Welche Lehren lassen sich aus Kristas Geschichte für die Psychiatriepolitik ziehen?
Kristas Geschichte ruft beim Leser zwangsläufig Mitgefühl hervor. Das Mädchen ist in einem problematischen Umfeld aufgewachsen und hat von seiner Familie, insbesondere dem alkoholkranken Vater, keine Unterstützung erhalten. Sie alle hatten offenbar Probleme in einer Gesellschaft, in der Offenheit nicht eben als Tugend galt. Kristas Geschichte ist deshalb bemerkenswert, weil sie vergibt – da sie erkennt, dass auch ihr Vater eine Geschichte von zerstörten Träumen zu erzählen gehabt hätte.
Wichtig ist aber auch, dass Krista erkannte, dass ihre traurige, isolierte und hoffnungslose Existenz nicht ihrem wahren Ich entsprach. Sie hatte das Glück, einen kompetenten Therapeuten mit viel Einfühlungsvermögen zu finden, der ihr die benötigte Hilfe anbot und es ihr ermöglichte, endlich dieses wahre Ich zu finden. Seitdem hat Krista ihre Erfahrungen dazu benutzt, anderen zu helfen – mit großem Erfolg. Sie hat ihre Chance ergriffen und zu einer positiven Lebenseinstellung gefunden, die sie an ihr Umfeld weitergeben kann.
Diese Geschichte zeigt, wie sehr Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen mit einer sensiblen psychiatrischen Versorgung geholfen werden kann. Eine Geschichte von Selbstermächtigung. Und eine Geschichte von einem stützenden Umfeld mit Menschen wie dem Leiter der Privatschule, die bereit sind, leidgeprüften Menschen zu helfen. In der psychiatrischen Versorgung beschäftigen wir uns zu oft einseitig mit Stigma und Diskriminierung. Natürlich sind diese nur allzu gegenwärtig, doch hören wir nur selten von der Güte der Menschen.
Dr. Matt Muijen, Regionalbeauftragter, WHO-Regionalbüro für Europa