EHEC-Ausbruch: Lagebericht 14
Vermehrte Anzeichen für Sprossen als Überträger und damit verbundene Empfehlungen
Am 10. Juni haben das Robert-Koch-Institut (RKI), das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärt, es gebe aus epidemiologischer Sicht und aufgrund der Überprüfung der Nahrungskette vermehrt Anzeichen dafür, dass Sprossen (u. a. Bockshornklee, Mung-Bohnen, Linsen, Adsuki-Bohnen, Luzernen) die Überträger des für den EHEC-Ausbruch in Deutschland verantwortlichen neuartigen enteroaggregativen Verotoxin produzierenden Escherichia-coli-Bakteriums (EAggEC VTEC) O104:H4 sind. Der Schwerpunkt des Ausbruchs liegt nach wie vor in Deutschland.
- Die Behörden empfehlen nun der Bevölkerung in Deutschland, Sprossen jeder Herkunft nicht roh zu verzehren. Haushalten und Gastronomiebetrieben wird empfohlen, noch vorrätige Sprossen sowie möglicherweise damit in Berührung gekommene Lebensmittel zu vernichten.
- Die Empfehlung, in Norddeutschland auf den Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalat zu verzichten, wird aufgehoben.
- Die Behörden empfehlen weiterhin, alle Lebensmittel aus dem Betrieb in Niedersachsen, aus dem die fraglichen Sprossen stammen, aus dem Verkehr zu ziehen.
- In einer Vielzahl weiterer Untersuchungen werden u. a. die Vertriebswege ins Visier genommen. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass Sprossen von dem fraglichen Hof an Orte außerhalb Deutschlands exportiert wurden.
- Die zuständigen Behörden empfehlen, bei Kontakt mit Lebensmitteln, beim Umgang mit Patienten und nach dem Toilettenbesuch die üblichen Hygieneempfehlungen streng zu befolgen.
Weitere Informationen sind einer gemeinsamen Pressemitteilung von BfR, BVL und RKI zu entnehmen.
Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
Mit Stand vom 10. Juni um 15.00 Uhr MESZ hatte Deutschland insgesamt 773 HUS-Fälle (darunter 22 mit tödlichem Ausgang) gemeldet: 14 Fälle und einen Todesfall mehr als am Vortag. 68% der gemeldeten Fälle entfielen auf Frauen und Mädchen und 88% auf Personen über 20 Jahre. Die höchsten Raten (pro 100 000 EW) traten in der Altersgruppe von 20–49 Jahren auf. Der Symptombeginn lag in der Zeit zwischen 1. Mai und 6. Juni.
Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
Mit Stand vom 10. Juni um 15.00 Uhr MESZ hatte Deutschland insgesamt 2374 Fälle von EHEC-Infektion (ohne HUS) gemeldet (davon 12 mit tödlichem Ausgang): 145 Fälle und drei Todesfälle mehr als am Vortag. 60% der Fälle entfielen auf Frauen und Mädchen und 87% auf Personen über 20 Jahre. Der Symptombeginn lag in der Zeit zwischen 1. Mai und 6. Juni.
Am 11. Juni hat das Robert Koch-Institut (RKI) erklärt, die Zahl der ihm gemeldeten HUS- und EHEC-Fälle sei seit einigen Tagen rückläufig. Ob dieser Rückgang auf eine Veränderung im Verzehrverhalten der Bevölkerung hinsichtlich roher Gemüse und Salate oder auf ein Versiegen der Infektionsquelle zurückzuführen sei, könne derzeit noch nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Doch der bereits zuvor beobachtete Rückgang der täglichen (absoluten und relativen) Zahl von Patienten, die mit blutigem Durchfall in die Notaufnahmen der Krankenhäuser kommen, habe sich seit dem 6. Juni nicht weiter fortgesetzt.
Andere Länder
Mit Stand vom 10. Juni hatten 13 weitere Länder der Europäischen Region insgesamt 36 HUS-Fälle (ein Todesfall) und 66 EHEC-Fälle (kein Todesfall) gemeldet: kein HUS-Fall und drei EHEC-Fälle mehr als am Vortag. Außerdem hatten die Centers for Disease Prevention and Control (CDC) der Vereinigten Staaten in Atlanta mit Stand vom 10. Juni Informationen veröffentlicht, wonach in den USA drei HUS-Fälle (ein bestätigter Fall, zwei Verdachtsfälle) sowie zwei EHEC-Verdachtsfälle (ohne HUS) mit dem Ausbruch verknüpft sind. Am 7. Juni meldete die Public Health Agency of Canada einen Verdachtsfall einer Infektion mit E. coli O104 (ohne HUS). Die betroffene Person war auf einer Reise in Norddeutschland in Kontakt mit einem bestätigten Fall von Infektion mit E. coli O104 gewesen.
Die Tabelle zeigt die Gesamtzahlen für sämtliche betroffenen Länder.
Land |
HUS |
EHEC |
Comments |
||
---|---|---|---|---|---|
Fälle | Todesfälle |
Fälle | Todesfälle | ||
Österreich | 1 |
0 | 3 |
0 |
|
Kanada | 0 | 0 |
1 | 0 | |
Tschechische Republik | 0 |
0 | 1 |
0 | Ein Tourist aus den Vereinigten Staaten, der in Deutschland unterwegs war |
Dänemark | 8 |
0 |
12 |
0 | |
Frankreich | 0 |
0 |
2 |
0 |
|
Deutschland |
773 | 22 | 2374 | 12 | |
Griechenland | 0 |
0 | 1 | 0 |
Ein Tourist aus Deutschland |
Luxemburg | 0 |
0 | 2 | 0 |
|
Niederlande | 4 |
0 | 4 |
0 |
|
Norwegen | 0 |
0 |
1 |
0 |
Kontakt mit Deutschem in Norwegen |
Polen | 2 |
0 |
1 | 0 | |
Spanien | 1 |
0 | 1 |
0 |
|
Schweden | 17 |
1 |
30 |
0 |
|
Schweiz | 0 |
0 |
5 |
0 |
|
Vereinigtes Königreich | 3 |
0 |
3 | 0 |
|
Vereinigte Staaten von Amerika | 3 | 0 |
2 | 0 |
3 HUS-Fälle (1 bestätigter Fall, 2 Verdachtsfälle) und 1 EHEC-Verdachtsfall |
Total | 812 | 23 | 2443 | 12 |
Hinweis: Die Gesamtzahl der HUS- und EHEC-Fälle beträgt 3255, darunter 35 mit tödlichem Ausgang.
Von fünf Ausnahmen abgesehen hatten sich alle der genannten HUS- und EHEC-Patienten innerhalb der Inkubationszeit, meist drei bis vier Tage nach der Exposition (Bandbreite: zwei bis zehn Tage), in Deutschland aufgehalten.
Hinweis
EHEC und HUS unterliegen getrennten Meldekategorien, sodass es bei den Fallzahlen keine Überschneidungen geben sollte. Wie bei jedem sich schnell entwickelnden Ausbruchsgeschehen sollten die Zahlen jedoch nur als vorläufig betrachtet werden. Sie können sich aus unterschiedlichen Gründen noch ändern.
Mit der Bereitstellung der genannten Informationen möchte die WHO auch den Beitrag ihrer Mitgliedstaaten und ihrer fachlichen Partner anerkennen, zu denen die Europäische Kommission, das Europäische Zentrum für die Kontrolle und die Prävention von Krankheiten sowie eine Reihe von Kooperationszentren der WHO zählen.