Leitendes Organ der WHO in der Europäischen Region befasst sich mit acht strategischen Vorschlägen auf der Tagesordnung

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Kopenhagen, 8. September 2016

Auf der 66. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa, die vom 12. bis 15. September in Kopenhagen stattfindet, werden sich die Vertreter der 53 Länder der Europäischen Region der WHO mit einer Reihe innovativer Aktionspläne befassen, die für die öffentliche Gesundheit von Bedeutung sind. In diesen werden ein beschleunigtes Handeln und ein stärkeres politisches Engagement in Bezug auf die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten, die Gesundheit von Frauen, die Sexual- und Reproduktionsgesundheit, die nichtübertragbaren Krankheiten, HIV/Aids, Virushepatitis, eine integrierte Leistungserbringung im Gesundheitswesen sowie die Nutzung von Daten im Bereich der öffentlichen Gesundheit gefordert.

Einen hohen Stellenwert auf der Tagesordnung haben auch das neue Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen und seine Umsetzung innerhalb des Regionalbüros für Europa und die laufenden Bemühungen zur Umsetzung des Europäischen Rahmenkonzepts für Gesundheit und Wohlbefinden, „Gesundheit 2020“, und dessen Verknüpfungen zu der vor kurzem verabschiedeten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und ihren globalen Zielen.

An der Tagung werden etwa 300 Delegierte aus den Mitgliedstaaten in der Europäischen Region, darunter eine große Zahl von Gesundheitsministern, teilnehmen. Am Montag, den 12. September wird Ihre Königliche Hoheit, die Kronprinzessin von Dänemark, und am Mittwoch, den 14. September die Generaldirektorin der WHO, Dr. Margaret Chan, jeweils eine Ansprache halten.

Strategien und Aktionspläne auf der Tagesordnung

Zu jedem Vorschlag für das Regionalkomitee hat das Regionalbüro für Europa breit angelegte Konsultationen mit fachlichen Experten, Mitgliedstaaten und Partnerorganisationen durchgeführt.

  • Die Delegierten sollen eine gemeinsame Strategie samt Aktionsplan für die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten vereinbaren, die einen Teil der forcierten Anstrengungen der Europäischen Region zur Prävention von Krankheits- und Todesfällen unter den Betroffenen während des Migrationsprozesses bilden. Im Falle einer Annahme wird dies das erste Dokument seiner Art sein, das von der WHO angenommen wird. Es propagiert stärkere, migrantensensible Gesundheitssysteme, die den Bedürfnissen der über 75 Mio. heute in der Europäischen Region lebenden grenzüberschreitenden Migranten gerecht werden.
  • Das Regionalkomitee wird sich auch mit den in den nächsten zehn Jahren anstehenden vorrangigen Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten befassen, den häufigsten Todesursachen in der gesamten Europäischen Region der WHO, die für 86% aller Todesfälle und 77% der Krankheitslast verantwortlich sind. In dem Aktionsplan gegen nichtübertragbare Krankheiten werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, diese Krankheiten mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen – mit einem gesamtstaatlichen Konzept, das über die Gesundheitspolitik hinausreicht und eine Vielzahl verschiedener Bereiche einbezieht, die Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen haben. Ferner wird darin auch für steuerliche Anreize und Vermarktungskonzepte zur Förderung gesunden Essens, für die Reformulierung von Lebensmittelprodukten mit Ersetzung von Transfetten und gesättigten Fetten durch ungesättigte Fette, für eine Verringerung des Salz- und Zuckerkonsums, für die Förderung von Bewegung und für Maßnahmen zur Verhinderung eines sitzenden Lebensstils geworben.
  • In dem neuen Aktionsplan gegen HIV/Aids wird ein dringliches und beschleunigtes Konzept zur Gewährleistung von „Behandlung für alle“ gefordert, um der Aids-Epidemie in der Europäischen Region der WHO bis 2030 ein Ende bereiten zu können. Knapp eine Million Menschen durchlaufen derzeit eine antiretrovirale Therapie, und es sind bereits gute Fortschritte bei der Eliminierung der Mutter-Kind-Übertragung des HIV in der Europäischen Region erzielt worden. Dennoch befindet sich die Europäische Region in Bezug auf HIV nach wie vor in einer entscheidenden Phase. Denn während die Zahl der Neuinfektionen weltweit zurückgeht, ist die Zahl der Neudiagnosen in der Europäischen Region seit 2005 um 76% gestiegen und hat sich in den Ländern Osteuropas und Zentralasiens sogar mehr als verdoppelt. 2015 wurden im östlichen Teil der Europäischen Region nur geschätzte 21% aller mit HIV lebenden Menschen behandelt.
  • Der Aktionsplan der Europäischen Region zur Bekämpfung der Virushepatitis wird im Falle seiner Annahme als erster derartiger Aktionsplan die Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch Virushepatitis thematisieren und ihre Eliminierung in der Europäischen Region bis 2030 anstreben. In der Europäischen Region leben nach Schätzungen 13 Mio. Menschen mit einer chronischen Hepatitis-B- und ca. 15 Mio. mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion. Zwei Drittel der Infizierten leben in den Ländern Osteuropas und Zentralasiens. Immer noch sterben in der Europäischen Region jeden Tag mehr als 450 Menschen an Leberzirrhose oder Leberkrebs, obwohl geeignete Präventionsmaßnahmen und lebensrettende Therapien vorhanden sind.
  • Die Strategie zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Frauen zielt darauf ab, gesundheitliche Benachteiligungen von Frauen und Mädchen abzubauen. Auch in den vergangenen zehn Jahren blieb die Lebenserwartung für Frauen in allen 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region höher als für Männer. Doch dem steht möglicherweise eine geringere Zahl von Lebensjahren ohne Behinderung oder Einschränkungen bei den Alltagsaktivitäten gegenüber. Frauen bewerten im Vergleich zu Männern die eigene Gesundheit niedriger, geben häufiger Erkrankungen an und verzichten öfter aus finanziellen Gründen auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Ein gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung ist für Bewohnerinnen ländlicher Gebiete, Angehörige von Minderheiten sowie den weiblichen Teil der Flüchtlinge, Migranten, Asylbewerber und Häftlinge nicht gegeben. In der Strategie wird die Bedeutung der Führungsrolle der Länder als Voraussetzung für ihre erfolgreiche Umsetzung nachdrücklich hervorgehoben.
  • In dem Aktionsplan zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit werden sowohl körperliche als auch psychische Aspekte für die Verbesserung gesundheitlicher Resultate thematisiert. Aufgrund der allgemein höheren Lebenserwartung und der Zunahme der Migration stehen zahlreiche Länder vor neuen Herausforderungen, die in Angriff genommen werden müssen, etwa das Phänomen der weiblichen Genitalverstümmelung oder die sexuelle Gesundheit von älteren Menschen und von Menschen mit Behinderungen. Der Aktionsplan enthält strategische Stoßrichtungen für politische Entscheidungsträger zur Bewältigung dieser Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit.
  • In vielen Ländern sind Gesundheitsversorgung, öffentliche Gesundheitsdienste und soziale Dienste fragmentiert. Der Handlungsrahmen für eine integrierte Leistungserbringung im Gesundheitswesen zielt auf eine Verbesserung der Gesundheitssituation durch grundlegende Umgestaltung der Gesundheitsleistungen ab. Er strebt eine koordinierte Bereitstellung von Gesundheits- und Sozialleistungen durch Systemdenken an, wobei die Gesundheitsversorgung den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird und nicht umgekehrt. Die Verzahnung der Leistungserbringung im Gesundheitswesen mit dem Ziel einer Koordinierung der Versorgung, die anstatt der Krankheiten die Menschen ins Visier nimmt, kann die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern und dafür Sorge tragen, dass diese chancengleich erfolgt. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung für die Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung, die eine der Vorgaben in den globalen Zielen für das Jahr 2030 darstellt.
  • Der Aktionsplan zur Verstärkung der Nutzung von Evidenz, Gesundheitsinformationen und Forschung für die Politikgestaltung in der Europäischen Region der WHO spiegelt die Entschlossenheit der Mitgliedstaaten wider, in ihren politischen Entscheidungsprozessen vor allem auf die vorliegende Evidenz zu achten. Er ist ein praktischer Rahmen für die Stärkung der Gesundheitsinformationssysteme und ermöglicht die Schaffung von Forschungssystemen, die die Institutionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bei der Festlegung von Prioritäten unterstützen. Er stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar und soll dazu beitragen, dass Politikgestaltung auf der Grundlage von einschlägiger Evidenz erfolgt, sodass wertvolle Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Mit Blick auf die Tagesordnung des Regionalkomitees sagte die WHO-Regionaldirektorin für Europa, Dr. Zsuzsanna Jakab: „Wir haben diese Strategien und Aktionspläne ausgearbeitet, weil wir der Überzeugung sind, dass sie auf der regionsweiten und der nationalen Ebene von entscheidender Bedeutung für alle unsere Mitgliedstaaten sind. Diese strategischen Aktionspläne sind mit den globalen Zielen für das Jahr 2030 sowie mit dem Rahmenkonzept „Gesundheit 2020“ der Europäischen Region verknüpft und werden zu ihrer Umsetzung beitragen. Durch klare Pläne und gemeinsame Prioritäten kann die Europäische Region wirksam auf mehr Gesundheit für alle hinarbeiten.“

Das vollständige Programm und die anderen Arbeitsdokumente des WHO-Regionalkomitees für Europa können von der Website des WHO-Regionalbüros für Europa heruntergeladen werden.

Die 66. Tagung des Regionalkomitees umfasst auch eine Reihe von Fachinformationssitzungen und Runden Tischen für die Minister, bei denen folgende Themen erörtert werden:

  • Eliminierung übertragbarer Krankheiten in der Europäischen Region;
  • Gesundheitsförderung im gesamten Lebensverlauf;
  • Ausrichtung des Kontrollrahmens für Gesundheit 2020 in der Europäischen Region an den Zielen für nachhaltige Entwicklung;
  • Zugang zu neuen Hochpreismedikamenten: Herausforderungen und Chancen;
  • die Bedeutung von Laboren für die Kernkapazitäten im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften und die WHO-Initiative „Better labs for better health“;
  • Aktivitäten der WHO in den Ländern der Europäischen Region.

Journalisten können die Beratungen des Regionalkomitees auf verschiedene Weise verfolgen: