Coronavirus und Schwangerschaft – die Gesundheit von Müttern in allen Teilen der Europäischen Region erhalten

Bente Binderup

Die COVID-19-Pandemie hat viele Gesundheitssysteme an ihre Grenzen gebracht, was dazu geführt hat, dass die nicht akute Versorgung vernachlässigt wurde, um Platz für Tausende COVID-19-Patienten zu schaffen. Es gibt jedoch Bereiche, die nicht zurückgestellt werden können, und dazu gehört auch die Gesundheit von Müttern.

Hindernisse beim Zugang zu und bei der Inanspruchnahme von unentbehrlichen Gesundheitsleistungen für Mütter und Neugeborene während Epidemien führen zu einem Anstieg der Zahl von Frauen und Neugeborenen, die während Schwangerschaft und Entbindung sowie danach Komplikationen erleiden oder sterben. Beispiele aus Italien, Deutschland und Israel zeigen, dass eine rasche Umgestaltung der Gesundheitsversorgung helfen kann, das Angebot unentbehrlicher Gesundheitsleistungen und damit das Wohlbefinden von Schwangeren und ihren Säuglingen während der Pandemie auf sichere Weise aufrechtzuerhalten.

Eindämmung der Übertragung von COVID-19 zum Schutz von Frauen

„Es war von Anfang an klar, dass zunächst die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden musste“, erläutert Dr. Simona Di Mario, Kinderärztin und Mitglied der regionalen Gesundheitsbehörde der Region Emilia-Romagna, die in einer der am stärksten von der Pandemie betroffenen Regionen Italiens in die Koordinierung der Müttergesundheit eingebunden ist. Die Region Emilia-Romagna hat seit Beginn des Ausbruchs über 25 000 Fälle des Coronavirus verzeichnet.

Der Schutz gefährdeter Gruppen vor COVID-19 war während der Krise von vorrangiger Bedeutung und wurde im Rahmen der Umgestaltung der Gesundheitsversorgung von Müttern sehr deutlich gemacht. Während nicht akute Operationen ausgesetzt wurden, wurden Konsultationen, Tests und Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerschaftsversorgung aufrechterhalten. Die Region Emilia-Romagna war bemüht, die sichere Erbringung von Angeboten der Mütterversorgung während der Schwangerschaft in den Vordergrund zu rücken, anstatt Arztbesuche einzuschränken und zumeist in das dritte Trimester zu verschieben.

Einer der wichtigsten Faktoren zur Minimierung der Ausbreitung von COVID-19 unter Schwangeren war die Bereitstellung eindeutiger, evidenzbasierter Informationen und Empfehlungen über das Coronavirus und entsprechende Schutzmaßnahmen im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung. „Diese Informationen und Empfehlungen basierten in erster Linie auf Leitlinien der WHO zu Präventionsmaßnahmen“, erklärt Dr. Di Mario. „Wir entwickelten Merkblätter und Poster, die sich an werdende Mütter richteten, und verteilten sie an die lokalen Gesundheitsbehörden. Sie behandelten alles von der sozialen Distanzwahrung über die Handhygiene bis hin zu Verhaltensregeln für Arztbesuche.“

Eindeutige Kommunikation zur Vertrauensbildung

Kommunikation ist von entscheidender Bedeutung, um die reibungslose Fortsetzung der Versorgung zu gewährleisten. In Bnei Brak, einer Stadt in Israel, war eines der wesentlichen Probleme bei der Versorgung von Müttern die Angst. Viele Frauen fürchteten, sich mit dem Coronavirus anzustecken, und hatten daher Angst, zur Schwangerschaftsvorsorge zu gehen. Einige Frauen verzichteten gänzlich auf die Inanspruchnahme dieser Angebote.

„Zu Beginn gab es in der Klinik einen deutlichen Rückgang bei Entbindungen“, sagt Prof. Eli Somekh, Vizepräsident des Europäischen Verbands für Kinderheilkunde – Union der nationalen europäischen pädiatrischen Gesellschaften und Verbände und Vorsitzender der Kinderheilkunde im Mayanei Hayeshua-Klinikum in Bnei Brak (Israel). „Sie hatten einfach Angst in einer Situation zu entbinden, die sie nicht für sicher hielten.“ Im April 2020 verzeichnete Bnei Brak einen Anstieg der Hausgeburten um 23% im Vergleich zum April des Vorjahres. Dies erforderte Vertrauensbildung und die Einbeziehung von Schwangeren und ihren Familien sowie mehr Mitgefühl für sie. Es wurden Teams eingerichtet, um Familien telefonisch oder über Textnachrichten an Arzttermine zu erinnern und sie zu deren Einhaltung zu ermuntern. In Bnei Brak setzte man auf die breiter angelegte Strategie, die Versorgung von Müttern und Neugeborenen während der Coronavirus-Pandemie soweit wie möglich zu „normalisieren“ und Hindernisse bei der Gesundheitsversorgung abzubauen.

Anpassung der bestehenden Praxis

Die Coronavirus-Pandemie hat die Flexibilität der Gesundheitsversorgung auf die Probe gestellt. In der italienischen Region Emilia-Romagna und in Bnei Brak gab es einen drastischen Anstieg bei der innovativen Nutzung von Initiativen der Telegesundheit, um die persönliche Versorgung soweit möglich zu ersetzen. Viele vorgeburtliche und postpartale Angebote wurden per Videokonferenz bereitgestellt, darunter auch Angebote der Familienplanung und virtuelle Stillkurse.

Auch Krankenhäuser mussten sich an die durch die Pandemie geänderten Umstände anpassen und Entbindungsstationen entsprechend anpassen und zentralisieren. Prof. Frank Louwen, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, erläutert, wie Deutschland die Zweiteilung von Geburtsstationen gewährleistet, mit einem Bereich für Frauen, die positiv auf COVID-19 getestet wurden, und entsprechende Verdachtsfälle und einem zweiten Bereich für Frauen, die nicht von COVID-19 betroffen sind. Darüber hinaus folgen sie den Empfehlungen der WHO zum Stillen und zu Hygienemaßnahmen, um bei der Interaktion zwischen Müttern und Säuglingen Normalität aufrechtzuerhalten. Zudem hat Deutschland dafür gesorgt, dass alle Frauen, bei denen die Wehen einsetzen, auf das Coronavirus getestet werden und dass Mütter und ihre Säuglinge im Falle eines positiven COVID-19-Tests nach der Geburt gemeinsam isoliert werden. Durch die Kombination dieser Maßnahmen in Krankenhäusern konnte sichergestellt werden, dass die Abläufe auch während der Krise soweit wie möglich dem Standard entsprachen.

Verstärkte Koordination

Es gibt kaum Evidenz zur Verwaltung und Organisation der Gesundheitsversorgung und die Gewinnung von entsprechender Evidenz erfordert Zeit, um angemessene Informationen zu generieren. In der Region Emilia-Romagna ist man mit Hilfe einer wöchentlichen Videokonferenz mit Gesundheitsfachkräften aus der primären Gesundheitsversorgung und Krankenhäusern aus der ganzen Region darum bemüht, diese Hindernisse zu überwinden. Dr. Di Mario hält diese Maßnahme für entscheidend, um Aktivitäten zu koordinieren und die Masse der sich rasch verändernden Informationen in einen gemeinsamen Ansatz zu destillieren. „Diese wöchentliche Besprechung unter Gesundheitsfachkräften hilft uns, wesentliche gemeinsame Empfehlungen aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus bietet sie den Gesundheitsfachkräften die Chance, sich über Ängste auszutauschen und Bedenken zu äußern“, erläutert sie.

Widrigkeiten überwinden

Bedenken bezüglich der eigenen Sicherheit sind selbstverständlich nicht nur Schwangeren vorbehalten. Das Coronavirus hat auch ein Schlaglicht auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Gesundheitsfachkräften geworfen. „Es herrschte ein Mangel an persönlicher Schutzausrüstung, insbesondere in der primären Gesundheitsversorgung. Entsprechende Ausrüstung war für Krankenhäuser leichter zugänglich, doch der Großteil der Schwangeren nutzt Gesundheitsangebote in Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung“, erklärt Dr. Di Mario.

Die Länder haben große Anstrengungen unternommen, um die Gesundheitssysteme in Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch umzugestalten. Der Ausbruch hat die Kapazitäten und die Flexibilität der Gesundheitssysteme flächendeckend an ihre Grenzen gebracht, und im Hinblick auf die Gesundheit von Müttern sind Gesundheitsfachkräfte nicht davor zurückgeschreckt, in diesem kritischen Moment Initiative zu ergreifen, um die Gesundheit von Schwangeren zu schützen. Die Erbringung hochwertiger Gesundheitsangebote durch Gesundheitsfachkräfte unter solch schwierigen Bedingungen in Ländern der gesamten Europäischen Region ist wahrhaftig bewundernswert.