Neues Instrument der WHO soll Ländern bei der Eindämmung der Vermarktung von Lebensmitteln mit übermäßigem Fett-, Zucker- oder Salzgehalt an Kinder helfen

Weitere Auskünfte erteilen:

João Breda
Leiter des Programms für Ernährung, Adipositas und Bewegung
Abteilung Nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheitsförderung im gesamten Lebensverlauf
WHO-Regionalbüro für Europa
UN City, Marmorvej 51
2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: +45 30 50 80 22
E-Mail:jbr@euro.who.int

Tina Kiaer
Kommunikationsreferentin
Abteilung Nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheitsförderung im gesamten Lebensverlauf
WHO-Regionalbüro für Europa
UN City, Marmorvej 51
2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: +45 30 36 37 76
E-Mail: tki@euro.who.int

Kopenhagen, 19. Februar 2015

In der gesamten Europäischen Region der WHO sind Kinder immer noch regelmäßig Werbung für Lebensmittel bzw. Getränke mit einem hohen Anteil an Energie, gesättigten Fetten, Transfettsäuren, freien Zuckern und Salz ausgesetzt. Trotz Fortschritten in einigen Ländern sind die staatlichen Maßnahmen zur Beschränkung solcher Werbung insgesamt verbesserungsbedürftig. Einer der Gründe dafür liegt darin, dass die Bestimmung von Lebensmitteln, deren Bewerbung im Fernsehen, im Internet, auf Plakaten oder auf andere Weise beschränkt werden sollte, problematisch ist. Ein erster Schritt für die Entwicklung von Konzepten zur Beschränkung von Werbung für Kinder wäre die Aufstellung von Kriterien für die Bestimmung solcher Lebensmittel und Getränke. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hat das WHO-Regionalbüro für Europa ein Modell mit einem Nährstoffprofil entwickelt, das die Länder modifizieren und für die Einstufung von Lebensmitteln nach ihrer Nährstoffzusammensetzung heranziehen können. Mit diesem Instrument können politische Entscheidungsträger in der Europäischen Region bestimmen, ob ein Lebensmittelprodukt an Kinder vermarktet werden darf oder nicht.

Bekämpfung der Adipositas im Kindesalter

Die Vermarktung von Lebensmitteln mit übermäßigem Energie-, Fett-, Zucker- oder Salzgehalt hat nachweislich schädliche Auswirkungen auf Kinder, denn sie fördert die Entwicklung ungesunder Präferenzen und Gewohnheiten in Bezug auf Ernährung und leistet der Adipositas im Kindesalter Vorschub und trägt damit zur späteren Entstehung ernährungsbedingter nichtübertragbarer Krankheiten bei. Konzepte, die strengere Kontrollen für die Lebensmittel¬werbung für Kinder vorsehen, sind zur Bekämpfung der Adipositas im Kindesalter von zentraler Bedeutung.

„Angesichts der gegenwärtigen Epidemie der Adipositas im Kindesalter in der gesamten Europäischen Region lässt sich Werbung für Produkte mit geringem Nährwert, die zu einer ungesunden Ernährung beitragen, nicht rechtfertigen. Das Instrument, das wir den Ländern zum Gebrauch bzw. zur Anpassung anbieten, dient dem Schutz der Kinder vor den schädlichen Auswirkungen von Werbung für Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Energie, gesättigten Fetten, Transfettsäuren, freien Zuckern oder Salz“, erklärt Dr. Gauden Galea, Leiter der Abteilung Nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheits¬förderung im gesamten Lebensverlauf beim WHO-Regionalbüro für Europa.

Das Nährstoffprofil-Modell des Regionalbüros dient dazu, den durch Werbung erzeugten Druck auf Kinder zu reduzieren, indem es den Ländern dabei behilflich ist, Lebensmittel zu bestimmen, die mit Werbeverboten belegt werden sollten. Diese Aufgabe ergibt sich aus dem Europäischen Aktionsplan Nahrung und Ernährung (2015–2020),  der 2014 vom WHO-Regionalkomitee für Europa angenommen wurde.

Ungesunde Ernährung ist ein führender Risikofaktor, der in jedem Land der Europäischen Region Gesundheit und Wohlbefinden beeinträchtigt. Dabei geben Übergewicht und Adipositas unter Kindern besonderen Grund zur Besorgnis. Heute leiden 27% der 13-Jährigen und 33% der 11-Jährigen an Übergewicht, das in der Europäischen Region der WHO zur neuen Norm zu werden droht. Es gibt deutliche Belege für den Zusammenhang zwischen Lebensmittelwerbung und ungesunder Ernährung und Adipositas bei Kindern. Am meisten geworben wird für Lebensmittel wie Softdrinks, gesüßte Frühstücksflocken, Kekse, Süßwaren, Knabbersachen, Fertiggerichte und Fast-Food-Produkte. Markenerkennung ist ein Prozess, der schon in der frühen Kindheit beginnt. Kinder, die im Alter von vier Jahren schon mehrere Marken erkennen, tragen ein höheres Risiko in Bezug auf ungesunde Ernährung und Übergewicht. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass vor allem übergewichtige Kinder auf Lebensmittelverpackungen mit Markenzeichen mit einer Erhöhung des Konsums reagieren.

Nach dem Vorbild von Erfahrungen in der Europäischen Region gestaltet

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat sein Nährstoffprofil-Modell im Zuge ausgedehnter Konsultationen mit den Ländern der Europäischen Region entwickelt und erhielt dabei wichtige Impulse von den Ländern, die am Europäischen Aktionsnetz für die Beschränkung der Vermarktung an Kinder beteiligt sind. Das Modell orientiert sich weitgehend an den Modellen Dänemarks und Norwegens für die Beschränkung von Lebensmittelwerbung für Kinder. Das norwegische Modell wurde von den dortigen Gesundheitsbehörden entwickelt, während das dänische Modell vom Forum für verantwortungsbewusste Lebensmittelwerbung (einem Berufsverband) ausgearbeitet und dann nachträglich von der Regierung befürwortet wurde.

Mit Hilfe des Modells der WHO sollen die Länder Konzepte zur Beschränkung der Lebensmittelwerbung für Kinder entwickeln und umsetzen. Sie können es in der vorgelegten Form oder nach Anpassung an die eigenen Rahmenbedingungen auf zweierlei Weise als Grundlage für die Politikgestaltung nutzen:

  • entweder zur Bestimmung von Lebensmitteln, die mit einem Werbeverbot für Kinder belegt werden sollen,
  • oder zur Kontrolle von Art und Ausmaß der Lebensmittelwerbung.