Erklärung – Es ist möglich, die COVID-19-Epidemie zurückzudrängen: WHO-Regionaldirektor für den Westlichen Pazifikraum

Erklärung von Dr. Takeshi Kasai, WHO-Regionaldirektor für den Westlichen Pazifikraum, zum COVID-19-Ausbruch in der WHO-Region Westlicher Pazifikraum

Informationsveranstaltung für das diplomatische Corps in Dänemark und Diskussion zum Thema COVID-19 auf Einladung des WHO-Regionalbüros für Europa
(Manila, 19. März 2020)

Exzellenzen, sehr geehrte Amtskollegen,

vielen Dank für die Gelegenheit, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

Wie Sie alle wissen, wurden die ersten Fälle dieses Virus am letzten Tag des vergangenen Jahres aus meiner Region gemeldet. Heute befinden sich die Länder der Region Westlicher Pazifikraum in allen verschiedenen Stadien der Epidemie. Dies spiegelt die außerordentliche Diversität unserer Mitgliedstaaten wider.

Doch in welchem Stadium sie sich auch befinden, haben sich alle Länder mit enormem Einsatz darum bemüht, Vorsorgemaßnahmen für den COVID-19-Ausbruch zu treffen und diesen zu bekämpfen; gestatten Sie mir deshalb, einige Überlegungen aus unserem Teil der Welt beizusteuern:

Das Wichtigste zuerst: Es ist möglich, diese Epidemie zurückzudrängen. Heute hat China erstmals keine neuen Fälle lokaler Übertragung mehr gemeldet, auch wenn noch einige eingeschleppte Fälle entdeckt und gemeldet wurden. Am Höhepunkt der Epidemie im vergangenen Monat waren es noch 3800 neue Fälle an nur einem Tag. Ebenso ist es auch der Republik Korea, Japan und Singapur gelungen, ihre Epidemien zu verlangsamen, sodass sie seit Wochen deutlich niedrigere tägliche Fallzahlen verzeichnen.

Damit haben in meiner Region nach heutigem Stand insgesamt 16 Länder und Gebiete COVID-19-Fälle gemeldet. Die meisten von ihnen verzeichnen örtliche Häufungen von Fällen, auch wenn diese manchmal groß ausfallen. Sie bemühen sich um eine umfassende Rückverfolgung von Kontakten, eine aktive Surveillance, die Isolierung von Erkrankten und die Zusammenstellung von Daten. Aufgrund der Ermittlung von Kontaktpersonen und der vielschichtigen Surveillance gibt es keine starken Anzeichen für eine weit verbreitete Übertragung in der Region Westlicher Pazifikraum.

Wir wissen, dass es mit aggressiven Maßnahmen möglich ist, das Virus zurückzudrängen. Aber wir sind uns auch im Klaren darüber, dass es hier keinen allgemein gültigen Ansatz gibt. Vielmehr ist die Lage von Land, manchmal sogar innerhalb von Ländern, unterschiedlich. Die Gegenmaßnahmen müssen jeweils sorgfältig auf die Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten sein, und wir müssen in unserem Handeln flexibel bleiben.

Dennoch ist ein Faktor all diesen Umfeldern gemeinsam: die Notwendigkeit einer Mobilisierung der gesamten Gesellschaft – von der obersten Ebene mit einem starken Engagement der Politik aus den Hauptstädten bis zu entlegenen Gemeinschaften, die ebenfalls ein Gefühl der Eigenverantwortung spüren müssen.

Zweitens macht es der COVID-19-Ausbruch wie viele andere Bedrohungen für die Gesundheit erforderlich, ein besonderes Augenmerk auf die gefährdeten Personen zu richten. Das gilt natürlich in erster Linie für die besonders anfälligen Gruppen, also ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen. Verstärkt gefährdet sind aber auch die Gesundheitsberufe, die nicht nur dem Virus am stärksten ausgesetzt sind, sondern auch den wichtigsten Bestandteil der Gegenmaßnahmen bilden.

Drittens: Auch wenn wir auf die unmittelbar vor uns liegende Bedrohung reagieren müssen, so müssen wir doch auch einen Schritt voraus denken und uns für eine Reihe verschiedener Szenarien rüsten. Dies gilt insbesondere für die Phasen, in denen wir Gewicht auf die Ermittlung von Kontaktpersonen und die Eindämmung legen, was uns eine großartige Gelegenheit zur Vorbereitung unserer Gesundheitssysteme auf eine weit verbreitete Übertragung in der Bevölkerung gibt, wenn wir diese Zeit gut nutzen.

Wie bereits gesagt, sind die Gegebenheiten immer unterschiedlich, und ich will nicht behaupten, dass das, was in einigen asiatischen Ländern funktioniert hat, auch überall in Europa funktionieren würde. Damit wäre ich bei meinem letzten Punkt angelangt: Heute ist es mehr denn je Zeit für internationale Solidarität und Kooperation, wie schon mein Amtskollege aus der Europäischen Region unterstrichen hat. Wir wissen um das Vermögen der Europäischen Region, an einem Strang zu ziehen, und ich versichere Ihnen, dass die Länder unserer Region entschlossen sind, Europa auf jede mögliche Weise zu unterstützen, wie wir auch Ihre tatkräftige Unterstützung zu schätzen wissen. In dieser Situation ist jeder Europäer ein Asiate und jeder Asiate ein Europäer.

Dies gilt natürlich auch für unsere interne Zusammenarbeit innerhalb der WHO. Ich stehe in sehr engem Kontakt mit meinen beiden Amtskollegen, Dr. Kluge und Dr. Moeti; wir tauschen Erfahrungen und Personal aus und sehen uns als ein Team bei der Bekämpfung des COVID-19-Ausbruchs, zusammen mit unseren Kollegen beim WHO-Hauptbüro.

Wir alle stehen vor einer großen Bewährungsprobe, aber ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam die Situation bewältigen und aus ihr gestärkt hervorgehen werden.