Europäische Region an vorderster Front im globalen Kampf gegen die wichtigsten Krankheiten

Baku, 13. September 2011

Im Jahr 2011 wird die Welt sich einer erheblichen Bedrohung für Gesundheit und Volkswirt-schaften bewusst. Die Regierungen in der Europäischen Region bestimmen die Maßnahmen, die zu ihrer Bewältigung notwendig sind. Nichtübertragbare Krankheiten wie Krebs, Herzkrankheit, chronische Atemwegserkrankungen und Diabetes machen etwa 86% der Todesfälle und 77% der Krankheitslast in der Europäischen Region der WHO aus. Im Vorfeld einer Tagung auf hoher Ebene der Vereinten Nationen, die sich in der nächsten Woche mit dem Thema befassen wird, wollen die Gesundheitsminister in der Europäischen Region heute eine Reihe zentraler Maßnahmen erörtern, die nötig sind, um diese Krankheiten im Hinblick auf die Doppelbelastung durch Krankheit und Finanzkrise zu bekämpfen. Nach den intensiven Diskussionen auf der ersten globalen Ministerkonferenz über gesunde Lebensführung und nichtübertragbare Krankheiten vom 28. und 29. April 2011 in Moskau werden die Minister auf der 61. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa in Baku (Aserbaidschan) diese Thematik erneut angehen.

„Wenn wir Leben retten, Krankheiten vorbeugen und Gesundheitskosten senken wollen, können wir das schaffen“, sagte Zsuzsanna Jakab, die WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Die not-wendigen Konzepte der öffentlichen Gesundheit werden seit vielen Jahren untersucht und diskutiert. Einige sind bekannt und wissenschaftlich belegt, andere sind innovativ. Sie betreffen alle Bereiche der Gesellschaft und viele Politikbereiche und sowohl das Krankheitsmanagement als auch die Förderung gesunderen Verhaltens; dies ist eine einzigartige Chance, ressortübergreifend an der Verbesserung der Gesundheitssituation zu arbeiten.“
In der Europäischen Region besteht eine erhebliche gesundheitliche Kluft, bei der die Länder im östlichen Teil noch nicht denselben Rückgang der Sterblichkeitsrate verzeichnen wie andere Teile der Region. Außerdem erhöht sich durch die Bevölkerungsalterung in der Europäischen Region die Anzahl der Menschen, die an den genannten Krankheiten leiden, was aufgrund der prekären Finanzlage eine große Herausforderung für die Gesundheitssysteme darstellt. Diese Trends beeinträchtigen Produktivität und wirtschaftliche Entwicklung und untergraben die Nachhaltig-keit der Gesundheitssysteme. Dennoch gelingt es vielen Ländern, Herzkrankheit und andere nichtübertragbare Krankheiten erfolgreich zurückzudrängen – in einigen Fällen trotz der Rezes-sion.

Kosteneffektive Konzepte

In Baku werden sich die Länder eine Vielzahl solider und kosteneffizienter Maßnahmen ansehen, die teilweise nicht nur der Öffentlichkeit, sondern auch den Regierungen zugute kommen können. Sie reichen von der Besteuerung von Tabak und Alkohol, der Ersetzung von Transfett-säuren in der Lebensmittelverarbeitung durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren und der Vermin-derung des Salzverbrauchs über die Verbesserung der Behandlung von Diabetes und Herzkrank-heit bis hin zur Optimierung der Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen. Der Akti-onsplan zur Umsetzung der Europäischen Strategie zur Prävention und Bekämpfung nichtüber-tragbarer Krankheiten (2012–2016) wurde dank immenser Beiträge von bzw. wichtigen Abspra-chen mit Mitgliedstaaten, Experten und Partnerorganisationen entwickelt. Er wird durch den Eu-ropäischen Aktionsplan zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums ergänzt.

Die Maßnahmen, die in dem Aktionsplan aufgezeigt werden, sind konkret und zielorientiert. Bluthochdruck ist einer der Hauptgründe für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und es wird ange-nommen, dass er für über die Hälfte der Schlaganfälle und für 45% der Herzkranzgefäßerkran-kungen verantwortlich ist. Es gibt zwingende Belege dafür, dass mit der Nahrung aufgenomme-nes Salz der Hauptgrund für erhöhten Blutdruck ist und dass eine verringerte Salzaufnahme den Blutdruck und somit die Zahl der blutdruckbedingten Krankheiten senkt. Mehrere Länder haben bereits verarbeitete Lebensmittel ins Visier genommen, die häufig einen „versteckten“ Gehalt an Zucker, Salz und übermäßig gesättigten Fettsäuren enthalten und vor allem Kinder als Zielgruppe haben. In der Europäischen Region hat es sich seit langem bewährt, Tabak- und Alkoholkonsum durch Besteuerung zu senken, aber diese Steuern sind in vielen Ländern noch viel zu gering, und die Minister haben sich dazu verpflichtet, sich für Fortschritte in diesem Bereich einzusetzen. Einige Länder – wie z. B. Dänemark – haben sogar Gesetze verabschiedet, die durch Be-steuerung ungesunder Nahrungsmittel eine gesündere Ernährung herbeiführen sollen. Der Akti-onsplan empfiehlt, einen Teil der Mittel, die durch solche Steuern eingenommen werden, in Pro-gramme zur Gesundheitsförderung zu investieren.

Wirtschaftlicher Zugewinn

Die steigenden gesellschaftlichen Kosten infolge nichtübertragbarer Krankheiten sind umfassend dokumentiert und werden durch die Alterung der Gesellschaft verschärft. Die Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten und ihrer Risikofaktoren stellt eine beträchtliche Belastung für das Bruttoinlandsprodukt dar, und die Betroffenen bzw. die sie betreuenden Angehörigen müs-sen möglicherweise mit Behandlungskosten, Einkommenseinbußen und Frühverrentung rechnen und sind u. U. künftig vermehrt auf Sozialhilfe angewiesen. Die Arbeitgeber und die Gesell-schaft insgesamt müssen die Last tragen, die durch Fehlzeiten, Produktivitätsausfälle und erhöhte Arbeitnehmerfluktuation entsteht. Der Aktionsplan muss realistisch sein, da er zu einer Zeit höchster Dringlichkeit und knapper Ressourcen umgesetzt wird. Aufgrund der rapide steigenden Belastung der Gesundheits- und Sozialsysteme durch nichtübertragbare Krankheiten wären die Kosten von Untätigkeit jedoch potentiell höher.

Nächste Woche findet in New York eine Tagung auf hoher Ebene der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten statt. Da die Europäische Region der WHO nun mit der neuen europäischen Gesundheitspolitik „Ge-sundheit 2020“ ein neues Kapitel einläutet und wieder verstärkt Verantwortung für den Aspekt der Bevölkerungsgesundheit wahrnimmt, ist es an der Zeit, den Fokus auf nichtübertragbare Krankheiten zu richten und diese Herausforderung anzugehen, damit ihre Bekämpfung ein inte-graler Bestandteil des Strebens nach mehr Gesundheit in der Region wird. 

Weitere Auskünfte erteilen:

Dr. Gauden Galea
Leiter, Abteilung Nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheitsförderung
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 3917 1342
Mobiltel.: +45 30450049
E-Mail: gga@euro.who.int

Viv Taylor Gee
Kommunikationsberaterin
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +45 3917 1231
Mobiltel.: +45 2272 3691
E-Mail: vge@euro.who.int