Neuer Bericht der WHO belegt, dass Transparenz und Kooperation zur Senkung der hohen Preise für neue Medikamente beitragen
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Stephanie Brickman
Kommunikationsberater
WHO-Regionalbüro für Europa
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Hanne Bak Pedersen
Programmleiterin
Gesundheitstechnologien und Arzneimittel
WHO-Regionalbüro für Europa
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Kopenhagen, 26. März 2015
Aufgrund der steigenden Anzahl neuer Medikamente in der Europäischen Region wird es für die Regierungen immer schwieriger, sie zu bezahlen. Dies geht aus einer umfassenden Studie hervor, die heute vom WHO-Regionalbüro für Europa veröffentlicht wurde. Darin werden die Herausforderungen für die Gesundheitssysteme der Länder dargestellt, und es wird darauf hingewiesen, dass nur wenige Länder in der Europäischen Region der WHO über Mechanismen zur Bewertung der Kosteneffektivität neuer Medikamente verfügen. Dadurch werden die erforderlichen Bewertungs- und Entscheidungsprozesse beeinträchtigt.
Sowohl die Versorgung als auch die Preise neuer Medikamente werden oft in Rahmenvereinbarungen zwischen Regierungen und Pharmakonzernen geregelt, und der vorausgehende Verhandlungsprozess ist meist eher undurchsichtig. In der Studie wird den Ländern zu einer Verstärkung ihrer Zusammenarbeit und zu einem Erfahrungsaustausch geraten, um Transparenz zu erreichen und Defizite in der Preisgestaltungspolitik für Medikamente zu beseitigen.
In dem Bericht, der unter dem Titel Zugang zu neuen Medikamenten in der Europäischen Region: fachliche Überprüfung von politischen Initiativen, Chancen zur Zusammenarbeit und Forschung veröffentlicht wird, werden Ergebnisse aus insgesamt 27 Ländern dargestellt und verschiedene Ansätze untersucht, mit denen Gesundheitsbehörden in den Ländern der Europäischen Region die hohen Ausgaben für neue Medikamente zu bewältigen versuchen; dazu gehören Methoden wie restriktive Leitlinien für die Behandlung, Zielvorgaben für die Verwendung von Generika und Beschränkungen in Bezug auf den Einsatz besonders teurer Medikamente. Außerdem werden mögliche Ausrichtungen und Wahlmöglichkeiten erläutert, die den Regierungen dabei helfen können, die hohen Preise bei der Einführung neuer Medikamente zu senken.
„Unser Ziel besteht darin, den Ländern bei der Festlegung ihrer Prioritäten behilflich zu sein, damit sie aus ihren Investitionen in neue Medikamente einen möglichst großen Nutzen ziehen können. Doch letztendlich geht es darum, die Interessen der Patienten zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie nicht teure neue Medikamente erhalten, die ihnen keine oder nur wenig gesundheitliche Verbesserung bringen", erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa.
Die Zahl neuer Medikamente auf den Märkten in der Europäischen Region wächst, insbesondere für chronische Krankheiten wie Krebs, Typ-2-Diabetes und Hepatitis C. Die pharmazeutische Industrie versucht oft, für neue Arzneimittel höhere Preise durchzusetzen als für die bereits vorhandenen, um so ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung hereinzuholen. Es erweist sich für die Regierungen zunehmend als schwierig, diese hohen Preise zu bezahlen und gleichzeitig ein Gleichgewicht zwischen Erschwinglichkeit und Kosteneffektivität zu erhalten. Auch wenn in allen Teilen der Europäischen Region die Regierungen vor ähnlichen Problemen stehen, so ist doch in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen die Lage besonders problematisch, weil dort die Regulierungsmechanismen weniger entwickelt und die Gesundheitssysteme schwächer sind.
Der Bericht enthält eine Reihe wichtiger Stoßrichtungen für die Zukunft, z. B.:
- eine Stärkung der Zusammenarbeit und der Transparenz in der Politikgestaltung;
- eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Regulierungsbehörden und Pharmaherstellern;
- ein besonderes Augenmerk auf die Versorgung chronisch Kranker sowie auf hochspezialisierte Medikamente und seltene Krankheiten.
„Es ist erfreulich, dass neue Medikamente entwickelt werden, aber die nationalen Gesundheitsbehörden müssen bei Entscheidungen über den Kauf neu entwickelter Produkte auch sicher sein, dass deren Preis auch den therapeutischen Resultaten angemessen ist", erklärt Hanne Bak Pedersen, Leiterin des Programms „Gesundheitstechnologien und Arzneimittel" beim WHO-Regionalbüro für Europa. „In unserem Bericht werden Trends, Praktiken und Erkenntnisse untersucht, die zu mehr Transparenz führen und den Regierungen dabei helfen können, erfolgreicher mit der Industrie über niedrigere Preise für neue Arzneimittel zu verhandeln."
An der Ausarbeitung des Berichts waren neben dem Regionalbüro auch folgende Organisationen und WHO-Kooperationszentren beteiligt: die Gesundheits- und Sozialbehörde der Region Emilia-Romagna; Gesundheit Österreich (GÖG); die London School of Economics and Political Science; das Karolinska-Institut; die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD); und die Regierungen der Niederlande und Norwegens.