Videobotschaft zum Welt-Aids-Tag: Eine gute psychische Gesundheit für Menschen mit HIV gewährleisten


Kopenhagen, 1. December 2020, Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa

Lassen Sie uns zum diesjährigen Welt-Aids-Tag Bilanz ziehen hinsichtlich der erzielten Fortschritte und darüber nachdenken, was wir gelernt haben. 2020 war angesichts der durch COVID-19 bedingten Störungen und Verheerungen für niemanden ein leichtes Jahr.

Die Auswirkungen der Pandemie sind in höchstem Maße ungleich verteilt, wobei marginalisierte und anfällige Gruppen am stärksten von der Krise betroffen sind.

Als der COVID-19-Ausbruch Europa erreichte, waren unsere Gesundheitssysteme gezwungen, sich schneller als je zuvor anzupassen. In den meisten Ländern ging dies zulasten der Versorgung von Patienten, die an anderen Erkrankungen leiden, wie etwa HIV. Während COVID-19 sich immer weiter ausbreitete, meldeten im Juli 13% der Länder in der Europäischen Region der WHO, dass die Gefahr einer Unterbrechung der Angebote für die antiretrovirale Therapie bestehe.

Während wir erneut mit einem raschen Anstieg der COVID-19-Fälle kämpfen, ist es trotz der schweren Belastung, die die Pandemie bereits jetzt für unsere Gesundheitssysteme und unser Gesundheitspersonal darstellt, unerlässlich, dass wir uns darum bemühen, die Zahl verpasster Möglichkeiten zur Prävention von HIV zu verringern und die Kontinuität von Tests, Behandlungen und Beratungsangeboten zu gewährleisten.

In diesem Jahr haben wir drei wichtige Lektionen gelernt, die dazu beitragen können, die Fortschritte voranzutreiben:

  1. Starke Gesundheitssysteme sind von entscheidender Bedeutung.
  2. Eine angemessene HIV-Versorgung umfasst auch Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit.
  3. Solidarität und Partnerschaft sind der Weg aus dieser Krise.

Zunächst einmal lässt sich feststellen, dass die COVID-19-Pandemie unsere Überzeugung gefestigt hat, dass starke Gesundheitssysteme von zentraler Bedeutung sind, wenn es darum geht, unsere Gemeinschaften zu schützen. Um die Wirksamkeit dieser Systeme zu gewährleisten, müssen sie für alle Menschen zugänglich sein. Das Europäische Arbeitsprogramm (EPW), unser gesundheitlicher Zielkatalog in der Europäischen Region für den Zeitraum 2020–2025, enthält die Verpflichtung, niemanden zurückzulassen. Zur Erreichung dieses Ziels sind hochwertige HIV-Angebote von zentraler Bedeutung.

Menschen, die mit HIV leben, haben ein deutlich höheres Risiko, psychische Gesundheitsprobleme zu entwickeln. Viele leiden an Depressionen und Angstzuständen. Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen wiederum können auch ein höheres Risiko aufweisen, sich mit HIV zu infizieren.

Im Rahmen des EPW habe ich das Thema psychische Gesundheit zu einem zentralen Anliegen und einer Priorität gemacht. Die Fokussierung des WHO-Regionalbüros für Europa auf das Thema psychische Gesundheit wird durch das „Bündnis für psychische Gesundheit“ operationalisiert, das unter der Schirmherrschaft der Fürsprecherin für die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, Ihrer Majestät Königin Mathilde von Belgien, zusammenkommt. Es bringt Mitgliedstaaten und prominente Fürsprecher sowie Leistungsempfänger, Leistungsanbieter und Innovatoren zusammen, um die Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit zu reformieren und Stigmata zu bekämpfen. Durch die Integration von HIV-Angeboten und Angeboten im Bereich der psychischen Gesundheit werden wir in der Lage sein, mehr Menschen mit der fachärztlichen Versorgung und lebensrettenden Unterstützung zu erreichen, die sie so dringend benötigen.

Und zu guter Letzt ist zur Realisierung dieser Bemühungen mehr Solidarität erforderlich.

Es wartet jede Menge Arbeit auf uns. Mehr als 2 Mio. Menschen in der Europäischen Region der WHO sind von HIV betroffen. Der „Aktionsplan für Maßnahmen des Gesundheitswesens gegen HIV“ aus dem Jahr 2016 zielt darauf ab, die Aids-Epidemie als Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der Europäischen Region bis zum Jahr 2030 in Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung zu beenden. Dafür sind die Partnerschaft und Solidarität mit Ihnen allen, mit Ihren Mitgliedstaaten, mit Politikern und mit Partnerorganisationen wie UNAIDS von entscheidender Bedeutung.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das diesjährige Motto des Welt-Aids-Tags aufmerksam machen: „Globale Solidarität, gemeinsame Verantwortung“. Wir dürfen nicht vergessen, dass niemand sicher ist, solange nicht alle sicher sind. Wenn wir einen Weg aus der Krise finden wollen, müssen wir alle mit einbinden. Wenn wir unsere Gemeinschaften vor künftigen Krisen schützen wollen, dürfen wir niemanden zurücklassen.