Internationaler Kindertag: Neuer Bericht der WHO befasst sich mit Traumata von Kindern
Am 1. Juni 2020 veröffentlichte die WHO anlässlich des Internationalen Kindertags einen neuen Bericht über frühkindliche Traumata (auch als negative Kindheitserlebnisse bezeichnet), dessen Schwerpunkt insbesondere auf Belarus und der Ukraine lag.
Auch wenn Kinder nicht zu den vorrangig durch COVID-19 gefährdeten Risikogruppen zählen, können sie durch die Ausbreitung der Krankheit zu verborgenen Opfern werden. Der globale Anstieg zwischenmenschlicher Gewalt ist ein erschreckender Indikator dafür, dass viele Kinder während der anhaltenden Pandemie eine Form von frühkindlichem Trauma erleben. Der Internationale Kindertag erinnert an unsere gemeinsame Pflicht zum Schutz der Rechte und des Wohlergehens von Kindern in allen Teilen der Welt.
Hohe Raten frühkindlicher Traumata stellten in mittel- und osteuropäischen Ländern schon lange vor dem Beginn der gegenwärtigen Pandemie eine Herausforderung dar. Sie wurden in der Vergangenheit mit gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und umweltbedingten Umwälzungen in Verbindung gebracht.
Frühkindliche Traumata sind eine wichtige Determinante von Gesundheit und Wohlbefinden im gesamten Lebensverlauf. So sind etwa Menschen, die ein derartiges Trauma erlebt haben, im späteren Verlauf ihres Lebens stärker durch Suizid und Substanzmissbrauch gefährdet. Es gibt derzeit jedoch nur wenige genauere Analysen zu den soziokulturellen Kontexten, in denen diese Art von Traumata erlebt, verstanden und bewältigt wird.
In Ergänzung zu wichtiger quantitativer Forschung, wie etwa der Studie über das Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter, erweitert dieser neue Bericht die Evidenzgrundlage, indem er auch die Perspektiven jener Menschen berücksichtigt, die am stärksten in frühkindliche Traumata involviert und persönlich von ihnen betroffen sind. Hierzu zählen Eindrücke aus erster Hand von wichtigen Akteuren, darunter Psychiater, Kinderärzte, Lehrer, Anwälte und religiöse Führungspersönlichkeiten. Auf diese Weise zielt der Bericht darauf ab, die Isolation einzelner Bereiche zu überwinden, die Identifikation gemeinsamer Ziele und einheitlicher Ansätze zu erleichtern und Solidarität aufzubauen.
Der Bericht analysiert diese Beiträge wichtiger Akteure und enthält klare, handlungsorientierte Erwägungen für politische Entscheidungsträger, Organisationen und Gemeinschaften. Er identifiziert drei vorrangige Handlungsfelder:
- evidenzbasierte Aus- und Weiterbildung zur Verhinderung, Feststellung und Bewältigung frühkindlicher Traumata;
- eindeutige Rollen, Protokolle und Kommunikationswege in allen Handlungsbereichen zur Aktivierung und Anleitung des Bewältigungsprozesses; und
- ressortübergreifende Partnerschaften und Netzwerke zur Nutzung von Ressourcen, zur Linderung von Burnout unter Praktikern und zum Aufbau eines Kontinuums der Unterstützung und Versorgung innerhalb von Gemeinschaften.
Der Bericht wurde im Rahmen des Projekts des WHO-Regionalbüros für Europa zu den kulturellen Kontexten von Gesundheit und Wohlbefinden ausgearbeitet. Ziel dieses Projekts ist es, die Gestaltung der Gesundheitspolitik durch ein differenzierteres Verständnis dafür zu verbessern, inwiefern kulturelle Faktoren die Wahrnehmung von Gesundheit und Wohlbefinden beeinflussen. An der Erstellung dieses Berichts waren folgende Partner beteiligt:
- das WHO-Kooperationszentrum für Kultur und Gesundheit an der Universität Exeter (Vereinigtes Königreich);
- das Regionalzentrum für Psychiatrie und Suchtkrankheiten in Minsk (Belarus);
- das Institut für psychische Gesundheit der Katholischen Universität der Ukraine;
- das Programm Psychische Gesundheit des WHO-Regionalbüros für Europa;
- das WHO-Länderbüro in der Ukraine; und
- das WHO-Länderbüro in Belarus.