Neue Leitlinien der WHO für Lärmbelastung veröffentlicht
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James Creswick
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Basel, 10. Oktober 2018
Die gerade veröffentlichten Leitlinien der WHO für Umgebungslärm in der Europäischen Region enthalten deutliche Belege dafür, dass Lärmbelastung zu den wichtigsten umweltbedingten Gefahren für die körperliche und psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung in der Europäischen Region zählt.
In dem Dokument, das den Ländern und maßgeblichen Interessengruppen am 10. Oktober 2018 in Basel offiziell präsentiert wird, werden Lärmpegel genannt, ab denen erhebliche gesundheitliche Auswirkungen drohen, und Maßnahmen zur Senkung der Belastung empfohlen. Bei der Ausarbeitung der Empfehlungen kam erstmals ein umfassender und strikter methodischer Rahmen zur Anwendung.
XX„Die zunehmende Verstädterung in der Europäischen Region führt zu einer ständigen Erhöhung der Lärmbelastung aus verschiedenen Quellen. Dadurch wird Lärm zu einer Belastung, die das Leben der Mehrzahl der Europäer durchdringt und ernste gesundheitliche Auswirkungen hat. Nun, da wir dies wissen, müssen wir handeln, um unsere Gesundheit zu schützen,” sagt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „In den neuen Leitlinien der WHO werden Lärmpegel festgelegt, die im Sinne einer weitestgehenden Vermeidung ungünstiger Gesundheitsresultate nicht überschritten werden sollten, und wir appellieren dringend an die Politiker in den Ländern der Europäischen Region, von diesen Leitlinien umfassend Gebrauch zu machen – zum Nutzen aller Europäer.“XX
Was ist neu?
Im Vergleich zu früheren Leitlinien der WHO über Lärmbelastung enthalten diese neuen Leitlinien fünf wesentliche Neuerungen:
- stärkere Belege für die Auswirkungen von Umgebungslärm auf Herz, Kreislauf und Stoffwechsel;
- die Einbeziehung neuer Lärmquellen, also nicht nur des Verkehrslärms (Flug-, Schienen- und Straßenverkehr), sondern auch des Lärms von Windturbinen und aus Freizeitaktivitäten;
- die Anwendung eines standardisierten Ansatzes zur Bewertung der vorliegenden Evidenz;
- eine systematische Bestandsaufnahme der vorliegenden Evidenz, in der die Beziehung zwischen Lärmbelastung und der Gefahr negativer gesundheitlicher Folgen beschrieben wird;
- die Anwendung von Indikatoren für die langfristige durchschnittliche Lärmbelastung, um schädliche Gesundheitsfolgen besser prognostizieren zu können.
Verstärkte politische Maßnahmen zum Schutz der Gesellschaft vor den gesundheitlichen Folgen von Lärmbelastung
Die neuen Leitlinien zielen gleichermaßen auf Entscheidungsträger und Fachleute ab und sollen gesetzgeberische und andere politische Entscheidungsprozesse auf der kommunalen, nationalen und internationalen Ebene unterstützen. „Durch ihr Potenzial zur Beeinflussung der Städte-, Verkehrs- und Energiepolitik tragen die Leitlinien für Umgebungslärm zur Verwirklichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bei und unterstützen unsere Zukunftsvision der Schaffung widerstandsfähiger Gemeinschaften und stützender Umfelder in der Europäischen Region“, fügt Dr. Jakab hinzu.
Auch wenn die Leitlinien auf die Europäische Region bezogen sind und Empfehlungen enthalten, die mit der Richtlinie der Europäischen Union über Umgebungslärm vereinbar sind, so haben sie doch auch weltweite Bedeutung. Die umfangreichen Belege, die den Empfehlungen zugrunde liegen, wurden nicht nur aus Studien über die Auswirkungen von Lärmbelastung in Europa, sondern auch durch Forschungsarbeiten in anderen Teilen der Welt, insbesondere Amerika, Asien und Australien, gewonnen.
Darüber hinaus wird in den Leitlinien auch auf Lücken in Bezug auf Daten und Forschung hingewiesen, die durch künftige Studien behoben werden müssen.
Ein unabhängiger fachlich begutachteter Entwicklungsprozess
An der Entwicklung der Leitlinien waren zwei unabhängige Expertengruppen für Umgebungslärm beteiligt, die sich einer neuen, strikt evidenzbasierten Methodik bedienten. Um die umfangreichen Forschungsarbeiten seit Veröffentlichung der Leitlinien der WHO für die nächtliche Lärmbelastung in der Europäischen Region im Jahr 2009 gebührend zu berücksichtigen, werden die Leitlinien durch acht fachlich begutachtete systematische Übersichtsarbeiten über die einschlägige Fachliteratur untermauert. Diese Übersichtsarbeiten basieren auf verschiedenen Gesundheitsresultaten – Auswirkungen auf Herz, Kreislauf und Stoffwechsel, Lärmbelästigung, Auswirkungen auf Schlaf, kognitive Beeinträchtigungen, Hörschäden und Tinnitus, ungünstige Geburtsergebnisse sowie Lebensqualität, psychische Gesundheit und Wohlbefinden – und auf der Effektivität von Interventionen zur Verringerung der Lärmbelastung und ihrer gesundheitsschädlichen Folgen.
„Diese Leitlinien wurden auf der Grundlage wachsender Erkenntnisse im Bereich der Erforschung von Umgebungslärm erstellt“, stellt Prof. Stephen Stansfeld, Vorsitzender der Expertengruppe für die Ausarbeitung der Leitlinien, fest. „Sie sollen die Entwicklung von Konzepten für die öffentliche Gesundheit fördern, die die Bevölkerung vor den schädlichen Auswirkungen von Lärm schützen, und zu einer weiteren Erforschung der gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener Arten von Lärm veranlassen.“