Flüchtlingsansturm auf die Mittelmeerländer der Europäischen Union: Kommende Heraus-forderungen für die Gesundheitssysteme

Abschlusskommuniqué einer Tagung auf hoher Ebene

Rom, 14. April 2011

Mit einem Abschlusskommuniqué endete gestern die Tagung auf hoher Ebene zum Flüchtlingsansturm auf die Mittelmeerländer der Europäischen Union und künftige Herausforderungen für die Gesundheitssysteme. In ihm wird die Notwendigkeit des Ausbaus der Kapazitäten im Gesundheitswesen für Notfallvorsorge und Notfallmaßnahmen in Herkunfts- und Empfangsländern und die Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit angesichts der zunehmenden Flüchtlingsmassen im Gefolge der aktuellen Krise im Mittelmeerraum sowie für nicht vorhersagbare künftige Szenarien betont.

Die Tagung war vom italienischen Gesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit der Ge-neraldirektion Gesundheit und Verbraucher der Europäischen Kommission und mit Unterstützung des WHO-Regionalbüros für Europa organisiert worden und brachte hochrangige Vertreter aus Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Ungarn und Zypern sowie vom Regionalbüro für den östlichen Mittelmeerraum, von der Internationalen Organisation für Migration und vom Europäischen Zentrum für die Kontrolle und die Prävention von Krankheiten zusammen.

Seit Januar 2011 sind ca. 27 000 Migranten in Europa eingetroffen. 80% davon kamen aus Tune-sien. Im Abschlusskommuniqué heißt es hierzu: Auch wenn die Migration derzeit noch nicht zu alarmierenden Gesundheitszuständen für die Gesundheitssysteme der Mittelmeerländer der Europäischen Union (EU) und für Europa insgesamt geführt hat, so gilt es die gesundheitlichen Bedürfnisse der großen und sehr heterogenen Flüchtlingsmassen wahrzunehmen und angemessene Schritte einzuleiten wie etwa die Überwachung von Infektionskrankheiten und neu oder erneut auftretenden Erkrankungen.

Ein wichtiges Ergebnis der Erörterungen war die Erkenntnis, dass jeder Migrant unabhängig von seinem rechtlichen Status zeitnah Zugang zu lebenswichtigen Gesundheitsleistungen erhalten sollte, schon um die Gesundheit der Bevölkerung der Aufnahmeländer zu schützen. Außerdem wurde die Unterstützung der von kriegerischen Auseinandersetzungen betroffenen Länder im Ausbau ihrer nationalen Kapazitäten, hierunter zusätzlich ökonomische Hilfen und Ausbildung für das Gesund-heitspersonal, als ein wesentlicher Schritt zur Sicherung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung sowohl in den Herkunfts- als auch in den Aufnahmeländern gesehen.

Insbesondere einigten sich die Teilnehmer auf folgende Grundsätze:

  • allen Migranten das Recht auf Gesundheit zu garantieren und eine Stigmatisierung durch fälschlich zugeschriebene Bedrohungspotenziale für die öffentliche Gesundheit aus dem Zustrom von Bevölkerungsgruppen zu vermeiden (ein signifikantes Vorkommen von Tropenkrankheiten wie Malaria, Cholera, fortgeschrittene Tuberkulose oder virales hämorrhagisches Fieber ist wegen hoher Standards in der Abwasserentsorgung und Schädlingsbekämpfung bzw. wegen des Fehlens geeigneter Überträger sehr unwahrscheinlich),
  • die Vorbereitung der EU-Länder für Gegenmaßnahmen im Falle steigenden Bedarfs an Gesundheitsversorgung für chronische Krankheiten zu stärken, Ausbrüche infektiöser Krankheiten zu verhindern und Umweltgefahren mit fachlicher Unterstützung von ECDC und WHO zu bewältigen.
  • die internationale Kooperation und Solidarität in den gesundheitspolitischen Krisenaspekten mit Hilfe der Europäischen Kommission, der WHO-Regionalbüros und der Koordination durch die Vereinten Nationen auszuweiten und dabei auch die Zivilgesellschaft einzubeziehen;
  • die Erhebung und den Austausch von Daten durch bestehende Instrumente (Stichworte: Internationale Gesundheitsvorschriften und Frühwarn- und Reaktionssystem) und Forschungs-, Untersuchungs- und Ausbildungskapazitäten im Bereich gesundheitlicher Migrationsfolgen zu verbessern;
  • die Zuwendung finanzieller Mittel auf europäischer Ebene für Notfallvorsorge und Not-fallmaßnahmen für die Gesundheit angesichts der Auswirkungen der Massenmigration zu erkunden (Erörterung auf der nächsten Tagung des Rates der Gesundheitsminister der EU in Luxemburg am 6. Juni 2011).


Pressekontakte im italienischen Gesundheitsministerium

Paolo Mazzanti
Pressesprecher und Leiter des Pressebüros
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Geschäftsführerin des Pressebüros
Telefon: +39 06 59945289 – 5397
E-Mail: ufficiostampa@sanita.it


Pressekontakte im WHO-Regionalbüro für Europa

Cristiana Salvi
Fachreferentin, Kommunikation
Telefon: +39 06 4877543
Mobiltel.: +39 348 0192305
E-Mail: press.he@ecr.euro.who.int