Erklärung anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz zu COVID-19

Dr. Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa

Rom, 26. Februar 2020

Guten Morgen. Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, ein paar Worte zu sagen.

Ich möchte dies zum Anlass nehmen, Ihnen einen kurzen Überblick über die aktuelle Lage zu geben. Mit Stand heute gibt es in 34 Ländern über 80 000 Fälle von COVID-19. In den letzten 24 Stunden haben vier weitere Mitgliedstaaten – Afghanistan, Bahrain, der Irak und Oman – Fälle von COVID-19 gemeldet. 97% der Fälle werden aus China gemeldet und unsere Gedanken sind bei all jenen Familien und Gemeinden, die dort von der Krankheit betroffen sind, sowie bei den Gesundheitsfachkräften und Behörden, die sich in unermüdlichem Einsatz um die Behandlung und den Schutz ihrer Bevölkerung bemühen.

Auch hier in der Europäischen Region sind Gemeinden betroffen, allen voran in Italien, wo – wie Ihnen bekannt ist – in nur wenigen Tagen ein rasanter Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen war, von denen einige keine klaren epidemiologischen Verbindungen wie etwa Reisen nach China oder der Kontakt mit bestätigten Fällen aufweisen.

Dies stellt die italienischen Behörden vor eine beträchtliche Herausforderung. Mir wurde persönlich versichert, dass Ihre Mitbürger sich gemeinsam nach Kräften darum bemühen, die Übertragung der Krankheit einzudämmen und zu verhindern.

Die italienischen Behörden haben Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterübertragung ergriffen, die der gegenwärtigen globalen Strategie zur Eindämmung der Krankheit entsprechen. In diesem Zusammenhang musste die italienische Führungsriege einige schwierige Entscheidungen treffen und die Gesundheit über den wirtschaftlichen Wohlstand stellen. Es waren schwere Entscheidungen, aber sie waren richtig.

Ihre Last ist die Last der Europäischen Region und deshalb bin ich heute hier.

  • Ich danke dem italienischen Gesundheitsministerium für den herzlichen Empfang des gemeinsamen Expertenteams von WHO und ECDC hier in Rom. Wir werden unser Möglichstes tun, um die italienischen Behörden zu unterstützen, und ich möchte Ihnen versichern, dass wir rund um die Uhr arbeiten. Nach Eröffnung der Sitzung am gestrigen Tag haben wir unsere Zusammenarbeit in Bereichen wie klinisches Management, Infektionsprävention und -bekämpfung, Surveillance und Risikokommunikation näher definiert. Wir werden uns mit Experten des Gesundheitsministeriums und des Staatlichen Gesundheitsinstituts Istituto Superiore di Sanità zusammensetzen, um Informationen und Daten zu analysieren, wir werden mit den betroffenen Gebieten zusammenarbeiten und wir werden mit Rat und Tat zur Seite stehen, in dem gemeinsamen Bestreben, COVID-19 Einhalt zu gebieten.
  • Bei der WHO bemühen wir uns nach Kräften darum, die globalen Vorsorge- und Gegenmaßnahmen im Kampf gegen COVID-19 in jedem einzelnen Land zu koordinieren. Als Regionaldirektor des WHO-Regionalbüros für Europa war ich seit dem Wochenende in engem Kontakt mit der Europäischen Kommission und den italienischen Behörden auf nationaler und regionaler Ebene sowie mit dem italienischen Gesundheitsministerium.

Im Kampf gegen diese Krankheit und ihre Ausbreitung sollten wir aus den Erfahrungen hier in Italien lernen. Ihre Erfahrungen, so schwierig sie auch sind, sind für unser Verständnis für diese Krankheit und ihre Bewältigung von unschätzbarem Wert. Die von COVID-19 ausgehende Last tragen wir gemeinsam. Sie erfordert eine kollektive Reaktion von nah und fern, unabhängig davon, ob man heute bereits unmittelbar betroffen ist oder nicht.

Jeder muss seinen Beitrag leisten.

Ich möchte Ihnen ein paar kurze Botschaften mit auf den Weg geben:

An das italienische Volk: Schützen Sie sich und andere vor Krankheit, indem Sie sich an die Empfehlungen Ihrer Gesundheitsbehörden halten, und bleiben Sie auf Reisen gesund. Hierzu zählt etwa:

  • die Hand- und Atemhygiene sowie die Einhaltung eines sicheren Abstands von erkrankten Personen;
  • die Einholung von Auskünften und Informationen über offizielle Kanäle;
  • die Vermeidung von Stigmatisierung und Diskriminierung anderer Menschen aufgrund ihrer Herkunft.

An die Beschäftigten im Gesundheitswesen: Sie sind die Helden im Kampf gegen diese Krankheit. Sie sind größeren Risiken ausgesetzt und benötigen daher entsprechende Ausrüstung und entsprechende Schulungen, um sich selbst zu schützen und auch weiterhin andere Menschen retten zu können.

An die Vertreter der Medien: Sie spielen eine entscheidende Rolle. Es ist jetzt eine genaue Berichterstattung gefragt, die sich auf offizielle Quellen stützt. Ihre Rolle im Falle eines Ausbruchs ist es nicht, einer Story nachzujagen. Sie besteht darin, im öffentlichen Interesse zu handeln. Ihre Handlungen haben in jeglicher Hinsicht Auswirkung auf das öffentliche Gesundheitswesen. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens Ihrer Mitbürger.

An die Regierungen Europas: Seien Sie gewappnet. Es gilt, mögliche Fälle von COVID-19 zu identifizieren und entsprechende Tests durchzuführen, Patienten mit Würde und Mitgefühl zu behandeln, eine weitere Übertragung zu verhindern und die Kommunikation mit der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten.

An die Regierung Italiens: Ich bitte Italien eindringlich, seine Vorreiterrolle und seine Entschlossenheit im Kampf gegen das Virus fortzuführen und dabei in synergetischem Zusammenwirken sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene vorzugehen, zu lernen, zu reagieren und sich auszutauschen.

Sie leisten gegenwärtig gute Arbeit, doch Sie müssen diese Bemühungen aufrechterhalten, damit niemand zurückgelassen wird, denn letztendlich ist Gesundheit eine Frage des politischen Willens.

Das WHO-Regionalbüro für Europa forciert seine Anstrengungen für das europäische Volk gemeinsam mit Führungsriege und Partnerorganisationen. Jetzt ist globale Solidarität gefragt, denn wir können dieser Bedrohung nur Herr werden, wenn wir gemeinsam handeln.