Fotostrecke „Die Menschen in den Mittelpunkt rücken“: integrierte Angebote für HIV, Tuberkulose und Drogenabhängigkeit in Portugal

Wer Drogen injiziert, unterliegt einem erheblich größeren Infektionsrisiko, was HIV und Tuberkulose betrifft. Behandlungsangebote für Drogenabhängige wie Opioidsubstitution unterstützen zugleich die Kontinuität einer Behandlung von HIV und Tuberkulose und tragen somit zu besseren gesundheitlichen Ergebnissen bei.

Da die Behandlungen in der Regel an verschiedenen Orten angeboten werden, schafft der zusätzlich erforderte Aufwand an Zeit und Mühe eine Hemmschwelle für die konsequente Nutzung der Angebote. Die Städte Porto und Vila Nova de Gaia in Portugal haben deshalb ihre einschlägigen Angebote so gebündelt, dass sie sich stärker an den konkreten Bedürfnissen der Betroffenen und nicht nur nach den Krankheiten ausrichten. Diese Fotostrecke zeigt das Modell als ein gutes Beispiel der Verzahnung von Angeboten gegen HIV, Tuberkulose und Drogenabhängigkeit.

WHO-Bewertung des Porto-Modells integrierter Angebote

Wegen des allgemeinen Informationsdefizits in Bezug auf wirksame Strategien für derartige integrierte Angebote fördert die WHO die Erkundung der besten Kooperationsmodelle gegen Tuberkulose und HIV unter Berücksichtigung von Risikogruppen, hierunter die Konsumenten von Injektionsdrogen. 2011 gab das Regionalbüro für Europa eine Schnellbewertung der Angebote in Porto in Auftrag.

Die London School of Hygiene and Tropical Medicine führte die Bewertung in Zusammenarbeit mit dem Institut für öffentliche Gesundheit und der medizinischen Fakultät der Universität Porto durch. Dies geschah im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Exekutivagentur für Gesundheit und Verbraucher der Europäischen Kommission unter der Überschrift „Erweiterter Zugang zur Schadensminderung und hochwertige Angebote für Konsumenten von Injektionsdrogen in der Europäischen Region“.

Die Bewertung zeigte, dass eine Verzahnung der Behandlungsangebote im Bereich HIV, Tuberkulose und Drogenabhängigkeit die Zugänglichkeit und Qualität der Versorgung für Konsumenten von Injektionsdrogen verbessert. Entscheidende Faktoren für eine wirksame kombinierte Versorgung sind danach:

  • Ein breiter und stetiger Zugang zur Opioidsubstitution in gemeindenahen und spezialisierten Gesundheitseinrichtungen,
  • die Einbeziehung aufsuchender Gruppen in die Arbeit,
  • ein nutzerzentriertes Vorgehen,
  • die effektive Kooperation mehrerer Akteure.

Neben integrierten Behandlungsangeboten sind auch Interventionen, die soziale Unterstützung und einen respektvollen Ton gewährleisten, eine Voraussetzung für die Sicherung der Zugänglichkeit. Im weiteren Sinne unterstützen folgende Faktoren die Einführung einer integrierten Versorgung in anderen Umfeldern:

  • Die Verfügbarkeit, Ausweitung und flexible Bereitstellung der Opioidsubstitution,
  • die Einbeziehung von Organisationen der Zivilgesellschaft,
  • Kapazitäten, Ressourcen und der Wille zu angebotsübergreifender Zusammenarbeit auf lokaler und nationaler Ebene.

Portugals Drogenpolitik

Die portugiesische Drogenpolitik und der Ansatz einer integrierten Versorgung heben sich von den Ansätzen vieler Länder in der Europäischen Region ab. 2001 entkriminalisierte Portugal den individuellen Drogenkonsum und verlegte den Schwerpunkt seines Einsatzes von der Strafverfolgung auf den Bereich der öffentlichen Gesundheit. Auch wenn ertappten Drogenkonsumenten weiter Sanktionen drohen und sie sich ggf. an eine Drogenberatungsstelle wenden müssen, so liegt das primäre Ziel im Auffinden von Behandlungsmöglichkeiten sowie in der Förderung gesunder Lebensweisen.

Seit der weitgehenden Entkriminalisierung sind die drogenrelatierte Morbidität und Mortalität sowie der Konsum von Injektionsdrogen drastisch zurückgegangen. Früher wurde die HIV-Epidemie wesentlich durch den Konsum von Injektionsdrogen befördert, doch neuerdings ist die Zahl der gemeldeten Fälle von Risikoverhalten gefallen (von 567 im Jahr 2004 auf 62 im Jahr 2011).

Opioidsubstitution wurde zu Beginn der HIV-Epidemie über die Suchtbehandlungszentren in großem Umfang zugänglich gemacht. 1993 begannen die Apotheken ein Nadel- und Spritzentauschprogramm, das mit der aufsuchenden Arbeit nichtstaatlicher Organisationen einherging. Allerdings zählen die Tuberkuloseraten Portugals weiter zu den höchsten Westeuropas: 2010 traten hier 25 Fälle pro 100 000 Einwohner auf (gegenüber 10 in den meisten vergleichbaren Ländern). Zwar werden in der Regel die Behandlungsangebote gegen Tuberkulose und Drogenabhängigkeit durch spezialisierte Gesundheitsprogramme erbracht, doch gab es in Portugal einen konzertierten Einsatz zur Verzahnung dieser Angebote mit denen gegen Drogenabhängigkeit sowie für eine psychosoziale Versorgung in Behandlungszentren und weitere Hilfestellungen für Drogenkonsumenten.