Weltgesundheitsversammlung, Tag 4: Schwerpunktthemen Polio, Vorsorge gegen Grippepandemie und Gesundheitspersonal

WHO/L. Cipriani

Am 4. Tag der Weltgesundheitsversammlung fielen Entscheidungen in Bezug auf Poliomyelitis (Polio), den Rahmen zur Bereitschaftsplanung für eine Influenzapandemie und das Gesundheitspersonal. Nebenveranstaltungen zu vernachlässigten Tropenkrankheiten und nichtübertragbaren Krankheiten wurden durchgeführt.

Punkte von besonderem Interesse für die Europäische Region

Ausschuss A: Eradikation der Poliomyelitis und Folgeplanung

Die Delegationen würdigten den Einsatz gegen die Übertragung des Poliovirus in den drei verbleibenden endemischen Ländern (Afghanistan, Nigeria und Pakistan), äußerten sich jedoch besorgt angesichts andauernder Versorgungsengpässe für inaktivierte Polioimpfstoffe (IPV). Sie führten auch die Notwendigkeit an, Polioviren sicher einzukapseln, nicht benötigte Materialien zu vernichten und Ressourcen sorgfältig zu verwahren, die zu Forschung und anderen Zwecken benötigt würden.

Viele Delegationen beteiligten sich an der Diskussion. Die griechische Delegation versicherte, dass die epidemiologische Überwachung der akuten schlaffen Lähmung auch für die große Zahl von Migranten gewährleistet sei. Die Russische Föderation bemerkte, dass neben IPV-Engpässen auch die Zirkulation der Impfviren gerade in von militärischen Konflikten betroffenen Gebieten Anlass zur Sorge gebe. Das Vereinigte Königreich forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Anstrengungen nochmals zu verdoppeln, damit das Ziel der Polio-Eradikation bis 2020 erreicht werde.

Auch Partner im Kampf gegen die Polio wie die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI), Rotary International und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) beteiligten sich an der Diskussion.  Die zentrale Botschaft der Weltweiten Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung lautete, dass zwar Fortschritte erzielt worden seien, diese aber noch auf schwachen Füßen stünden.

Es wurde auch die Notwendigkeit angesprochen, die globalen Maßnahmen gegen Polio zurückzufahren, wenn die Eradikation in greifbare Nähe rücke. Der kommende Generaldirektor wurde gebeten, die Übergangsplanung für Polio als eine dringende Priorität der Organisation zu behandeln. Die Delegationen Deutschlands, Frankreichs, Monacos, Norwegens, der Schweiz und des Vereinigten Königreichs äußerten sich zum Thema.

Der neu gewählte Generaldirektor und sein Team müssten vollständig in die Übergangsplanung und Erarbeitung eines detaillierten Plans einbezogen werden und dafür sorgen, dass sich der Übergang auch in anderen Bereichen angemessen niederschlage, etwa in Impfprogrammen und in der epidemiologischen Überwachung.

Ausschuss B: Fragen der Finanzierung, Buchprüfung und Aufsicht

Norwegen und das Vereinigte Königreich äußerten sich zu der Erörterung finanzieller Angelegenheiten, der Buchprüfung und der Aufsicht über die Organisation. Die Mitgliedstaaten würdigten den Einsatz der Organisation für mehr Transparenz und Rechenschaft, betonten aber auch die Notwendigkeit einer weiteren Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen. Der vom Programm-, Haushalts- und Verwaltungsausschuss des Exekutivrats vorgelegte Beschlussentwurf wurde angenommen.

Ausschuss B: Gesundheitsbedingungen in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, und auf dem besetzten syrischen Golan

Eine Reihe von Mitgliedstaaten, hierunter die Türkei, äußerten sich besorgt über die Gesundheit von Müttern und Kindern in diesen Gebieten, da ihnen ein Zugang zu Krankenhäusern fehle und die Gesundheitssysteme nicht funktionierten. Sie verurteilten außerdem Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen.

Israel bemerkte, dass es auf Ersuchen der WHO eine umfassende Überprüfung der Lage auf dem syrischen Golan durchgeführt und einen Bericht hierzu erstellt habe. Dem Bericht zufolge flöhen viele Syrer aus ihrem Land nach Israel, um dort Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen.  Mehrere Mitgliedstaaten zeigten sich besorgt, weil dieser Bericht auf Ersuchen der Arabischen Republik Syrien nicht veröffentlicht worden sei.

Nebenveranstaltungen

  • An einer Nebenveranstaltung zu Kapazitätsausbau für Innovation und Zugang zu Angeboten im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten war ein breites Spektrum von Akteuren beteiligt.  Sie wollten gemeinsam Chancen für eine bessere Umsetzung ausloten. Die Delegation der Schweiz, die zu den vielen Organisatoren dieser Veranstaltung zählte, erklärte ihre Unterstützung für die Zielsetzung der Weltorganisation für geistiges Eigentum, die einen neuen strategischen Plan zur Erforschung vernachlässigter Tropenkrankheiten vorstellen will.
  • Dr. Bente Mikkelsen, Leiterin des WHO-Sekretariats für den Globalen Koordinierungsmechanismus für nichtübertragbare Krankheiten, erläuterte während einer gesonderten Sitzung die Entstehungsgeschichte dieses Mechanismus und seiner fünf Ziele. Norwegen merkte an, dass die Arbeit der WHO im Rahmen der SDG ressortübergreifend angelegt sein müsse, was auch für diesen Mechanismus gelte.  Seine Arbeitsgruppen seien ein großartiges Instrument genau dies zu erreichen. Frankreich würdigte die Nützlichkeit des Mechanismus für die Zusammenarbeit, doch seien weitere Instrumente zur Rechenschaftslegung erforderlich. Der Beigeordnete Generaldirektor für nichtübertragbare Krankheiten und psychische Gesundheit Dr. Oleg Chestnov stellte fest, dass nichtstaatliche Organisationen wesentliche Beiträge zu diesem Mechanismus leisteten. Viele weitere Akteure, unter anderem von PATH, UNICEF und Weltwirtschaftsforum, äußerten sich ebenfalls. Ein überragendes Thema war der Wunsch, den Koordinierungsmechanismus auch auf örtlicher Ebene wirksam zu machen, wozu er in nationaler Ausprägung verwirklicht werden müsse.