Dr. Jelke Fros, Forscher im Bereich Virologie, Niederlande

Jelke Fros

In einem sich verändernden Umfeld sehen wir zahlreiche Beispiele für Viren, die entweder aus dem Nichts entstehen oder an einem Ort auftauchen, an dem sie bislang nie vorgekommen sind. Es besteht eine zunehmende Notwendigkeit für die rasche Entwicklung neuer Impfstoffe.

Jelke Fros

Derzeit verfügbare Impfstoffe schützen Kinder und Erwachsene vor mehr als 20 lebensbedrohlichen Erkrankungen und die in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe verfügen über das Potenzial, diesen Schutz auf weitere Krankheiten auszuweiten, etwa auf HIV und das Norovirus. Gleichzeitig geht die Grundlagenforschung Wissen nach, das zu neuen Generationen von Impfstoffen führen könnte, möglicherweise gegen Erkrankungen, die bisher noch völlig unbekannt sind.

Dr. Jelke Fros ist einer der Wissenschaftler an der Universität Wageningen in den Niederlanden und anderswo, deren Ziel es ist, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie Viren und Wirte (etwa der Mensch) versuchen, sich gegenseitig zu überlisten. Diese Arbeit könnte grundlegend verändern, wie – und wie schnell – sich neue Impfstoffe als Reaktion auf eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit entwickeln lassen.

Dr. Fros erläutert: „Zellen und Viren befinden sich in einem ständigen Kampf miteinander. Wenn ein Virus eine Zelle befällt, versucht die Zelle, das Virus zu erkennen und zu eliminieren. Gleichzeitig hat sich das Virus darauf eingestellt, sich zu verstecken und der Zellreaktion zu entgehen und diese zu blockieren. Wir betrachten, wie sich dieses Wechselspiel zwischen Virus und Wirt entwickelt hat und wie wir dies zu unserem Vorteil nutzen können.“

Ständige Anpassungsfähigkeit

Die Entwicklung eines neuen Impfstoffs erfordert normalerweise jahrzehntelange Forschungen und Tests. Auf Viren zu reagieren, die ohne jegliche Vorwarnung an einem neuen Ort auftauchen – wie etwa das Zika-Virus – oder die schnell mutieren – wie das Grippevirus –, stellt die Forscher daher vor besondere Herausforderungen. „In einem sich verändernden Umfeld sehen wir zahlreiche Beispiele für Viren, die entweder aus dem Nichts entstehen oder an einem Ort auftauchen, an dem sie bislang nie vorgekommen sind. Es besteht eine zunehmende Notwendigkeit für die rasche Entwicklung neuer Impfstoffe.“

Dr. Fros und seine Kollegen verfolgen daher das langfristige Ziel, ein Fundament zu entwickeln, mit dessen Hilfe sich rasch Impfstoffe gegen eine Vielzahl von Viren entwickeln lassen, basierend auf dem Verständnis dafür, wie sich der genetische Code der Viren weiterentwickelt hat und wie der Wirt auf sie reagiert.

„Das Zika-Virus ist eines der Modelle. Gegenwärtig untersuchen wir jedoch die allgemeine Genomevolution von Viren und auf welche Weise diese durch die Immunreaktion des Wirts geprägt wird. Wir versuchen, das Genom von Viren derart zu verändern, dass Wirtszellen diese besser identifizieren können und eine Immunreaktion stimuliert wird“, erklärt Dr. Fros.

Dieser neue Ansatz könnte theoretisch auf viele verschiedene Viren angewandt werden, wodurch der Zeitraum zwischen dem Auftreten eines neuen Erregers und der Entwicklung eines sicheren und wirksamen Impfstoffes gegen diesen Erreger drastisch reduziert werden könnte. Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen mit der Prüfung von Proben auf das Ebola-Virus in Sierra Leone während des Ebola-Ausbruchs im Jahr 2015 weiß Dr. Fros, dass sich auf diese Weise möglicherweise viele Leben retten lassen.

Ein Schritt nach dem anderen

„Dieses Forschungsfeld steht noch ganz am Anfang“, warnt Dr. Fros. Die jüngsten Entdeckungen einer Reihe von Forschungsgruppen haben zu einem besseren Verständnis für ein Immunitätsschema geführt, das Virusgenome auf eine bestimmte Weise identifizieren kann. „Dieses Schema wird nun von zahlreichen Forschungsgruppen erforscht, was hoffentlich in Zukunft zu einer Art Impfstofffundament führen wird. Entscheidend ist, zunächst einmal die an diesem Prozess beteiligten angeborenen Immunreaktionen zu verstehen und festzustellen, ob die für ein Virus erzielten Resultate auch für andere Viren gelten.“

„Idealerweise hätten wir ein Fundament, das lediglich leicht zu beschaffende Informationen über neu auftretende Viren erfordert, sodass sich ein einziger Ansatz anwenden ließe, um bestimmte Änderungen an diesen Viren vorzunehmen, und diese Impfstoffkandidaten sich umgehend testen ließen. Soweit sind wir noch nicht, aber ich bin davon überzeugt, dass es Möglichkeiten gibt, eine solche Technologie zu entwickeln, die sich auf eine Vielzahl von Viren anwenden lässt. Deshalb forschen wir in diese Richtung.“

In der Zwischenzeit...

Worum geht es bei der Grundlagenforschung? „Man arbeitet hauptsächlich im Labor. Zusammen mit anderen Forschern gehen wir ins Labor und untersuchen Interaktionen zwischen den Immunreaktionen des Wirts und den Viren. Wir verwenden hierfür verschiedene Zelllinien und infizieren sie mit Viren. Oftmals nehmen wir bestimmte Veränderungen an den Viren oder den Zellen vor, um zu sehen, wie sich diese auf die Virusvermehrung und die Immunreaktionen der Zellen auswirken. Für einige Modelle, etwa für das Zika-Virus, verwenden wir ein spezielles Labor der Biosicherheitsstufe 3. In diesem Labor untersuchen wir auch, wie diese Viren von Stechmücken übertragen werden. Dafür müssen wir eine bestimmte persönliche Schutzausrüstung tragen – wir sind dabei komplett in Plastik gehüllt.“

Die Grundlagenforschung umfasst langfristige Überlegungen darüber, was in Zukunft möglich sein könnte. Derzeit denkt Dr. Fros auch oft über die bereits heute vorhandenen Impfstoffe nach. „Gute Impfstoffe sind wichtig, um die Menschen zu schützen, u. a. auch Neugeborene. Meine Tochter ist gerade erst fünf Tage alt und ich muss darauf vertrauen können, dass jeder, der mit ihr in Berührung kommt, geimpft ist, damit sie geschützt ist, bis sie selbst alle nötigen Impfungen erhalten kann.“