Die Europäische Region führt die Rangliste zum Index Lebenszufriedenheit an, doch die WHO verweist auf Erkenntnisse, dass dies nicht für alle Menschen und nicht für die gesamte Region gilt

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Rom, Kopenhagen, 14. September 2018

Bei der jährlichen Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa in Rom werden neue Erkenntnisse zu Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen in der Europäischen Region erörtert und die Fortschritte im Hinblick auf zentrale gesundheitliche Zielvorgaben verfolgt

In der Europäischen Region ist das Gefühl von Gesundheit, Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit stärker ausgeprägt als in vielen anderen Teilen der Welt. Die meisten Menschen antworten positiv auf die Frage: „Wie zufrieden sind Sie zur Zeit mit Ihrem Leben?“ In der gesamten Europäischen Region der WHO liegt die Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 (am wenigsten zufrieden) bis 10 (am zufriedensten) durchschnittlich bei einem Wert von 6, doch zwischen den Ländern gibt es erhebliche Unterschiede: einige verzeichnen einen Wert von 5 oder darunter, während andere einige der höchsten Werte weltweit aufweisen (bis zu 7,6).

Diese Ergebnisse stammen aus dem richtungsweisenden Europäischen Gesundheitsbericht der WHO, der bei der 68. jährlichen Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa, dem beschlussfassenden Gremium der Europäischen Region der WHO, offiziell vorgestellt wird. An der Tagung, die vom 17. bis 20 September 2018 in Rom abgehalten wird, werden über 400 Gesundheitsminister und hochrangige Politiker aus den 53 Ländern der Europäischen Region teilnehmen. Dabei wird das Regionalkomitee eine Bestandsaufnahme der Fortschritte durchführen und die Prioritäten bei der Politikgestaltung planen, um die Gesundheitssituation zu verbessern und die Europäische Region in Bezug auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus „Gesundheit 2020“ sowie die Verwirklichung der gesundheitsbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Agenda 2030 auf Kurs zu halten.

„Der Bericht zeigt, dass die meisten Länder in der Europäischen Region wichtige Schritte unternommen haben, um die in „Gesundheit 2020“ enthaltenen zentralen Zielvorgaben zu erfüllen und so zur Verwirklichung der gesundheitsbezogenen SDG beizutragen“, erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Die erzielten Fortschritte sind erfreulich, aber ungleich verteilt, sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den Ländern. Daher müssen wir nun zusammenarbeiten, um die Zusagen zu erfüllen, die wir alle bei der Annahme der SDG im Jahr 2015 gemacht haben, und Gesundheit für alle zu gewährleisten.“

Darüber hinaus zeigen die neuesten Daten, dass:

  • die Europäer durchschnittlich mehr als ein Jahr länger leben als noch vor fünf Jahren. Doch zwischen den Ländern in der Region mit der höchsten und jenen mit der niedrigsten Lebenserwartung besteht noch ein Unterschied von mehr als zehn Jahren;
  • die Gesamtmortalität in sämtlichen Altersgruppen seit Beginn des Jahrtausends um 25% zurückgegangen ist;
  • insgesamt in der Europäischen Region die Zielvorgabe in Bezug auf die Senkung der vorzeitigen Mortalität aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und chronischen Atemwegserkrankungen um jährlich 1,5% bis 2020 übertroffen wird. Neuesten Daten zufolge geht die vorzeitige Mortalität jährlich um durchschnittlich 2% zurück.

Es besteht jedoch die Gefahr, dass diese Fortschritte eingebüßt werden, falls sich die gegenwärtigen Aufwärtstrends bei Übergewicht und Adipositas, Rauchen und Alkoholkonsum sowie unzureichender Durchimpfung ungebremst fortsetzen.

Die Erkenntnisse des Berichts vermitteln ein klareres Bild von den Erfahrungen und gesundheitlichen Bedürfnissen der Europäer und tragen zur Stärkung der Politikgestaltung im Bereich der öffentlichen Gesundheit bei. Die neuen Erkenntnisse werden im Mittelpunkt der Diskussionen bei der Tagung in der nächsten Woche in Rom stehen.

Höhepunkte der Tagesordnung

  • Eine neue Strategie zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Männern: Auch wenn Männer heute immer länger und gesünder leben, so besteht in Bezug auf ihre durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt immer noch ein Unterschied von 17 Jahren zwischen den Ländern: von 64 bis 81 Jahren. In manchen Ländern im östlichen Teil der Region ist das Risiko von Männern, vor Vollendung des 45. Lebensjahrs zu sterben, fünfmal so hoch wie im westlichen Teil. Das Regionalkomitee wird über neue Gesundheitskonzepte beraten, die den besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen von Männern gerecht werden und dem Ziel dienen, weit verbreitete Ungleichheiten zwischen den Ländern und innerhalb der Länder abzubauen.
  • Annahme des Aktionsplans zur Verbesserung von Vorsorge- und Bewältigungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit in der Europäischen Region der WHO: Im vergangenen Jahr wurden in der Europäischen Region über 20 000 Notsignale registriert, von denen 50 zu gesundheitlichen Notlagen erklärt wurden – das ist eine pro Woche. Ausbrüche auf anderen Kontinenten sind nicht mehr weit weg. Aufgrund des globalen Reise- und Handelsverkehrs besteht ein erhöhtes Risiko der Einschleppung und Verbreitung. Mit Hilfe des neuen Aktionsplans soll die Umsetzung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) beschleunigt werden, einem wesentlichen Instrument zur gemeinsamen Vorbereitung von Gegenmaßnahmen und zur Gewährleistung, dass bis 2023 1 Mrd. Menschen mehr weltweit wirksamer vor gesundheitlichen Notlagen geschützt sind.
  • Impfpräventable Krankheiten und Immunisierung: Der andauernde Masernausbruch, der in der gesamten Region in den ersten sechs Monaten dieses Jahres zu über 41 000 Infektionen und 37 Todesfällen geführt hat, verstärkt die Notwendigkeit der Umsetzung sofortiger, umfangreicher, situationsgerechter Maßnahmen durch die Staaten, um die weitere Ausbreitung impfpräventabler Krankheiten zu stoppen und Fortschritte auf dem Weg zur Eliminierung dieser virulenten Erkrankung zu erzielen, zu der sich die Staaten im Europäischen Impfaktionsplan verpflichtet haben.
  • Vektorkrankheiten: Durch Stechmücken und Zecken übertragene Krankheiten werden aufgrund der Globalisierung, der zunehmenden Intensität des Reise- und Handelsverkehrs sowie veränderter Witterungsbedingungen zu einer der zentralen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit in den Ländern der Europäischen Region. In Süd- und Mitteleuropa gibt es einen deutlichen Anstieg der Infektionen mit dem West-Nil-Virus. Die Länder werden ihre Umsetzung von Maßnahmen auf diesem Gebiet bewerten.
  • Gesundheitsfinanzierung: Bis zu 8% der Haushalte in der Europäischen Region können es sich nach Zahlungen aus eigener Tasche für die Gesundheitsversorgung nicht leisten, ihre grundlegenden Bedürfnisse wie Nahrungsmittel, Miete und Nebenkosten zu erfüllen. Jedes Land sollte diese Zahlungen aus eigener Tasche unter 15% der Gesamtausgaben für Gesundheit halten. Die Delegierten werden sich mit neuen Erkenntnissen zur finanziellen Absicherung in den Gesundheitssystemen der Europäischen Region befassen.

Darüber hinaus umfasst die Tagesordnung auch eine Reihe anderer Themen, die für die gesamte Region von Bedeutung sind, darunter Migration und Gesundheit, nachhaltiger städtischer Verkehr und andere.

„Die Entscheidungen, die bei der Tagung des Regionalkomitees in Rom getroffen werden, können uns helfen, unsere Bemühungen zu straffen und effizienter zu arbeiten, um schneller Ergebnisse vorweisen zu können. Sie werden die Gesundheitsminister aus der Region dabei unterstützen, ihre Zusammenarbeit mit den höchsten staatlichen Ebenen und all unseren Partnerorganisationen auszuweiten, um zu gewährleisten, dass die Gesundheit einen hohen Platz auf der politischen Tagesordnung einnimmt“, sagt Dr. Jakab.

Zentrale Ergebnisse für Italien

Der jüngste Europäische Gesundheitsbericht verdeutlicht, dass Italien vielversprechende Fortschritte bei der Erfüllung zentraler nationaler Ziele und der Zielvorgaben des Europäischen Rahmenkonzepts „Gesundheit 2020“ macht. Die Lebenserwartung bei Geburt ist in Italien die zweithöchste unter den Ländern der Europäischen Union (EU), und zwei Drittel der italienischen Bevölkerung sind eigenen Angaben zufolge bei guter Gesundheit.

„Die von der WHO aufgezeigten Indikatoren für Italien sind in Bezug auf die erwachsene Bevölkerung vielversprechend, aber weniger erfreulich in Bezug auf Jugendliche. Im Hinblick auf die Lebenserwartung stehen wir in der Europäischen Region an zweiter Stelle, doch unsere Aufmerksamkeit muss jetzt den Jugendlichen gelten. Hier gibt es Warnsignale, die wir nicht länger vernachlässigen dürfen“, sagt Giulia Grillo, die Gesundheitsministerin Italiens. „Was Infektionskrankheiten angeht, ist unser Ziel die Ausarbeitung eines neuen nationalen Impfplans auf Grundlage der epidemiologischen Situation, der durch Informationskampagnen unterstützt wird, durch die das Bewusstsein der Bevölkerung für die Notwendigkeit von Impfungen geschärft werden soll. Bei alledem darf man jedoch nicht die Nachhaltigkeit eines Gesundheitssystems aus den Augen verlieren, das ausreichende und angemessene Angebote für die Bevölkerung gewährleistet.“

Die Bemühungen italienischer Erwachsener um eine Beschränkung der negativen Folgen von Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und Adipositas sind vielversprechend und haben dort zu gesundheitlichen Resultaten geführt, die zu den positivsten in der gesamten Europäischen Region zählen. Die Resultate für viele Jugendliche sind jedoch deutlich weniger erfreulich, und wenn nichts unternommen wird, könnten diese die Fortschritte in Zukunft verlangsamen oder gar rückgängig machen. Einzelheiten:

  • Während die Zahl der rauchenden Erwachsenen zurückgegangen ist und leicht unter dem EU-Durchschnitt liegt, ist die Zahl der Raucher unter Jugendlichen so hoch wie sonst nirgendwo in der EU.
  • Ein Fünftel aller italienischen Erwachsenen ist adipös und 26% der 15-jährigen Jungen sind entweder übergewichtig oder adipös.

Im Bereich der übertragbaren Krankheiten bedarf es weiterer Maßnahmen:

  • Italien meldet mit das höchste Niveau an Antibiotikaresistenzen in der EU.
  • Die Durchimpfung liegt unter der in den WHO-Leitlinien festgelegten Zielvorgabe von 95%. Italien ist eines der Länder in der Region, die von dem gegenwärtigen Masernausbruch am stärksten betroffen sind.

Die WHO wird auch in Zukunft mit der italienischen und allen anderen Regierungen in der Europäischen Region zusammenarbeiten und sie auf dem Weg zu mehr Gesundheit für die gesamte Bevölkerung unterstützen.