Ricardos Geschichte
Zu meiner Genesung haben viele Faktoren beigetragen: Die Hilfe und Gesellschaft guter Freunde, die Wiederentdeckung alter Freuden, die Unterstützung meiner Familie, das Dasein für andere, das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft.
Meine psychischen Probleme begannen im Alter von 21 Jahren, als ich mich auf meine Prüfungen an der Universität vorbereitete. Nach 18 Jahren im Schulbetrieb fühlte ich mich einsam, traurig und völlig erschöpft. Außerdem hatte ich wohl Probleme damit, den Übergang von der Jugend ins Erwachsenenleben zu vollziehen. Ich wollte mich nicht an die vor mir liegende Zukunft anpassen und fühlte mich verloren und machtlos.
Der Ausbruch der Krise verwandelte mein Leben in ein Chaos. Eine Flut wirrer Gedanken und schmerzlicher Gefühle brach über mich herein, und ich war nicht mehr in der Lage, meinen normalen Alltag zu bewältigen. Mein Delirium und meine Paranoia erschreckten alle in meiner Umgebung – und mich selbst. Glücklicherweise hatte ich die Unterstützung meiner Familie und Freunde, doch mit meinem Zustand verschlechterte sich auch mein Verhältnis zu ihnen rapide. Sie waren ebenso hilflos wie ich, und alles erschien mir hoffnungslos, da ich wusste, dass ich an einer psychischen Erkrankung litt.
Aus heutiger Sicht vermute ich, dass es Schizophrenie war. Glücklicherweise hatte ich nur ein- oder zweimal einen Zusammenbruch, doch ich wurde nie in die Psychiatrie eingewiesen. Seit damals gehe ich regelmäßig zu meinem Arzt. Ich begab mich in Gesprächstherapie, die für mich eine sehr positive Erfahrung war und mir dabei half, mich selbst besser zu verstehen. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Genesung sind meiner Überzeugung nach persönliches Engagement und der Wunsch nach Besserung.
Ich ziehe Angebote der Gemeindepsychiatrie großen psychiatrischen Einrichtungen vor. Hier ist die Atmosphäre angenehmer und entspannter und der Zugang für die Patienten unproblematischer.
Meine Mitarbeit in einer Betroffenenorganisation, der Gesellschaft für die soziale Eingliederung psychisch Kranker (AEMIS), hat sich als lohnend und nützlich erwiesen. Als ich vor sieben Jahren Mitglied von AEMIS wurde, hatte ich keine Ahnung, in welche Richtung ich damit steuerte. Unsere Organisation begann als Bewegung von Betroffenen, die psychiatrische Dienste in Anspruch genommen haben und die daran glaubten, dass durch gemeinsame Anstrengungen und die Sicherung von mehr Einflussmöglichkeiten eine Verbesserung ihrer Situation erreicht werden könne.
Heute gehören ihr neben Menschen mit psychischen Problemen auch Freiwillige, Angehörige der Gesundheitsberufe sowie eine Reihe von festen Mitarbeitern an. AEMIS betreibt ein Freizeit- und Kulturzentrum und ein Beschäftigungszentrum für Betroffene; beide werden von der Europäischen Union gefördert. Unsere Organisation hat eine Kampagne gegen Stigmatisierung durchgeführt, Veranstaltungen mit Künstlern und Musikern aus der Region organisiert und Schulungsmaterial zum Thema psychische Gesundheit erstellt, das für Bildungseinrichtungen und Freiwillige konzipiert ist. Darüber hinaus setzt sie sich aktiv für die Rechte von Betroffenen ein.
Ich selbst war in der Öffentlichkeitsarbeit, als Dozent für Literatur und Journalismus und als Sprecher der Organisation tätig. Dabei habe ich Presse-, Rundfunk- und Fernsehinterviews gegeben und eine Vielzahl interessanter Menschen kennen gelernt: Journalisten, Angehörige von Patienten, Politiker und Freiwillige. Ich bin stolz darauf, zu all dem beigetragen zu haben, und habe das Gefühl, damit nicht nur anderen, sondern auch mir selbst zu helfen. Und durch unsere gemeinsamen Anstrengungen bei AEMIS haben wir für uns mehr Würde, Aufmerksamkeit und Selbstbefähigung gewonnen.
Was das Stigma betrifft, so verberge ich meine früheren psychischen Probleme nicht, aber ich erzähle auch nicht jedem davon. Meine Familie und meine Freunde wissen darüber Bescheid, aber ich bin nicht der Meinung, dass meine Persönlichkeit durch und durch von meiner Krankheit geprägt ist.
Als Mitglied von AEMIS spreche ich in aller Offenheit über meine psychischen Probleme, um meinen Zuhörern direkt vor Augen zu führen, dass eine Genesung möglich ist, und um anderen Betroffenen damit etwas Hoffnung zu machen.
Ich bin der Überzeugung, dass Stigmatisierung auf vielerlei Weise bekämpft werden muss, u. a. durch die Medien, durch Verbesserung der Behandlung, durch Familientherapie und Selbsthilfegruppen und durch Artikulierungsmöglichkeiten für Patienten und ihre Beteiligung an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen.
Andererseits halte ich eine gewisse Scham über die eigene Krankheit auch für durchaus normal. Denn ist irgendjemand gänzlich frei von solchen Gefühlen? Das kann ich mir nicht vorstellen.
Wohnen erweist sich als einer der schwierigsten Aspekte meiner Krankheit. Es ist schwer, mit einem Menschen zusammenzuleben, der an psychischen Problemen leidet. Es erfordert ein hohes Maß an Geduld und Liebe und bedeutet eine erhebliche Belastung für die Familie. Ich wohne noch bei meinen Eltern, da es für mich in meiner derzeitigen Situation der beste Ort ist, aber ich gehe davon aus, dass ich in naher Zukunft unabhängig sein werde.
Ich habe eine Stelle im öffentlichen Dienst, die meinen Qualifikationen entspricht. (In Spanien ist es nach einem neuen Gesetz vorgeschrieben, mindestens 5% dieser Stellen mit Bewerbern mit Behinderungen zu besetzen) Gleichzeitig studiere ich jedoch weiter und hoffe, irgendwann eine bessere Stelle zu finden. Ich war schon immer ein eifriger Leser, aber wegen meiner Krankheit musste ich einige Jahre lang damit aufhören. Im Zuge meiner Genesung begann ich wieder mit dem Lesen – und auch erstmals mit dem Schreiben.
Heute habe ich das Gefühl, in die Gesellschaft integriert zu sein, vielleicht mehr als viele andere, weil ich arbeite und mit so vielen Menschen aus allen Lebensbereichen zu tun habe. Außerdem zeigt die Arbeit unserer Organisation AEMIS zur Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung inzwischen erste Erfolge. Natürlich liegt noch ein langer Weg vor uns, doch ich bin überzeugt, wir bewegen uns Schritt für Schritt in Richtung einer mehr integrativen Gesellschaft.
Meine psychischen Probleme begannen im Alter von 21 Jahren, als ich mich auf meine Prüfungen an der Universität vorbereitete. Nach 18 Jahren im Schulbetrieb fühlte ich mich einsam, traurig und völlig erschöpft. Außerdem hatte ich wohl Probleme damit, den Übergang von der Jugend ins Erwachsenenleben zu vollziehen. Ich wollte mich nicht an die vor mir liegende Zukunft anpassen und fühlte mich verloren und machtlos.
Der Ausbruch der Krise verwandelte mein Leben in ein Chaos. Eine Flut wirrer Gedanken und schmerzlicher Gefühle brach über mich herein, und ich war nicht mehr in der Lage, meinen normalen Alltag zu bewältigen. Mein Delirium und meine Paranoia erschreckten alle in meiner Umgebung – und mich selbst. Glücklicherweise hatte ich die Unterstützung meiner Familie und Freunde, doch mit meinem Zustand verschlechterte sich auch mein Verhältnis zu ihnen rapide. Sie waren ebenso hilflos wie ich, und alles erschien mir hoffnungslos, da ich wusste, dass ich an einer psychischen Erkrankung litt.
Aus heutiger Sicht vermute ich, dass es Schizophrenie war. Glücklicherweise hatte ich nur ein- oder zweimal einen Zusammenbruch, doch ich wurde nie in die Psychiatrie eingewiesen. Seit damals gehe ich regelmäßig zu meinem Arzt. Ich begab mich in Gesprächstherapie, die für mich eine sehr positive Erfahrung war und mir dabei half, mich selbst besser zu verstehen. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Genesung sind meiner Überzeugung nach persönliches Engagement und der Wunsch nach Besserung.
Ich ziehe Angebote der Gemeindepsychiatrie großen psychiatrischen Einrichtungen vor. Hier ist die Atmosphäre angenehmer und entspannter und der Zugang für die Patienten unproblematischer.
Meine Mitarbeit in einer Betroffenenorganisation, der Gesellschaft für die soziale Eingliederung psychisch Kranker (AEMIS), hat sich als lohnend und nützlich erwiesen. Als ich vor sieben Jahren Mitglied von AEMIS wurde, hatte ich keine Ahnung, in welche Richtung ich damit steuerte. Unsere Organisation begann als Bewegung von Betroffenen, die psychiatrische Dienste in Anspruch genommen haben und die daran glaubten, dass durch gemeinsame Anstrengungen und die Sicherung von mehr Einflussmöglichkeiten eine Verbesserung ihrer Situation erreicht werden könne.
Heute gehören ihr neben Menschen mit psychischen Problemen auch Freiwillige, Angehörige der Gesundheitsberufe sowie eine Reihe von festen Mitarbeitern an. AEMIS betreibt ein Freizeit- und Kulturzentrum und ein Beschäftigungszentrum für Betroffene; beide werden von der Europäischen Union gefördert. Unsere Organisation hat eine Kampagne gegen Stigmatisierung durchgeführt, Veranstaltungen mit Künstlern und Musikern aus der Region organisiert und Schulungsmaterial zum Thema psychische Gesundheit erstellt, das für Bildungseinrichtungen und Freiwillige konzipiert ist. Darüber hinaus setzt sie sich aktiv für die Rechte von Betroffenen ein.
Ich selbst war in der Öffentlichkeitsarbeit, als Dozent für Literatur und Journalismus und als Sprecher der Organisation tätig. Dabei habe ich Presse-, Rundfunk- und Fernsehinterviews gegeben und eine Vielzahl interessanter Menschen kennen gelernt: Journalisten, Angehörige von Patienten, Politiker und Freiwillige. Ich bin stolz darauf, zu all dem beigetragen zu haben, und habe das Gefühl, damit nicht nur anderen, sondern auch mir selbst zu helfen. Und durch unsere gemeinsamen Anstrengungen bei AEMIS haben wir für uns mehr Würde, Aufmerksamkeit und Selbstbefähigung gewonnen.
Was das Stigma betrifft, so verberge ich meine früheren psychischen Probleme nicht, aber ich erzähle auch nicht jedem davon. Meine Familie und meine Freunde wissen darüber Bescheid, aber ich bin nicht der Meinung, dass meine Persönlichkeit durch und durch von meiner Krankheit geprägt ist.
Als Mitglied von AEMIS spreche ich in aller Offenheit über meine psychischen Probleme, um meinen Zuhörern direkt vor Augen zu führen, dass eine Genesung möglich ist, und um anderen Betroffenen damit etwas Hoffnung zu machen.
Ich bin der Überzeugung, dass Stigmatisierung auf vielerlei Weise bekämpft werden muss, u. a. durch die Medien, durch Verbesserung der Behandlung, durch Familientherapie und Selbsthilfegruppen und durch Artikulierungsmöglichkeiten für Patienten und ihre Beteiligung an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen.
Andererseits halte ich eine gewisse Scham über die eigene Krankheit auch für durchaus normal. Denn ist irgendjemand gänzlich frei von solchen Gefühlen? Das kann ich mir nicht vorstellen.
Wohnen erweist sich als einer der schwierigsten Aspekte meiner Krankheit. Es ist schwer, mit einem Menschen zusammenzuleben, der an psychischen Problemen leidet. Es erfordert ein hohes Maß an Geduld und Liebe und bedeutet eine erhebliche Belastung für die Familie. Ich wohne noch bei meinen Eltern, da es für mich in meiner derzeitigen Situation der beste Ort ist, aber ich gehe davon aus, dass ich in naher Zukunft unabhängig sein werde.
Ich habe eine Stelle im öffentlichen Dienst, die meinen Qualifikationen entspricht. (In Spanien ist es nach einem neuen Gesetz vorgeschrieben, mindestens 5% dieser Stellen mit Bewerbern mit Behinderungen zu besetzen) Gleichzeitig studiere ich jedoch weiter und hoffe, irgendwann eine bessere Stelle zu finden. Ich war schon immer ein eifriger Leser, aber wegen meiner Krankheit musste ich einige Jahre lang damit aufhören. Im Zuge meiner Genesung begann ich wieder mit dem Lesen – und auch erstmals mit dem Schreiben.
Heute habe ich das Gefühl, in die Gesellschaft integriert zu sein, vielleicht mehr als viele andere, weil ich arbeite und mit so vielen Menschen aus allen Lebensbereichen zu tun habe. Außerdem zeigt die Arbeit unserer Organisation AEMIS zur Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung inzwischen erste Erfolge. Natürlich liegt noch ein langer Weg vor uns, doch ich bin überzeugt, wir bewegen uns Schritt für Schritt in Richtung einer mehr integrativen Gesellschaft.