Antibiotikaresistenz: eine wachsende Bedrohung
Antibiotika werden zur Prävention und Behandlung eines äußerst breiten Spektrums von durch Bakterien verursachten Krankheiten wie Tuberkulose, Blut- und Wundinfektionen, Lungenentzündung und Gonorrhö eingesetzt. Sie wirken jedoch nicht gegen Viren.
Seit ihrer Entdeckung vor über 70 Jahren haben Antibiotika die Gesundheitsversorgung revolutioniert und so weltweit Millionen von Menschenleben gerettet und lebensbedrohliche
Infektionen während Operationen verhindert.
Doch heute werden sie von vielen Menschen, die sich ihrer Bedeutung nicht mehr bewusst sind, als Selbstverständlichkeit angesehen.
Am 18. November wird der Europäische Antibiotikatag (EAAD) begangen.
Unsachgemäße Anwendung von Antibiotika
Da die Menschen sich so sehr an die Einnahme von Antibiotika gewöhnt haben, tun sie dies manchmal auch, ohne zu prüfen, ob es sinnvoll ist, oder sie halten sich nicht an die verschriebene Behandlung, indem sie die Medikamente beispielsweise nicht ordnungsgemäß zu Ende nehmen.
Der unsachgemäße oder übermäßige Einsatz von Antibiotika ermöglicht es den Bakterien, sich zu ihrem eigenen Schutz anzupassen, sodass die Antibiotika nicht mehr wirksam sind. Dieser Sachverhalt wird als Antibiotikaresistenz bezeichnet. Die zunehmende Resistenzbildung bei Bakterien stellt eine wachsende Bedrohung dar.
Gleichzeitig wurden schon seit 25 Jahren keine neuen Klassen von Antibiotika mehr entwickelt. Nun, da die vorhandenen Antibiotika allmählich ihre Wirksamkeit verlieren, sind keine neuen in der Entwicklung, die sie ersetzen könnten.
Dies kann dazu führen, dass eines Tages zur Behandlung gängiger bakterieller Infektionen keine Antibiotika mehr zur Verfügung stehen. Dadurch würden diese Infektionen wieder lebensbedrohlich, und der Gesellschaft drohte eine Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor Entdeckung der Antibiotika herrschten.
Besorgniserregende Situation in der Europäischen Region
Auch wenn die Problematik der Antibiotikaresistenz zunehmend ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt, so sind doch Antibiotika immer noch in zwei Dritteln der Länder im östlichen Teil der Europäischen Region der WHO rezeptfrei verkäuflich. In diesen Ländern herrscht vor allem ein erheblicher Aufklärungsbedarf.
Doch selbst in Ländern, in denen für die Verwendung von Antibiotika strengere Vorschriften gelten, gibt die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern Anlass zur Besorgnis. In der Europäischen Union, Norwegen und Island ziehen sich 5% bis 12% der Krankenhauspatienten während ihres Aufenthalts eine Infektion zu. Jedes Jahr infizieren sich ca. 400 000 Menschen mit einem resistenten Bakterienstamm, von denen 25 000 sterben.
Doch dies ist keineswegs das Problem einzelner Länder oder einer einzelnen WHO-Region. Tödliche Bakterien überschreiten überall Grenzen. In den letzten beiden Jahren wurden in der Europäischen Region virulente Stämme von Escherichia-coli-Bakterien entdeckt, die gegen nahezu alle verfügbaren Antibiotika resistent sind und die aus Ländern eingeschleppt wurden, in denen sie weit verbreitet sind.
Wirksame Surveillance benötigt
Im vergangenen Jahr nahmen alle 53 Länder der Europäischen Region einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen an, in dem
- sie sich verpflichteten, den sachgemäßen Gebrauch von Antibiotika zu fördern und Informationen über das Fehlen neuer Antibiotika auszutauschen, und in dem
- der Ausbau der Surveillance-Systeme für den Gebrauch von Antibiotika und für resistente Bakterien befürwortet wird.
Zusammen mit maßgeblichen Partnerorganisationen wie dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), dem Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) in den Niederlanden und der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten (ESCMID) arbeitet die WHO auf den Aufbau bzw. die Stärkung der Surveillance von Antibiotikaresistenzen hin.
Nur wenn diese Problematik in ihrer gesamten Komplexität begriffen wird, können die lebensrettenden Antibiotika auch in künftigen Generationen ihre heilende Wirkung entfalten.