Gemeinsame Erklärung von ECDC und WHO-Regionalbüro für Europa: Niedrige Akzeptanz der saisonalen Grippeimpfung in der Europäischen Region kann Schutz der Bevölkerung während der nächsten Pandemie gefährden

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Kopenhagen/Stockholm, 7. Februar 2018

In der Hälfte der untersuchten Länder werden weniger als ein Drittel aller Senioren geimpft

In der Europäischen Region ist die Durchimpfung gegen Influenza in den Risikogruppen seit sieben Jahren rückläufig, und die Hälfte der Länder melden einen Rückgang der Zahl der verfügbaren Impfstoffdosen. So lautet das Fazit der ersten umfassenden Untersuchung der Durchimpfung gegen die saisonale Grippe in der Europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation im Zeitraum zwischen den Saisonen 2008/2009 und 2014/2015, die vom WHO-Regionalbüro für Europa und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) durchgeführt wurde. Die beiden Organisationen weisen warnend darauf hin, dass die niedrige Inanspruchnahme der saisonalen Grippeimpfung in den Ländern der Europäischen Region den Schutz der Bevölkerung während der jährlichen Epidemien und der nächsten Pandemie gefährdet.

„Impfungen sind die wirksamste Maßnahme zur Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe bei Influenza. Doch unsere Untersuchungen belegen, dass die Inanspruchnahme von Grippeimpfungen in einer Reihe von Ländern der Europäischen Region seit einiger Zeit konstant rückläufig ist“, erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Dies ist äußerst problematisch für Personen mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheitsverläufe, insbesondere für ältere Menschen, und in Zukunft potenziell für die gesamte Bevölkerung, da die Herstellung von Pandemieimpfstoffen eng mit der Verwendung saisonaler Impfstoffe verknüpft ist. Ich fordere daher die Länder der Europäischen Region dringend dazu auf, die Durchimpfung zu erhöhen, um die Zielmarke einer Inanspruchnahme durch 75% der älteren Menschen und anderen besonders gefährdeten Gruppen zu erreichen.“

„Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich dem Ziel einer Inanspruchnahme durch mindestens 75% der älteren Menschen und der anderen anfälligen Gruppen verpflichtet, aber diese Zielvorgaben werden nicht erreicht“, sagt Dr. Andrea Ammon, Direktorin des ECDC. „Das ECDC ist entschlossen, die Mitgliedstaaten auch weiterhin bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung der saisonalen Grippe zu unterstützen.“

Die Untersuchung wurde in einem fachlich begutachteten Artikel veröffentlicht, der im Januar 2018 in dem Fachjournal Vaccine erschien und der auf Daten aus der Neuen europäischen integrierten Zusammenarbeit bei Impfstoffen (VENICE III) sowie aus Untersuchungen der WHO basiert. Zum Höhepunkt der Grippesaison 2017/2018 in Westeuropa beobachten eine Reihe von Ländern eine rapide Zunahme schwerer Fälle, und nach Angaben von EuroMOMO, der Europäischen Organisation für die Beobachtung der überhöhten Mortalität zur Ermittlung des gesundheitspolitischen Handlungsbedarfs, melden einige Länder eine erhöhte Mortalität unter älteren Menschen.

Ältere Menschen tragen ein erhöhtes Sterberisiko aufgrund von Influenza

Die WHO und ihre Partnerorganisationen gehen davon aus, dass in der Europäischen Region der WHO jährlich über 44 000 Menschen an durch die saisonale Grippe bedingten Atemwegserkrankungen sterben; weltweit sind es bis zu 650 000.

Nach jährlichen Untersuchungen, die vom ECDC und der WHO finanziert wurden, entfielen zwar 34 000 (über 75%) dieser Todesfälle in der Europäischen Region auf Personen über 65 Jahre, doch blieb die Inanspruchnahme von Impfangeboten in dieser Altersgruppe weiterhin niedrig. In der Hälfte der Länder der Europäischen Region der WHO lässt sich weniger als ein Drittel der Senioren impfen.

Für die übrigen Risikogruppen lässt sich feststellen:

  • Impfungen werden generell für Menschen mit chronischen Erkrankungen empfohlen; doch auch in dieser Gruppe lag die Durchimpfung in den meisten Ländern unter 40%.
  • Fast alle Länder empfehlen eine Grippeimpfung für Gesundheitspersonal, doch in den meisten Ländern lag auch hier die Inanspruchnahme der Grippeimpfung bei nur 40%.
  • Insgesamt gab es in der Saison 2014/2015 in 90% der Länder Impfempfehlungen für Schwangere, während dies vor der A(H1N1)-Pandemie von 2009 nur in 40% der Länder der Fall war. Doch die Impfraten waren insgesamt niedrig, und die Hälfte der Länder meldeten eine Inanspruchnahme von unter 10%.
  • Weniger als die Hälfte der Länder, überwiegend in Osteuropa, empfehlen Grippeimpfungen für Kleinkinder; hier lag die Impfrate zwischen unter 1% und 80%.

Engpässe bei den Impfstoffvorräten und sinkende Nachfrage als Gründe für die niedrige Inanspruchnahme

Die Inanspruchnahme von Impfungen wird von einer Reihe kontextspezifischer Faktoren beeinflusst. In den Ländern der Europäischen Region mit geringerer Mittelausstattung, in denen die Influenza möglicherweise nicht als vorrangige Krankheit eingestuft wird, ist die niedrige Durchimpfung die Folge einer begrenzten Impfstoffbeschaffung.
Wo Impfstoffe in größerer Menge vorhanden sind, ist die Inanspruchnahme aus anderen Gründen niedrig oder rückläufig, die von Untätigkeit und

mangelndem Vertrauen in Impfstoffe und Gesundheitsbehörden bis zu fehlenden Empfehlungen der Gesundheitsfachkräfte oder zugangsbedingten Barrieren (einschließlich Zahlungen aus eigener Tasche) reichen.

Um Impflücken wirksam bekämpfen zu können, ist es notwendig, sich die Vielzahl an Hindernissen für Impfungen zu vergegenwärtigen, darunter:

  • Rechte, Vorschriften und Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Annehmlichkeit der Impfangebote;
  • soziale und kulturelle Normen, Wertvorstellungen und Unterstützung;
  • individuelle Motive, Wertvorstellungen, Einstellungen, Kenntnisse und Fähigkeiten.