WHO veröffentlicht zwei wichtige Berichte

Kopenhagen, 22. November 2010

Das WHO-Hauptbüro hat gerade zwei wichtige globale Berichte veröffentlicht: den Weltgesundheitsbericht 2010, der am 22. November in Berlin auf einer von der deutschen Regierung ausgerichteten Ministerkonferenz zum Thema Gesundheitsfinanzierung vorgestellt wurde; und einen neuen Bericht über Defizite bei der gesundheitlichen Chancengleichheit im städtischen Bereich, der vergangene Woche in Kobe (Japan) veröffentlicht wurde.

Weltgesundheitsbericht 2010

Der unter dem Titel The world health report – Health systems financing: the path to universal coverage veröffentlichte Weltgesundheitsbericht gibt den Regierungen in aller Welt praktische Empfehlungen. Eine seiner zentralen Aussagen besteht darin, dass alle Länder, ob reich oder arm, ihre Mechanismen zur Gesundheitsfinanzierung so anpassen können, dass mehr Menschen die benötigten Gesundheitsleistungen erhalten. Weiterhin werden die Geber ermutigt, Länder mit niedrigem bis mittlerem Einkommen bei ihren Bemühungen zur Durchführung der nötigen Reformen zu unterstützen.

„Niemand darf jemals von Verarmung bedroht sein, nur weil er Gesundheitsleistungen braucht“, sagt WHO-Generaldirektorin Dr. Margaret Chan. „In dem Bericht wird ein Schritt-für-Schritt-Ansatz empfohlen. Wir ermutigen jedes Land, diesen Ansatz zu verfolgen und im kommenden Jahr mindestens eine der Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheitsfinanzierung und zur Erhöhung des Versorgungsgrades der Bevölkerung umzusetzen.“

In dem Bericht werden Optionen zur Verbesserung der Gesundheitsfinanzierung in drei Hauptbereichen aufgezeigt:

  1. Beschaffung von mehr Finanzmitteln für das Gesundheitswesen durch Diversifizierung der Finanzierungsquellen;
  2. Schaffung einer ausreichenden finanziellen Absicherung im Falle von Gesundheitsproblemen;
  3. Verbesserung von Effizienz und Chancengleichheit hinsichtlich der Verwendung der Mittel.

Konkret werden zehn Ursachen für mangelnde Effizienz in Gesundheitssystemen in aller Welt genannt, die einer angemessenen Nutzung der verfügbaren Ressourcen im Wege stehen. Beispielsweise könnte in 17 Ländern mit mittlerem Einkommen durch einen Wechsel von Originalmedikamenten zu den preisgünstigsten Generika eine Kosteneinsparung für die Patienten in Höhe von durchschnittlich 60% erzielt werden. Andere Ursachen für mangelnde Effizienz sind unzweckmäßige Krankenhauseinweisungen, zu lange Krankenhausaufenthalte und unwirtschaftliche Krankenhauseinrichtungen.

Durch Einführung von Konzepten wie dem strategischem Einkauf anstatt einer passiven Bezahlung von Gesundheitsleistungen kann eine deutliche Erhöhung der Effizienz erreicht werden. Bei strategischen Einkaufsmodellen erfolgen Kaufentscheidungen aufgrund einer eingehenden Analyse der gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung, aber auch anhand der Erkenntnisse über eine kostenwirksame Leistungserbringung.

Die internationale Staatengemeinschaft kann wesentlich dazu beitragen, den Regierungen bei der Durchführung der nötigen Anpassungsmaßnahmen in der Gesundheitsfinanzierung behilflich zu sein. Weltweit gibt es heute noch 31 Länder, in denen die jährlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf unter 35 US-$ betragen. Wenn alle Geberländer ihr Versprechen erfüllten, 0,7% ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) als staatliche Entwicklungshilfe bereitzustellen, könnten in den Ländern mit niedrigerem Einkommen bis zum Jahr 2015 rund 3 Mio. Menschenleben zusätzlich gerettet werden.

Das WHO-Regionalbüro für Europa unterstützt vor allem durch sein Büro in Barcelona die Regierungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Reformen in der Gesundheitsfinanzierung und bei der Überwachung der dabei erzielten Fortschritte. Dies geschieht vor allem auf dem Wege direkter fachlicher Unterstützung für die Länder durch Grundsatzdialoge und Analysen, Schulungen über Gesundheitsfinanzierung und die Anbahnung von Kontakten zwischen den Ländern mit dem Ziel eines Informations- und Erfahrungsaustauschs.

Versteckte Städte: Ein Bericht über gesundheitliche Ungleichheiten

Die WHO hat zusammen mit dem Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-HABITAT) die Publikation Hidden cities: unmasking and overcoming health inequities in urban settings [dt.: Versteckte Städte: Ermittlung und Überwindung von Defiziten bei der gesundheitlichen Chancengleichheit im städtischen Bereich] veröffentlicht. Der Bericht wurde vergangene Woche auf dem Globalen Forum „Urbanisierung und Gesundheit“ in Kobe (Japan) als Bestandteil der Kampagne der WHO zum Weltgesundheitstag 2010 veröffentlicht.

Er enthält eine umfassende Bewertung der sozialen, ökonomischen und physischen Ursachen für gesundheitliche Ungleichheiten in Städten und belegt, dass die Aufschlüsselung von Daten dazu beitragen kann, gesundheitsbezogene Ungleichgewichte aufzuzeigen. Der Bericht macht sich die reichhaltige Erfahrung zunutze, die das WHO-Regionalbüro für Europa in der Lokalpolitik im Rahmen der Gesunde-Städte-Netzwerke bei der Zusammenarbeit mit Kommunalbehörden in Bezug auf Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit gesammelt hat.

Zwar haben Stadtbewohner einen besseren Zugang zu Gesundheits- und Sozialleistungen als Landbewohner, doch bestehen oft enorme gesundheitliche Ungleichheiten zwischen den Bewohnern innerhalb einer Stadt. Die rapide Urbanisierung in den Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen ruft nicht nur Besorgnis über Umweltrisiken und eine unzureichende Gesundheitsinfrastruktur hervor, sondern hat auch eine Konzentration älterer Bevölkerungsgruppen in den Städten zur Folge. Diesen demografischen Veränderungen muss die Gesundheitspolitik Rechnung tragen, um in den Städten eine gesundheitliche Chancengleichheit zwischen allen Altersgruppen zu gewährleisten.

„Gesundheitliche Ungleichheiten im städtischen Bereich werden oft übersehen; schuld daran ist die Art und Weise, in der Informationen normalerweise erfasst und analysiert werden. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Urbanisierung zwar Wohlstand und Gesundheit für die Bürger gebracht, aber auch zu ungerechten Unterschieden in Bezug auf den Gesundheitsstatus der in den Städten lebenden Menschen geführt hat“, sagt Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa.

Gesundheitliche Ungleichheiten im städtischen Bereich können nur entdeckt werden, wenn gesundheitsbezogene Informationen nach den bestimmenden Eigenschaften von Stadtbewohnern aufgeschlüsselt werden, nämlich sozioökonomischer Status und Wohnort.

Die WHO und UN-HABITAT haben Instrumente entwickelt, die die Schaffung der erforderlichen Evidenzgrundlage erleichtern. Mit dem Bewertungs- und Handlungsinstrument der WHO für gesundheitliche Chancengleichheit (Urban HEART) wird die Verwendung verfügbarer Daten gefördert, die nach sozioökonomischer Gruppe und geografischem Bereich aufgeschlüsselt werden. Durch seine Handlungskomponente werden die Nutzer in die Lage versetzt, die Konzepte und Interventionen zu bestimmen, die für einen Abbau bestimmter gesundheitlicher Ungleichheiten am geeignetsten sind. Die Plattform UrbanInfo des UN-HABITAT ermöglicht es den Nutzern, städtische Indikatoren mit Hilfe eines breiten Spektrums an Präsentations-Tools darzustellen und zu analysieren.