Angesichts von 1,4 Mio. Umwelttoten fordern Vereinte Nationen Handlung von Europa

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Cristiana Salvi
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 45 33 6837
E-Mail: salvic@who.int

Pressemitteilung

Ostrava, 13. Juni 2017

Das WHO-Regionalbüro für Europa, die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) fordern die politisch führenden Kräfte in Europa dazu auf, verstärkt gegen umweltbedingte Todesfälle und Erkrankungen in ihren Bevölkerungen vorzugehen.

Jedes Jahr sterben aufgrund der Umweltverschmutzung in der Europäischen Region mindestens 1,4 Mio. Menschen vorzeitig, was 15% aller Todesfälle entspricht. Die Hälfte davon gehen auf das Konto verunreinigter Außen- und Innenluft. Insgesamt büßen die Bürger der Europäischen Region durch Umweltgefahren jährlich 50 Millionen gesunde Lebensjahre ein.

„Im Zeitalter der nachhaltigen Entwicklung könnten wir jährlich 1,4 Mio. vorzeitige Todesfälle verhindern, wenn wir Gesundheit zum politischen Ziel aller Ressorts machten,“ erläutert die WHO-Regionaldirektorin für Europa Dr. Zsuzsanna Jakab. „Wir fordern die führenden Kräfte in der Europäischen Region dazu auf, diese Chance zur nachhaltigen Bewältigung der gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.“

Diese Aufforderung zum Handeln erfolgt heute anlässlich der Eröffnung der Sechsten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit in Ostrava (Tschechische Republik). Vom 13. bis 15. Juni 2017 werden dort rund 450 Delegierte aus den 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO und aus internationalen und nichtstaatlichen Organisationen zusammenkommen und eine Erklärung verabschieden, in der sie sich dazu bekennen, bis 2018 Maßnahmen gegen umweltbedingte Gesundheitsrisiken zu priorisieren.

Viele nichtübertragbare Krankheiten sind auf Umweltgefahren zurückzuführen

Umweltgefahren sind in Europa verantwortlich für rund 26% aller ischämischen Herzerkrankungen, 25% aller Schlaganfälle und 17% aller Karzinome. Kardiovaskuläre Erkrankungen auch mit tödlichem Verlauf treten aufgrund von Umweltbelastung in Ländern niedrigen und mittleren Volkseinkommens dreimal so oft auf wie in Ländern höheren Volkseinkommens.

Als tödlichster Umweltfaktor verursacht Luftverunreinigung jährlich den Verlust von rund 620 000 Menschenleben durch Verkehr, Industrie und Energieproduktion (Außenluft) sowie Öfen und Herde, schlechte Lüftung und Passivrauchen (Innenluft).

Weitere Umweltfaktoren wie chemische Verunreinigung, Lärm, Berufsrisiken, unsicheres Trinkwasser, unzureichende sanitäre Verhältnisse und Verletzungen sind gleichfalls Ursache von Tod und Erkrankung. Durchfallerkrankungen verursachen in Europa aufgrund von kontaminiertem Trinkwasser, schlechten sanitären Einrichtungen und fehlender Hygiene täglich 14 Todesfälle, was im 21. Jahrhundert nicht hinnehmbar ist. Auf unseren Straßen verunglücken jährlich 85 000 Menschen tödlich.

Finanzielle Engpässe, Ungleichheit, Extremwetter und Klimawandel, die Zunahme der nichtübertragbaren Krankheiten, das Altern der Bevölkerung, die rapide Verstädterung und das historische Ausmaß der Migration wirken sich verstärkend auf die umweltbedingten Einflüsse auf die öffentliche Gesundheit aus.

Investitionen in Städte

2015 lebten erstmals in der Geschichte der Menschen die meisten von uns in Städten. 2030 werden acht von zehn Europäern in Städten leben, wo sie vielfältigen Umweltgefahren ausgesetzt sind. Auf die schwächsten Glieder der Gesellschaft (Kinder, arme und marginalisierte Menschen und Migranten) wird sich dieses unverhältnismäßig stark auswirken.

Der neue Bericht der WHO „Umwelt und Gesundheit für europäische Städte im 21. Jahrhundert: den Unterschied bewirken“, der gemeinschaftlich mit UNECE und UNEP verfasst wurde, argumentiert für Investitionen in Städte als die treibenden Kräfte für eine Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit und den Abbau von Ungleichheiten.

„Die Städte sind für das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung aus der Agenda 2030 unverzichtbar und wir sollten unser Handeln gerade auf diese Ebene richten, wenn wir etwas für Gesundheit und Wohlbefinden tun wollen,“ sagt der Koordinator für Umwelt und Gesundheit beim WHO-Regionalbüro für Europa Dr. Srdan Matic. „Mit der Anerkennung des städtischen Beitrags durch diese Ministerkonferenz ist ein wichtiges Etappenziel erreicht und die WHO wird alle Länder der Europäischen Region in der Priorisierung ihrer Maßnahmen für mehr Gesundheit und Wohlbefinden und eine gesündere Umwelt unterstützen.“

Das Gesunde-Städte-Netzwerk der Europäischen Region der WHO und das Netzwerk Regionen für Gesundheit sind strategische Foren der lokalen Ebene, die Chancen zum Ausbau gemeinsamer Ansätze und zur Verknüpfung ökologischer, sozialer, ökonomischer und politischer Aspekte eröffnen, um letztlich mehr Gesundheit und Wohlbefinden für alle zu erreichen.

Engagement gegen umweltbedingte Todesfälle und Erkrankungen

Die Ministerkonferenz in Ostrava ist die sechste ihrer Art in einem Prozess, der vor fast 30 Jahren eingeläutet wurde mit dem Ziel, schwerwiegende umweltbedingte Gefahren für die menschliche Gesundheit zu beseitigen.

Sie wird in vom WHO-Regionalbüro für Europa in Partnerschaft mit UNECE und UNEP veranstaltet und von der Republik Tschechien ausgerichtet und soll das Herangehen der Europäischen Region an die Möglichkeiten und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts neu bestimmen. Bis 2018 sollen die Länder der Europäischen Region eigene Handlungskataloge für Umwelt und Gesundheit erstellen. Diese sollten auf ihren Prioritäten beruhen und aus sieben während der Konferenz skizzierten Bereichen ausgewählt werden: Luftqualität, Chemikaliensicherheit, Klimawandel, ökologisch nachhaltige Gesundheitssysteme, Abfallwirtschaft, Trinkwasser- und Sanitärversorgung sowie Städte.

Das Europäische Zentrum für Umwelt und Gesundheit der WHO in Bonn untermauert diesen Prozess durch Erkenntnisse, arbeitet mit den Ländern an der Umsetzung ihrer Zusagen und misst ihre Fortschritte.

Die Konferenz setzt einen ersten Meilenstein im neuen Zeitalter der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Sie wird den Rahmen für das Engagement der führenden Kräfte in Europa für Umwelt und Gesundheit abstecken, innerhalb dessen die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht und zugleich das Rahmenkonzept der Europäischen Region der WHO „Gesundheit 2020“ verwirklicht und stützende Umfelder sowie widerstandsfähige Gemeinschaften gefördert werden sollen.