leben ermöglicht und zugleich das Risiko einer Übertragung auf andere reduziert,“ sagt hierzu die WHO-Regionaldirektorin für Europa Zsuzsanna Jakab. „Die HIV-Epidemie in Europa ist noch nicht zu Ende, doch unser Ziel der verlangsamten Ausbreitung von HIV sowie der Trendwende bis 2015 ist immer noch in vielen Ländern zu erreichen.“ Zur Unterstützung der diesbezüglichen Arbeit veröffentlichte die WHO 2013 neue konsolidierte Leitlinien für den Einsatz antiretroviraler Arzneimittel für Therapie und Prävention von HIV-Infektionen.
„Unsere Daten zeigen, dass in EU und EWR fast jede zweite positiv auf HIV getestete Person (49% aller getesteten Personen) erst relativ spät im Infektionsverlauf zum Test geht und sofort mit der antiretroviralen Therapie beginnen muss, weil das Immunsystem bereits schwächelt,“ betont der Direktor des ECDC Marc Sprenger. „Daher müssen wir die HIV-Tests in Europa verfügbarer machen, damit eine frühe Diagnose sowie eine wirksame Behandlung und Versorgung möglich sind.“ Die Hinweise des ECDC zu HIV-Tests sollen den Ländern helfen, HIV-Infektionen früher aufzudecken: Sie erklären, warum, wo, wie und wann auf HIV getestet werden sollte.
Frau Jakab und Herr Sprenger sehen übereinstimmend in dem von ihren Häusern gemeinsam verfassten epidemiologischen Bericht Belege für die Notwendigkeit beschleunigten Handelns gegen HIV in der gesamten Region.
Hinweise an Redakteure
- Die WHO rief den Welt-Aids-Tag 1988 ins Leben, um jährlich am 1. Dezember die durch HIV ausgelöste Aids-Pandemie in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.
- HIV greift das Immunsystem des Menschen an und führt nach langer Inkubationszeit unbehandelt zu chronischer, lebensbedrohlicher Erkrankung. Aids ist das Endstadium einer unbehandelten Infektion und die Folge der Zerstörung der körpereigenen Abwehr. Aids ist durch das Vorhandensein einer oder mehrerer opportunistischer Erkrankungen (aufgrund des geschwächten Immunsystems) charakterisiert.
- Die Europäische Region der WHO umfasst 53 Mitgliedstaaten und hat eine Gesamtbevölkerung von fast 900 Mio. Menschen, von denen ca. 508 Mio. in den Ländern der EU und des EWR (28 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) leben.
- In den neuen Leitlinien der WHO werden die Länder dazu aufgerufen, das Behandlungsangebot auszuweiten und die Behandlung von mit HIV lebenden Erwachsenen aufzunehmen, sobald deren CD4-Helferzellenzahl auf 500 Zellen/mm³ oder darunter fällt, ihr Immunsystem aber noch stark ist. (In ihren früheren Leitlinien aus dem Jahr 2010 empfahl die WHO, die Behandlung ab einer Zahl von 350 CD4-Helferzellen/mm³ oder darunter anzubieten. Eine Umsetzung der neuen Leitlinien würde dazu führen, dass mehr Menschen in der Region, insbesondere in den östlichen Ländern, wo die Versorgungsraten derzeit noch geringer sind, mit ART behandelt werden. Wenn mehr der bedürftigen Menschen mit ART behandelt werden, sinkt die Aids-relatierte Sterblichkeit und zugleich wird einer weiteren Ausbreitung der HIV-Infektionen besser vorgebeugt.
- Die Hinweise des ECDC zu HIV-Tests sollen die Verantwortlichen für Test-Strategien in den Mitgliedstaaten zur strategischen, evidenzbasierten Ausarbeitung und Umsetzung wirksamer HIV-Test-Verfahren inspirieren.
- Weitere Informationen sind von WHO und ECDC erhältlich.
Weitere Auskünfte erteilen:
Cristiana Salvi
Kommunikationsreferentin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 45 33 68 37
E-Mail: csa@euro.who.int
Pressebüro
ECDC
Tel.: +46 (0) 8 58 60 1678
E-Mail: press@ecdc.europa.eu