Bericht über die Tätigkeit des WHO-Regionalbüros für Europa

Zsuzsanna Jakab
WHO-Regionaldirektorin für Europa

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Exekutivpräsident, sehr geehrte Frau Gene-raldirektorin, liebe Freunde, meine Damen und Herren,

Zu der diesjährigen Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa begrüße ich Sie herzlich. Gleich zu Anfang möchte ich unsere Entschlossenheit bekräftigen, unsere Anstrengungen zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden unserer Bürger fortzusetzen und eine ge-rechtere Verteilung von Gesundheit in der Europäischen Region der WHO anzustreben, wie wir es im vergangenen Jahr auf der Tagung in Moskau gemeinsam beschlossen haben. Auch wenn sich die Lebenserwartung in unserer Region in den letzten 20 Jahren kontinuierlich er-höht hat, so möchten wir doch diesen Trend und damit den Abbau von Ungleichheiten fort-setzen. Mit dem Wissen und den Erkenntnissen, über die wir heute verfügen, können wir mehr tun – und mehr erreichen.

Gestatten Sie mir zunächst einmal, unsere gemeinsamen Erfolge und Vorhaben zu erläutern und dann auf die dringendsten bevorstehenden Herausforderungen sowie die Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung einzugehen. Dabei möchte ich nicht ausführlich über unsere Erfolge und Errungenschaften berichten – dazu sei auf meinen Bericht verwiesen –, sondern mich hier primär auf die noch vor uns liegenden Herausforderungen konzentrieren.

Davor jedoch möchte ich den Norwegern unser tiefes Mitgefühl angesichts der tragischen Ereignisse im vergangenen Sommer zum Ausdruck bringen, bei denen so viele unschuldige Menschen zu Tode gekommen sind. Unsere Gedanken sind bei all jenen, die ihr Leben verlo-ren haben, und bei ihren Angehörigen. Auch innerhalb der WHO haben wir drei geschätzte Kollegen verloren, die einem feigen Anschlag auf das Büro der Vereinten Nationen in Abuja (Nigeria) zum Opfer fielen. Unser Mitgefühl gilt auch all denjenigen in unserer Region, die in anderen Krisensituationen ihr Leben verloren haben oder verletzt wurden.

Zunächst einmal möchte ich auf die Bedrohung unserer Region durch gesundheitliche Gefah-ren eingehen, die wir seit der Tagung des Regionalkomitees im vergangenen Jahr erfolgreich bewältigt haben, und dabei mit den Krisensituationen und gesundheitlichen Notlagen sowie den häufigsten übertragbaren Krankheiten beginnen.

Sie alle wissen, dass in einer Notlage die Bürger von den zuständigen Gesundheitsbehörden möglichst schnelle und effektive Gegenmaßnahmen erwarten. Bei solchen Ereignissen können die Mitgliedstaaten immer auf die Unterstützung der WHO zählen.

Die Krise in Nordafrika hat gezeigt, dass sich das Thema Migration und Gesundheit zu einer neuen Priorität entwickelt. Deshalb hat Italien im April in Rom eine Ministertagung einberu-fen, auf der es um eine Abstimmung der Maßnahmen zugunsten der Flüchtlinge aus Nordaf-rika ging. Der von mir damals auf der Tagung vorlegte Entwurf des Aktionsplans wurde un-mittelbar im Anschluss daran fertig gestellt; mit seiner Umsetzung wurde umgehend begon-nen, und als Endergebnis wird ein beim Regionalbüro angesiedeltes langfristiges Programm über Migration und Gesundheit angestrebt.

Doch Krisen ereignen sich nicht nur in den Mitgliedstaaten. In den vergangenen zwölf Mona-ten befand sich auch das Regionalbüro selbst an seinem Hauptsitz zeitweise im Ausnahmezu-stand. Nach der Überschwemmung kurz vor dem Regionalkomitee im letzten Jahr haben wir im Juli und August diesen Jahres noch zwei weitere Überschwemmungen erlebt. Es war ein sehr schwieriger Sommer für uns.

Unser Krisenstab hat unter meiner Führung Sofortmaßnahmen ergriffen, um die Sicherheit der Bediensteten, die Kontinuität unserer Arbeit, eine Sanierung der Gebäude und eine schnellstmögliche Wiedereröffnung des Büros zu gewährleisten. Gleichzeitig haben wir zu-sammen mit der dänischen Regierung nach kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen gesucht.

An dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Mitarbeitern für ihren außerordentlichen Einsatz in dieser schwierigen Phase und bei den dänischen Behörden für die zügige Veranlassung von Sofortmaßnahmen und die zusammen mit uns entworfenen langfristigen Pläne zur Vermeidung ähnlicher Überschwemmungen in Zukunft bedanken. Wir freuen uns, dass eine vollständige Umsetzung dieser Pläne bis 1. Oktober 2011 vorgesehen ist.

Das Regionalbüro erledigt sämtliche Aufgaben in Bezug auf Not- und Krisensituationen nach Maßgabe der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Wir verfolgen ständig alle Er-eignisse in der Region, die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben könn-ten. Im Zeitraum 2010–2011 haben wir mit den Mitgliedstaaten etwa drei oder vier Ereignisse pro Woche überprüft; dies zeigt, dass die Europäische Region weiterhin wachsam sein muss, und unterstreicht gleichzeitig die Bedeutung und Dringlichkeit einer vollständigen Umsetzung der IGV in unserer Region. Zu unseren Prioritäten gehört auch weiterhin die Un-terstützung der Mitgliedstaaten bei der Einrichtung bzw. Stärkung ihrer IGV-Kernkapazitäten bis Juni 2012; dies geschieht in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und anderen Institutionen und Organisationen.

Im vergangenen Jahr habe ich Ihnen über den bedauerlichen Ausbruch des Polio-Wildvirus in Tadschikistan berichtet, der dann auf drei weitere Länder übergriff, nämlich Kasachstan, die Russische Föderation und Turkmenistan, und bei dem 30 Menschen ihr Leben verloren und weitere 475 Lähmungen erlitten. Seitdem haben die betroffenen Länder mit Unterstützung von der WHO und unseren Partnerorganisationen ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der letzte Fall wurde im September 2010 gemeldet. Die betroffenen Mitgliedstaaten und ihre Nachbar-länder haben in äußerst erfolgreichen und aufeinander abgestimmten Impfkampagnen insge-samt 45 Mio. Dosen des oralen Polioimpfstoffs verabreicht. Unter der Führung der WHO und mit starker Unterstützung von globalen Partnern wie dem Kinderhilfswerk der Vereinten Na-tionen (UNICEF) konnten wir mehr als 9 Mio. US-$ für diese Maßnahmen mobilisieren.

Darüber hinaus freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Regionale Zertifizie-rungskommission für die Eradikation der Poliomyelitis in der Europäischen Region die Zerti-fizierung unserer Region als poliofrei bestätigt hat, wobei sie jedoch auch davor warnt, dass weiterhin in neun Mitgliedstaaten im Falle einer Einschleppung des Polio-Wildvirus ein hohes Übertragungsrisiko besteht. Ich hoffe, Sie werden sich die Karte im Foyer ansehen, auf der der Status Ihres Landes vermerkt ist, denn es gilt, wachsam zu sein und unsere Anstren-gungen so lange fortzusetzen, bis eine weltweite Eradikation der Poliomyelitis erreicht ist. Meinen herzlichen Dank an die beteiligten Minister in den benachbarten und betroffenen Ländern für ihre großartige Führungskompetenz und Zusammenarbeit.

Ebenso benötigen wir Ihr volles Engagement und Ihre ganze Führungskompetenz auch bei der Bekämpfung der großen Masernausbrüche in der Region. Wir müssen die Anstrengungen zur Erfüllung der im letzten Jahr vom Regionalkomitee festgelegten Zielvorgaben für die Eliminierung von Masern und Röteln intensivieren. Die in hohem Maße erfolgreiche Europä-ische Impfwoche, an der sich in diesem Jahr 52 Länder beteiligten, stellt hierbei ein geeigne-tes Instrument dar. Aserbaidschan hat auf diesem Gebiet große Fortschritte erzielt.

Als Nächstes möchte ich auf drei weitere besorgniserregende Probleme für unsere Region zu sprechen kommen, aber auch von einem großen Erfolg berichten. Unsere Region steht schon immer in vorderster Front bei der Prävention und Bekämpfung der Tuberkulose, doch nun droht ihr ein besorgniserregendes Problem: die multiresistenten und extensiv resistenten Formen der Tuberkulose (MDR/XDR-Tb). Deshalb habe ich ein Sonderprojekt zur Prävention und Bekämpfung der MDR- und XDR-Tb eingerichtet, das sich auch speziell mit dem bisher weitgehend vernachlässigten Problem der Tuberkulose im Kindesalter beschäftigt. Um die Anstrengungen zu verstärken und eine umfassende Antwort auf die Bedrohung durch MDR- und XDR-Tb mit gezielten Maßnahmen zu ihrer Prävention und Bekämpfung zu ermöglichen, wird dem Regionalkomitee ein Konsolidierter Aktionsplan für den Zeitraum 2011–2015 zur Annahme vorgelegt.

Europa hat am 1. Juli als erste Region der WHO ein so genanntes „Green Light Committee“ eingerichtet, das inzwischen seine Arbeit aufgenommen hat und über die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Pläne zur Bekämpfung von MDR-Tb wachen und diese unterstützen wird. Das Regionalbüro steht hierbei in enger Zu-sammenarbeit mit all seinen Partnern, namentlich dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria und den EU-Institutionen im Rahmen der Partnerschaft “Stopp der Tb”. Da der Konsolidierte Aktionsplan zusammen mit unseren Mitgliedstaaten und Partnern ausgearbeitet wurde, werden wir ihn auch gemeinsam bzw. in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten umsetzen.

Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass sich in den Ländern Osteuropas und Zentral-asiens die Zahl der mit HIV lebenden Menschen seit dem Jahr 2000 verdreifacht hat. Von HIV sind vor allem gesellschaftliche Randgruppen betroffen, deren Verhalten sozial stigmati-siert oder kriminalisiert wird. Für diese Bevölkerungsgruppen wird der Zugang zu Angeboten im Bereich HIV durch strukturelle Hindernisse erschwert, und nicht alle Mitgliedstaaten ha-ben hier die evidenzbasierten Strategien schon vollständig umgesetzt. So gehören die Länder Osteuropas und Zentralasiens leider zu denjenigen mit den niedrigsten Raten für den Zugang zur antiretroviralen Therapie (ART) – trotz der Tatsache, dass sich diese als ein wesentlicher Einflussfaktor bei der HIV-Prävention erwiesen hat. Neueste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ART bei Paaren mit einem HIV-positiven Partner zu 96% vor einer hetero-sexuellen Übertragung des Virus schützt. Dies ist ein weiteres Argument für eine Verbesse-rung des Zugangs zu ART und eine Ausweitung von Frühdiagnose und Behandlung von HIV.

Um dieser Situation entgegenzuwirken, werden wir dem Regionalkomitee am Donnerstag den Europäischen Aktionsplan HIV/Aids (2012–2015) vorlegen, dessen Zielsetzung darin besteht, bis 2015 die Ausbreitung von HIV in der Europäischen Region einzudämmen und eine Trendwende einzuleiten und einen allgemeinen Zugang zu Prävention, Diagnose, Be-handlung und Pflege im Bereich HIV herzustellen.

Eine weitere wachsende Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung ist die antimikro-bielle Resistenz, die auch das Thema des Weltgesundheitstages 2011 war. Damals haben wir eine Reihe öffentlichkeitswirksamer Aktionen in allen Teilen der Region unterstützt, darunter den offiziellen „Startschuss“ in Moskau, sowie ähnliche Veranstaltungen in Kopenhagen, Straßburg, Rom, Kiew und London. Wir haben außerdem ein Buch über Antibiotikaresisten-zen aus der Perspektive der Lebensmittelsicherheit veröffentlicht.

Es handelt sich um ein Problem von enormen Ausmaßen, das von komplexen Faktoren beein-flusst wird, darunter der Missbrauch von Antibiotika (nicht nur beim Menschen, sondern auch in der Landwirtschaft), unzureichende Vorschriften und ein mangelndes Bewusstsein in vielen Ländern. Leider sind derzeit keine neuen Arzneimittel in der Entwicklung, doch wir dürfen diese hochwirksame Waffe im Kampf gegen Infektionskrankheiten nicht verlieren.

Deshalb hat das Regionalbüro einen Strategischen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibio-tikaresistenzen in der Europäischen Region ausgearbeitet, der Ihnen am Donnerstag vorgelegt wird. Er knüpft an der Arbeit der WHO zur Vorbereitung des Weltgesundheitstages 2011, aber auch an der hervorragenden Arbeit der EU auf diesem Gebiet an.

Doch nun zu der Erfolgsgeschichte. In der gesamten Europäischen Region der WHO wurden außerordentliche Fortschritte auf dem Weg zur Eliminierung der Malaria erzielt, so dass wir nun auf bestem Wege sind, das in der Erklärung von Taschkent festgelegte Ziel einer Elimi-nierung der Malaria bis zum Jahr 2015 zu erreichen. 2010 wurden aus nur fünf Ländern der Europäischen Region nur noch insgesamt 176 örtlich entstandene Malariafälle gemeldet. Turkmenistan wurde im vergangenen Jahr als malariafrei zertifiziert, und wir hoffen, dass Armenien bis Ende 2011 ebenfalls eine Zertifizierung erhält. Auch für Georgien sind die Ex-perten zuversichtlich, dass dort 2010 eine Unterbrechung der Übertragung von Malaria ge-lungen ist. Erwähnen möchte ich nicht zuletzt auch die Erfolge unseres Gastgeberlandes Aserbaidschan in seinen Bemühungen um Eliminierung der Malaria.

Als Nächstes möchte ich auf die enorme Krankheitslast in der Europäischen Region zu spre-chen kommen – die „stillen Killer“, die sich infolge der Entwicklung unserer Kultur sowie aufgrund von Rahmenbedingungen und politischen Konzepten ausbreiten, die ungesunde Verhaltensweisen begünstigen.

Wie Sie wissen, stellt die Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten in jedem einzelnen unserer Länder die größte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Von den sechs WHO-Regionen teilen sich Europa und Gesamtamerika die zweifelhafte Ehre, den höchsten Anteil an Todesfällen infolge von nichtübertragbaren Krankheiten und Unfallverletzungen zu haben. Darüber hinaus liegt die Region Europa bei nahezu allen Risikofaktoren an erster Stel-le.

Doch gleichzeitig ist die Europäische Region auch bei der Prävention und Gesundheitsförde-rung führend, und unsere Erfahrungen deuten darauf hin, dass wir in dem Zeitrahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Europäischen Strategie zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (2012–2016), der Ihnen auf dieser Tagung des Regionalkomitees vorgelegt wird, messbare Fortschritte erzielen können. Der Aktionsplan basiert auf Erkenntnissen aus der gesamten Welt, nach denen die Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten keine chronische Belastung auf Ebene der Bevölkerung ist. Vielmehr konnten zahlreiche Länder und Projekte in der Europäischen Region schnelle Erfolge verzeichnen, etwa den zügigen Rückgang der Zahl der Todesfälle infolge ischämischer Herzerkrankungen in den letzten beiden Jahrzehnten.

In den zwölf Monaten seit der letzten Tagung des Regionalkomitees konnten – in der Europä-ischen Region wie weltweit – außergewöhnliche Fortschritte im Kampf gegen nichtübertrag-bare Krankheiten erzielt werden. Die Konsultation der Europäischen Region in Oslo hat eine dynamische Debatte in Gang gebracht, aber auch zu einem grundlegenden Konsens hinsicht-lich der globalen Bedeutung nichtübertragbarer Krankheiten geführt. Die Ergebnisse dieses Prozesses werden als Beitrag der Region in die nächste Woche stattfindende Tagung der Ver-einten Nationen auf hoher Ebene zum Thema nichtübertragbare Krankheiten einfließen. Die führende Rolle der Europäischen Region kam auch bei der Ausarbeitung der Erklärung von Moskau auf der ersten globalen Ministerkonferenz über gesunde Lebensführung und die Be-kämpfung nichtübertragbarer Krankheiten deutlich zum Ausdruck. Diese enthält eine Hand-lungsverpflichtung, die in erheblichem Maße die Grundlage unseres Aktionsplans bildet.

Zur Umsetzung der Europäischen Strategie zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragba-rer Krankheiten, die 2006 einstimmig gebilligt wurde, ist nun ein konkreter Aktionsplan vor-gesehen. Seine Zielsetzung besteht darin, eine messbare Wirkung in Bezug auf die Epidemie und ihre Determinanten in unserer Region herbeizuführen. Diese Diskussion steht am Mitt-woch auf der Tagesordnung. Der Aktionsplan wird vollständig im Einklang mit der Ab-schlusserklärung der Tagung der Vereinten Nationen stehen, aber mit einem Unterschied: Die Festlegung von Zielvorgaben ist nicht mehr vorgesehen, und so wird das auch bei uns sein.

Ich bin überzeugt, wir können hier auf den stolzen Traditionen und guten Erfahrungen in un-serer Region aufbauen. Mit der Zustimmung der Weltgesundheitsversammlung zur Erklärung von Moskau, der Veröffentlichung des Globalen Sachstandsberichts 2010 zum Thema nicht-übertragbare Krankheiten im April und der Tagung auf hoher Ebene der Vereinten Nationen sind nun die Voraussetzungen für eine gelungene Umsetzung des Aktionsplans gegeben, der – wie ich hoffe – vom Regionalkomitee angenommen wird.

Ein weiterer vorrangiger Themenbereich ist die psychische Gesundheit; mit diesem Thema wollen wir uns im kommenden Jahr auf dem Regionalkomitee näher beschäftigen. Die Au-ßenstelle des Regionalbüros in Athen zum Thema nichtübertragbare Krankheiten, die von der griechischen Regierung finanziert und noch in diesem Monat eingeweiht wird, soll eine wei-tere Stärkung der Kompetenz in diesem bedeutenden Handlungsfeld bewirken. Ich danke der griechischen Regierung für ihr Engagement und ihre Unterstützung.

Nun möchte ich auf die Exposition gegenüber bestimmten Determinanten von Gesundheit eingehen, die die Entstehung von Erkrankungen entweder begünstigen oder verhindern. Nichtübertragbare Krankheiten entstehen durch eine komplexe, doch inzwischen durchaus geklärte kausale Abfolge, bei der an verschiedenen Punkten Interventionen möglich sind. Die vier Krankheiten, auf die wir uns hier konzentrieren, und ihre biologischen Risikofaktoren ergeben sich aus einer Reihe veränderbarer Verhaltensweisen, die sozial bedingt sind, sowie im Rahmen übergeordneter weltweiter Trends aus der zunehmenden Verstädterung und der Bevölkerungsalterung.

Deshalb müssen unsere Lösungen auf regionaler wie nationaler Ebene an mehr als nur einem Punkt in diesem Ursachengeflecht ansetzen. Wir müssen in Bezug auf die Folgen der vier Krankheiten Abhilfe schaffen, insbesondere für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Wir müssen gleichermaßen auf Verhaltensweisen und Risikofaktoren Einfluss nehmen, und wir müssen konsequent an den sozialen und umweltbedingten Determinanten nichtübertrag-barer Krankheiten ansetzen, wie wir dies im Rahmen unserer Arbeit an der neuen europäi-schen Gesundheitspolitik tun. Das WHO-Regionalbüro für Europa hat sich stets entschlossen für eine Thematisierung dieser Determinanten eingesetzt und nimmt auf diesem Gebiet in Eu-ropa durch die Arbeit seiner Büros in Venedig, Rom, Bonn und nun Athen eine führende Rolle ein.

Unser übergeordnetes Ziel muss es sein, sektorübergreifend politische Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen die gesunde Wahl leicht gemacht wird, wie in der Charta von Otta-wa zur Gesundheitsförderung propagiert. Dies entspricht auch dem von der finnischen EU-Präsidentschaft so energisch verfolgten Grundsatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“, hinter dem wir uneingeschränkt stehen.

Bei der Bekämpfung des Tabakkonsums konnte die Europäische Region im Zeitraum 2010–2011 gute Fortschritte erzielen, und zahlreiche Länder sind dem Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) beigetreten und haben seitdem weitrei-chende Rauchverbote eingeführt. Es ist eine Ehre für unsere Region, dass die Generaldirekto-rin der WHO dem griechischen Ministerpräsidenten einen besonderen Preis verliehen hat, mit dem seine Führungsstärke bei der Realisierung eines gesamtstaatlichen Konzeptes zur Ta-bakbekämpfung gewürdigt wurde, bei dem er von seinem Minister für Gesundheit und sozia-le Solidarität, Herrn Loverdos, äußerst tatkräftig unterstützt wurde.

Und es gibt noch eine Determinante, bei der es nun Zeit für schnellere Fortschritte ist, näm-lich Alkoholkonsum. Wir brauchen ein erneuertes Engagement zur Bekämpfung des schädli-chen Alkoholkonsums, des nach dem Rauchen zweitwichtigsten Risikofaktors in unserer Re-gion in Bezug auf Todesfälle und Behinderung. Der vom Regionalbüro im Januar 2011 veröf-fentlichte Europäische Sachstandsbericht „Alkohol und Gesundheit 2010“ spricht in dieser Beziehung eine klare Sprache. Deshalb wurde der Europäische Aktionsplan zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums (2012–2020) ausgearbeitet, der in vollem Umfang mit der globalen Strategie und der Resolution der Weltgesundheitsversammlung vereinbar ist. In dem Aktionsplan wird eine Vielzahl evidenzbasierter Handlungsoptionen zu Ihrer freien Auswahl vorgeschlagen. Die wichtigsten Ansatzpunkte für Grundsatzmaßnahmen in den Aktionsplä-nen gegen Alkoholkonsum und nichtübertragbare Krankheiten sind sektorübergreifender Na-tur und umfassen eine Reihe regulatorischer Fragen.

Die Fünfte Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit in Parma (Italien) hat der Tätigkeit des Regionalbüros in diesem wichtigen Themenfeld neue Impulse verliehen und die Steue-rung im Prozess Umwelt und Gesundheit in Europa gestärkt. Hierbei konnte auf der ausge-zeichneten und lange bewährten Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Politikbereichen aufgebaut werden. Dies führte zur Einsetzung des Europäischen Ministerausschusses für Umwelt und Gesundheit, auf dessen erster Tagung im Mai 2011 in Paris vereinbart wurde, wie die Fortschritte bei der Verwirklichung der Verpflichtungen und Zielvorgaben aus der Erklärung von Parma überwacht werden sollen. Im Oktober findet auf Einladung Sloweniens eine Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit statt, in der die nationalen Ansprechpartner und die maßgeblichen Interessengruppen und Partnerorganisatio-nen vertreten sind, die die Umsetzung der Verpflichtungen von Parma auf der nationalen Ebene steuern.

Zusammen mit anderen Organisationen der Vereinten Nationen beteiligt sich das Regionalbü-ro an der Ausarbeitung des Berichts der Europäischen Region über nachhaltige Entwicklung zur Vorlage auf der 2012 in Rio de Janeiro stattfindenden Konferenz über nachhaltige Ent-wicklung. Konkret hat es in Zusammenarbeit mit einer Reihe von Partnerorganisationen die Federführung bei der Ausarbeitung des Kapitels über die gesundheitliche und soziale Dimen-sion übernommen.

Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Schließung der Außenstelle in Rom Ende 2011 aufgrund veränderter Prioritäten seitens der italienischen Regierung kam es zu einer groß an-gelegten Bestandsaufnahme der Arbeit des Regionalbüros im Bereich Umwelt und Gesund-heit. Ich möchte an dieser Stelle die bedeutende Rolle des Büros in Rom und seinen Beitrag zum Prozess Umwelt und Gesundheit in Europa über zwei Jahrzehnte hervorheben und mich bei der italienischen Regierung für ihren großzügigen Beitrag in diesem Zeitraum bedanken.

Dank einer Vereinbarung mit der deutschen Regierung wird nun eine Ausweitung des Büros in Bonn möglich. Dadurch werden bis Januar 2012 die Programme im Bereich Umwelt und Gesundheit in Bonn gefestigt, wobei eine kleine Kernpräsenz in Kopenhagen erhalten bleibt. Ich danke der deutschen Regierung für ihre Unterstützung.

Bei der Verwirklichung der gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele sind in einigen Bereichen erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. Da es hierbei aber beträchtliche Unterschiede innerhalb der Europäischen Region gibt, habe ich die Millenniums-Entwicklungsziele zu einer Priorität für alle Ebenen des Regionalbüros gemacht und dafür einen Sonderbeauftragten ernannt.

Die WHO hat die Federführung in einer interinstitutionellen Arbeitsgruppe der Vereinten Na-tionen zur Beseitigung von Ungleichheiten bei der Verwirklichung der gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele inne, die ein kohärentes und abgestimmtes Konzept für das System der Vereinten Nationen ausarbeiten soll. Ein erster Entwurf des Berichts der Gruppe liegt Ihnen auf dieser Tagung als Informationsdokument mit der Bitte um Stellungnahme vor. Erwähnen möchte ich auch unsere Zusammenarbeit mit der Gattin des georgischen Präsiden-ten, Frau Sandra Roelofs, nach ihrer Ernennung zur Botschafterin des guten Willens in der Europäischen Region für die gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele.

Gestatten Sie mir, mich nun den Gesundheitssystemen zuzuwenden – und dem Aspekt der Bevölkerungsgesundheit, der heute in unserer Arbeit wieder einen höheren Stellenwert ein-nimmt.

Die vollständige Umsetzung der Charta von Tallinn: „Gesundheitssysteme für Gesundheit und Wohlstand“ ist eine Priorität und erfolgt in Verbindung mit der neuen europäischen Ge-sundheitspolitik „Gesundheit 2020“. Diese beiden Handlungsfelder ergänzen einander. Unter dem Einfluss von „Gesundheit 2020“ haben sich die Bemühungen zur Stärkung der Gesund-heitssysteme mehr hin zu den gesundheitlichen Resultaten verlagert, und die Politik „Ge-sundheit 2020“ wird noch einen großen Schritt weiter gehen, indem sie den Aspekt der Be-völkerungsgesundheit und der Steuerung neu belebt.

Ein Zwischenbericht über die Umsetzung der Charta steht am Dienstag auf der Tagesord-nung. Durch einen Austausch mit den Mitgliedstaaten hat sich bestätigt, dass die Charta von Tallinn zu einem dynamischen Grundsatzdialog über Erhaltung, Reformierung und Ausbau der Gesundheitssysteme geführt hat und dass die Länder ihre Wertvorstellungen und Grundsatzziele in die Praxis umsetzen.

Wie bereits erwähnt, arbeiten wir an einem neuen Konzept, das die Gesundheitssysteme pri-mär aus dem Blickwinkel der Gesundheitsresultate betrachtet, indem etwa der Gesundheits-systemansatz oder dessen Philosophie auf Krankheiten oder Gesundheitsprobleme wie nicht-übertragbare Krankheiten oder MDR- und XDR-Tb angewandt wird. Dieser neue Ansatz, der Gesundheitssysteme und Bevölkerungsgesundheit miteinander verbindet, ist das Ergebnis von 15 Jahren Grundlagenarbeit zur Stärkung der Gesundheitssysteme, bei der die Bausteine so angeordnet wurden, dass die strategische Ausrichtung der Gesundheitssysteme auf konkrete Gesundheitsresultate gewährleistet ist. Dieser Ansatz macht es erforderlich, die Leistungserbringung in den Mittelpunkt zu stellen. Er steht auf drei Säulen:

1. Ausgangspunkt sind die erwarteten gesundheitlichen Resultate und Prioritäten.

2. Dann werden optimale Strategien für die Leistungserbringung ermittelt, wobei die in-haltliche Ausgestaltung bei den zuständigen Fachbereichen liegt.

3. Schließlich werden die Hindernisse identifiziert, die die Gesundheitssysteme an der Be-reitstellung wirksamer Gesundheitsleistungen hindern, und unter den Rubriken Leis-tungserbringung, Steuerung, Finanzierung und Ressourcen eingeordnet.

Wir entwickeln auch ein konsolidiertes Paket von Strategien und Angeboten in Bezug auf die Stärkung der Gesundheitssysteme; dazu gehören die Werkzeuge und Instrumente, die den Mitgliedstaaten heute und in Zukunft helfen sollen. Nähere Informationen finden Sie in ei-nem Informationsdokument in Ihren Tagungsunterlagen.

In der Europäischen Region und weltweit haben sich die gesundheitspolitischen Rahmenbe-dingungen verändert. Die Finanzkrise zwingt uns dazu, die Gesundheitsausgaben genauer zu prüfen, und die Zunahme nichtübertragbarer Krankheiten verdeutlicht im Zusammenwirken mit anderen Herausforderungen einmal mehr die Notwendigkeit umfassender Konzepte in den Gesundheitssystemen. Vor diesem Hintergrund sind gesundheitspolitische Rahmenkon-zepte auf nationaler Ebene mit systemweiten Analysen wichtiger denn je. Dies ist ein vorran-giges Projekt, bei dem der Global Policy Council die Federführung innehat.

Um eine möglichst effiziente Nutzung knapper Ressourcen zu gewährleisten, ist es von ent-scheidender Bedeutung, Präventionsmaßnahmen stärker in den Vordergrund zu stellen, As-pekte der Bevölkerungsgesundheit stärker hervorzuheben und dem Grundsatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“ nachdrücklich Geltung zu verschaffen. Dies sind auch Grundelemente unserer neuen europäischen Gesundheitspolitik „Gesundheit 2020“. Wie Sie wohl festgestellt haben, gibt es Hinweise darauf, dass Prävention sich oft unmittelbarer auswirkt als bisher an-genommen. Ich habe das Observatorium damit beauftragt, mit Unterstützung durch den Lei-tenden Wissenschaftler beim Regionalbüro eine Studie über die Ökonomie der Prävention zu erstellen.

Die öffentlichen Gesundheitsdienste sind für mich ein vorrangiger Bereich, da sie im Hinblick auf den Schutz und die Förderung von Gesundheit sowie die Krankheitsprävention eine entscheidende Rolle spielen und da sie wohl der effizienteste und wirtschaftlichste Weg sind, um die Gesundheit der gesamten Bevölkerung zu verbessern. Ich habe deshalb beschlossen, die öffentlichen Gesundheitsdienste als einen grundlegenden Bestandteil des Gesundheitssystemansatzes neu zu positionieren. Ein Rahmengerüst für Maßnahmen zur Ergänzung von „Gesundheit 2020“ wird Ihnen am Dienstag zu einer ersten Beratung vorgestellt. Das Endergebnis wollen wir dem Regionalkomitee im kommenden Jahr vorlegen.

Ich möchte die Länder in unserer Region dazu auffordern, sich mit einem eigens zu diesem Zweck entwickelten Instrument an der Bewertung ihrer grundlegenden gesundheitspoliti-schen Maßnahmen und der dazu gehörigen Funktionen und Kapazitäten zu beteiligen. Dies ist wichtig im Hinblick auf die Gewinnung von Erkenntnissen, die die Grundlage für einen Aktionsplan zur Stärkung der Kapazitäten und Angebote im Bereich der öffentlichen Ge-sundheit in unserer Region bilden werden. Der Plan wird Ihnen im kommenden Jahr auf der Tagung des Regionalkomitees in Malta zusammen mit der endgültigen Fassung von „Ge-sundheit 2020“ vorgelegt.

Als weiteren Schritt zur Stärkung des Aspektes der Bevölkerungsgesundheit kann ich mit Freude vermelden, dass das Institut für öffentliche Gesundheit in Kasachstan sein dem Regi-onalkomitee im vergangenen Jahr gegebenes Versprechen, jährlich ein Stipendium im Fach Gesundheitswissenschaften zu vergeben, inzwischen eingelöst hat. Ich bin außerdem erfreut darüber, dass der Gedenkband zum Andenken an Jo Eirik Asvall sich glänzend verkauft.

Meiner Überzeugung nach ist die Bewertung der Leistung der Gesundheitssysteme ein zu-nehmend wichtiges und immer häufiger genutztes Instrument für die Politikgestaltung und Steuerung im 21. Jahrhundert, und wir appellieren an alle Mitgliedstaaten, selbst eine solche Leistungsbewertung durchzuführen, um einen partizipatorischen Prozess mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung zu gewährleisten. Denn solche Bewertungen bilden die Grund-lage für nationale Strategien und fließen in diese ein, und Verbesserungen in Bezug auf Ge-sundheitsresultate wie auch Chancengleichheit werden zu einem festen Bestandteil des Be-wertungsprozesses und des daraus resultierenden Berichts.

Die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um eine flächendeckende Ge-sundheitsversorgung bzw. deren Aufrechterhaltung angesichts einer prekären Finanzlage steht im Mittelpunkt der Arbeit des Regionalbüros auf dem Gebiet der Gesundheitsfinanzierung. Diese Thematik wurde im Zeitraum 2010–2011 durch bahnbrechende Publikationen in den Vordergrund gerückt, darunter Reform der Gesundheitsfinanzierung in der Praxis: Lehren aus den Ländern im Umbruch und der Bericht über die Aufrechterhaltung von Chancen-gleichheit, Solidarität und gesundheitlichen Zugewinnen vor dem Hintergrund der Finanzkri-se. Darüber hinaus hat das Regionalbüro einen wichtigen Beitrag zur Ausarbeitung des Welt-gesundheitsberichts 2010 – Finanzierung von Gesundheitssystemen: Der Weg zur flächende-ckenden Gesundheitsversorgung geleistet. In diesem Jahr wurden unsere Anstrengungen mit der Ausarbeitung eines Aktionsplans fortgesetzt, der sich an dem Weltgesundheitsbericht 2010 orientiert und die Grundlage für unsere Arbeit auf dem Gebiet der Gesundheitsfinanzie-rung im kommenden Zweijahreszeitraum bilden wird.

Die Rückbesinnung auf die flächendeckende Gesundheitsversorgung hat den Ländern dabei geholfen, sich auf eine Minimierung der negativen Folgen erhöhter Haushaltsdisziplin auf Gesundheit und Gesundheitssysteme zu konzentrieren. So hat das Regionalbüro u. a. eng mit Estland, Irland und Lettland zusammengearbeitet. Deshalb kann ich hier stolz verkünden, dass 2011 in Barcelona die erste Schulung der WHO zum Thema Gesundheitsfinanzierung stattgefunden hat, deren besonderer inhaltlicher Schwerpunkt auf der flächendeckenden Ver-sorgung lag. Außerdem hat das Regionalbüro seine Schulungen für die baltischen Staaten und Polen, Zentralasien, die Kaukasusregion und die Republik Moldau fortgesetzt. An allen die-sen Schulungen nahmen zahlreiche politische Entscheidungsträger aus der ganzen Region teil, die sich in hohem Maße zufrieden über die starken Verbindungen zur Arbeit in den Ländern äußerten.

Der vorletzte strategische Schwerpunkt in meinem Bericht betrifft die Bereiche Gesundheits-information und Gesundheitskommunikation. Das Regionalbüro hat im Zeitraum 2010–2011 erhebliche Fortschritte im Bereich der Gesundheitsinformation erzielt; dies ist deshalb so wichtig, weil die hier gewonnenen Erkenntnisse die Grundlage für unsere Arbeit auf allen Gebieten bilden. Ich möchte Sie herzlich zu unseren Präsentationen einladen, die täglich wäh-rend der Pausen im Foyer stattfinden.

Zusammen mit allen unseren Partnerorganisationen, und namentlich der EU, arbeiten wir an der Entwicklung eines gemeinsamen Gesundheitsinformationssystems, und das Regionalko-mitee soll 2012 mit einer Gesundheitsinformationsstrategie für die Europäische Region be-fasst werden. Ebenso sind wir auch im Bereich Kommunikation tätig, wo wir eine Vielzahl neuer Instrumente nutzen, wie die sozialen Medien, wodurch eine effektivere Kommunikati-on entsteht.

Im letzten Teil meiner Rede möchte ich zunächst die alles umfassende Priorität „Gesundheit 2020“ hervorheben. Dann werde ich kurz über unsere neue Organisationsstruktur und über strategische Partnerschaften sprechen und zum Schluss Fragen der Steuerung und Finanzie-rung anschneiden, die im Zusammenhang mit dem Reformprozess der WHO stehen.

Wir haben für „Gesundheit 2020“, das übergeordnete gesundheitspolitische Vorhaben der Europäischen Region, substanzielle Arbeit geleistet und werden das Thema heute und morgen noch ausführlich erörtern. Viele unter Ihnen werden sich erinnern, dass die Europäische Region seit der Annahme der Strategie „Gesundheit für alle“ durch das Regionalkomitee im Jahr 1982 über eine europäische Gesundheitspolitik verfügt. 1984 wurden dann 38 Zielvor-gaben angenommen.

Nach zwei ersten Aktualisierungen in den Jahren 1991 und 1998 billigte das Regionalkomitee 2005 durch Resolution EUR/RC55/R4 eine weitere und forderte zugleich die Vorlage eines Berichts über das Rahmenkonzept „Gesundheit für alle“ im Jahr 2008 an. Zusätzlich haben Sie mich im vergangenen Jahr gebeten, im Jahr 2012 einen Bericht vorzulegen und dies mit-tels eines wahrhaft partizipatorischen zweijährigen Prozesses zu tun. Daran arbeiten wir nun.

Ich bin sehr erfreut, Ihnen berichten zu können, dass ihre Bitte und ihre Entscheidung in der gesamten Region Anklang gefunden haben. Ich glaube, wir haben hier eine Bewegung in Gang gesetzt, die uns nicht nur ins Jahr 2012, sondern weit darüber hinaus tragen wird. Die-ses Gefühl stammt aus den Rückmeldungen, die ich persönlich auf zahlreichen Konferenzen in den Ländern erhalten habe: Dass eine solche Politik zeitgemäß ist und längst überfällig war, dass sie genau den Wünschen der Menschen entspricht und zur Unterstützung ihrer Arbeit unerlässlich ist. Über diese Rückmeldungen sollte sich das Regionalkomitee vielleicht besonders freuen, zeigen sie doch, dass Ihre Beschlüsse aus dem vergangenen Jahr sowohl nützlich als auch von historischer Tragweite waren.

Im Zeitraum 2010–2011 hat das Regionalbüro seine Arbeit dadurch gestärkt, dass es die kon-zeptionellen, strategischen und fachlichen Kernfunktionen am Hauptsitz in Kopenhagen kon-zentrierte, die Außenstellen umfassend straffte und integrierte und auch die Arbeit der Län-derbüros gebührend einbezog. Zur Unterstützung der Entscheidung über eine sinnvollere Einbindung von Außenstellen und Länderbüros in das Regionalbüro habe ich zwei externe Kommissionen mit der Erstellung voneinander unabhängiger Studien beauftragt. Beide haben ihre Ergebnisse im November 2010 vorgelegt. Die intensive Zusammenarbeit mit allen Län-dern wurde fortgesetzt und genießt auch weiter überragende Priorität.

Das Regionalbüro hat seine zentralen Aufgaben eingehend analysiert und seine Neuorganisa-tion abgeschlossen, indem es seine Strukturen und personellen Ressourcen an den neuen Pri-oritäten ausgerichtet hat. Zur Besetzung unentbehrlicher fachlicher Führungspositionen wur-den Mitarbeiter neu eingestellt (oder abgeordnet). Die finanziellen Unwägbarkeiten waren dabei durchaus hinderlich (wie Sie sicher auch festgestellt haben), und ich danke allen Mit-gliedstaaten, die uns trotz eigener Schwierigkeiten geholfen haben. Außerdem haben wir eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet, die nach Wegen zur Schaffung eines befähigenden Ar-beitsumfeldes suchen sollte; ihre Empfehlungen wurden angenommen und werden jetzt um-gesetzt.

Netzwerke – etwa der WHO-Kooperationszentren oder der nationalen Institute für öffentliche Gesundheit – sind hervorragende gesundheitspolitische Mechanismen, die jetzt erneuert und vermehrt genutzt werden. Diese Arbeit steht in den kommenden Monaten an.

Generaldirektorin Dr. Chan hat mich gebeten, in den Beziehungen mit der EU eine globale Funktion zu übernehmen und in dem entsprechenden Lenkungsausschuss der WHO den Vor-sitz zu führen. Das Regionalbüro fährt wie schon im Jahr 2010 damit fort, im Sinne von kon-zeptioneller Kohärenz und Synergieeffekten vor und während der EU-Ratspräsidentschaft eines Landes eine enge Zusammenarbeit mit diesem aufzubauen: So arbeiteten wir 2010 mit Spanien und Belgien und 2011 mit Ungarn und Polen zusammen und haben mit Blick auf 2012 bereits unsere Fühler nach Dänemark und Zypern ausgestreckt.

Im März 2011 fand die neunte Tagung hochrangiger Vertreter der WHO und der Europäi-schen Kommission statt, an der die Generaldirektorin und drei Regionaldirektoren teilnah-men. Nach einer sehr ergiebigen Diskussion wurde vollständige Einigkeit über sechs Fahr-pläne für die strategischen Prioritäten in der Zusammenarbeit erzielt. Außerdem hat das Re-gionalbüro seine Vereinbarung mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) erneuert. Wir haben auch Maßnahmen für eine erweiterte Zusammenarbeit mit der Weltbank, dem Globalen Fonds und der Organisation für wirtschaft-liche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in die Wege geleitet und beteiligen uns am Team der Vereinten Nationen für regionale Entwicklung.

Auch im Verhältnis zu anderen Organisationen der Vereinten Nationen hat es große Verbes-serungen gegeben, die zu mehr Kohärenz und Abstimmung führen. Innerhalb der WHO war das Regionalbüro im März 2011 Gastgeber einer Tagung der Teams um die Regionaldirekto-ren. Auch unsere Zusammenarbeit mit Verbänden und Foren haben wir verbessert.

Gegenwärtig entwickeln wir eine Partnerschaftsstrategie, die dem Regionalkomitee im Jahr 2012 vorgelegt wird und die im Einklang mit der Reform der WHO steht. Ebenfalls im Sinne der WHO-Reform streben wir verbesserte Steuerungsfunktionen innerhalb der WHO an. Da-zu zählen die Stärkung der leitenden Organe der Region durch Übertragung der Entschei-dungsbefugnis über Konzepte, Strategien und Aktionspläne der Region auf das WHO-Regionalkomitee für Europa, eine stärkere Beteiligung der Delegationen an dem Programm und neue Veranstaltungen wie „Ministertage“.

Zur Verbesserung von Aufsichtsfunktion und Transparenz wurde die Zahl der Mitglieder im Ständigen Ausschuss des Regionalkomitees (SCRC) 2010 von neun auf zwölf Länder erhöht. Alle Mitgliedstaaten wurden zur Teilnahme an der vierten Tagung des SCRC eingeladen. Vor der 64. Weltgesundheitsversammlung im Mai 2011 fand eine Zusammenkunft der Delegatio-nen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Region statt, und auf der Weltgesundheitsver-sammlung sowie auf Tagungen des Exekutivrates gibt es jeweils tägliche Koordinierungstref-fen der Mitgliedstaaten aus der Europäischen Region, die der Stärkung der Verbindungen zwischen den Steuerungsmechanismen auf globaler und regionaler Ebene dienen. Es ist sehr wichtig, dass an diesen Sitzungen alle 53 Mitgliedstaaten teilnehmen; darauf haben wir die Gesundheitsminister bereits im Vorfeld dieser Tagung des Regionalkomitees hingewiesen.

Gestatten Sie mir abschließend noch einige Bemerkungen zum Thema Finanzierung. Ausge-hend von den derzeitigen Einnahmen in Höhe von 228 Mio. US-$ (Stand: August 2011) er-warten wir, dass unsere Einnahmen bei Ablauf des Zweijahreszeitraums 2010–2011 mit de-nen früherer Zweijahreszeiträume vergleichbar sein werden. Das Verhältnis zwischen Ein-nahmen und Ausgaben des Regionalbüros war im Zweijahreszeitraum 2010–2011 für alle Strategischen Ziele mit Ausnahme der Ziele 12 und 13 grundlegend solide. Allerdings gab es im Verlauf des Zweijahreszeitraums bei nahezu allen Strategischen Zielen gefährliche finan-zielle Durststrecken. Dies lag an der starken Zweckbindung der Mittel, die sowohl für die globale Ebene als auch für die Europäische Region weiterhin problematisch ist. Wir haben das Problem schließlich durch regelmäßige Fortschrittsberichte, strenge Prüfung der Haus-haltsposten und eine Weiterverfolgung auf der Leitungsebene gemeistert. Allerdings wird dieses hohe Maß an Zweckbindung der Mittel – oft ohne angemessene Vorkehrungen für die Zahlung von Gehältern und die erforderliche Anleitung und administrative Unterstützung der fachlichen Arbeit und der Länderbüros – im kommenden Zweijahreszeitraum zu zahlreichen Problemen führen.

Wie aus der Verteilung der vom WHO-Hauptbüro eingeworbenen Mittel auf die Regionen hervorgeht, erhält das Regionalbüro für Europa den geringsten Anteil aus den ordentlichen Haushaltsmitteln der WHO, ist also am meisten auf sich selbst gestellt. Bei diesem Thema herrscht noch erheblicher Gesprächsbedarf, und der Reformprozess bietet hierzu reichlich Gelegenheit. Die Mitgliedstaaten möchten nicht zweimal an die WHO zahlen; und sie haben Recht.

Das Regionalbüro hat zu jedem der Strategischen Ziele der WHO Argumentationshilfen für die Beschaffung von Mitteln ausgearbeitet, die zur Unterstützung unserer Mitgliedstaaten erforderlich sind. In ihnen wird ausgeführt, welche Maßnahmen wir bei Erhalt der entsprechenden Mittel durchführen werden, und ich fordere die Mitgliedstaaten zu weiterer bzw. neuer Hilfe auf.

Ihre weitere Unterstützung unserer Arbeit ist sehr wichtig und äußerst willkommen, und in diesem Sinne freue ich mich auf fruchtbare Diskussionen auf dieser Tagung des Regionalko-mitees. Ich danke Ihnen.