Ansprache der Regionaldirektorin Zu der 65. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa
Ihre Königliche Hoheit Kronprinzessin von Dänemark, Frau Generaldirektorin,
sehr geehrte Herren und Frauen Minister, meine Damen und Herren,
Mehr Gesundheit für Europa, mehr Chancengleichheit und mehr Nachhaltigkeit: auf dieses Ziel haben wir uns verständigt.
Das vergangene Jahr war voller Herausforderungen. Wir haben Ebola bekämpft, mussten Kinder an Masern und Diphtherie sterben sehen und erleben gerade neue Fälle von Polio in der Region sowie einen gewaltigen Zustrom an Flüchtlingen und Migranten, von denen viele uns um Hilfe bitten.
In vielen Bereichen haben wir Fortschritte erzielt, doch in anderen müssen wir mehr tun und besser werden.
Zentrale Indikatoren für „Gesundheit 2020", wie etwa die Lebenserwartung, zeigen, dass die europäische Bevölkerung immer länger lebt und dass gesundheitliche Unterschiede schwinden: klare Zeichen dafür, dass die Ungleichheit abnimmt und „Gesundheit 2020" funktioniert.
Der Abstand zwischen den Ländern mit der höchsten und der niedrigsten Lebenserwartung beträgt aber weiter elf Jahre.
Die Region ist auf gutem Weg hinsichtlich des Abbaus vorzeitiger Sterblichkeit aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen und die Bevölkerung legt zusehends gesundheitsgefährdendes Verhalten ab.
Allerdings wird in der Europäischen Region immer noch mehr geraucht und getrunken als in jeder anderen Region der Welt und Europa zählt auch zu den Regionen mit den höchsten Adipositasraten.
Immer mehr Entscheidungsträger nutzen kohärente und integrierte Konzepte mit stark sektorübergreifenden Elementen und „Gesundheit 2020" dient ihnen hierbei als Wegweiser. Zwischen 2010 und 2013 hat sich der Anteil der Länder, deren Gesundheitspolitik mit „Gesundheit 2020" abgeglichen wurde, von 38% auf 70% fast verdoppelt. Und das erfüllt mich mit Stolz.
Die Fortschritte zeigen uns, was wir mit Entschlossenheit erreichen können, aber auch, dass noch viele Herausforderungen vor uns liegen und die zentrale strategische Stoßrichtung von „Gesundheit 2020" nichts von ihrer Relevanz verloren hat.
Alle Determinanten von Gesundheit, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen und demografischen Veränderungen, wirken sich sowohl auf die Gesundheit der Menschen als auch auf die Gesundheitssysteme aus. Exemplarisch seien hier nur alternde Bevölkerungen und die Mobilität des Gesundheitspersonals erwähnt.
Nur Regierungen, die Gesundheit in ihrer Gesellschafts-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik einen hohen Stellenwert einräumen, werden diese Herausforderungen überwinden können. Gesundheit ist eine Frage des politischen Willens.
„Gesundheit 2020" fördert die richtigen politischen Entscheidungen für die Gesundheit. Unsere zentrale Aufgabe ist der Schutz der Gesundheit als universellem Wert und ihre Förderung als sozialem und politischem Ziel von Staat und Gesellschaft insgesamt.
Die wirtschaftlichen Argumente für Investitionen in die Gesundheit sind gewichtig. Derartige Investitionen erzeugen auf kosteneffektive Weise gesundheitlichen Gewinn und ökonomischen, sozialen und ökologischen Nutzen. Der Ruf des Gesundheitssektors nach staatlichen Investitionen in die Gesundheit muss eine solche Veränderung bewirken. Wir müssen diese Botschaft lautstark verbreiten.
Zum Beispiel liegen uns aktuelle Erkenntnisse vor, wonach jeder in die reproduktive Gesundheit und die Gesundheit von Mutter und Kind investierte Betrag eine mehr als zwanzigfache Rendite erbringt. Auch für nichtübertragbare Krankheiten gilt eindeutig, dass sinnvoll getätigte Interventionen zu ihrer Bewältigung sich rentieren.
Morgen können wir stolz die Studie zur Ökonomie der Prävention vorstellen, eine weitere von Regionalbüro, Europäischem Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellte Untersuchung zur Unterstützung von „Gesundheit 2020". Mein Dank geht in diesem Zusammenhang an die Regierung Belgiens, die das Observatorium beherbergt.
Die derzeitigen Investitionen in Gesundheit und Gesundheitswesen reichen nicht aus. Wir müssen mehr investieren. Da muss es uns alarmieren, dass zwischen 2007 und 2011 der Anteil der Gesundheitsausgaben an den öffentlichen Ausgaben in 24 Ländern der Region zurückging. Wenn neue Quellen erschlossen und alle Effizienzreserven genutzt werden und zugleich Gesundheit hohe Priorität genießt, müssten sich doch in allen Ländern ausreichend Mittel finden lassen.
Die Gesundheitspolitiker können dies aber nicht alleine schaffen, sondern sie benötigen partnerschaftliche Zusammenarbeit, besonders mit Sozial- und Finanzpolitikern.
Meine Damen und Herren,
Ohne gesundheitlichen Fortschritt gibt es überhaupt keinen Fortschritt. Gesundheit ist eine Grundvoraussetzung für Armutsbekämpfung und sowohl Maßeinheit als auch Ergebnis der Fortschritte auf eine nachhaltige Gesellschaft zu.
Was für ein aufregendes Jahr! In zehn Tagen werden Staats- und Regierungschefs der Welt zusammenkommen, um auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen die Agenda für eine nachhaltige Entwicklung zu beschließen und damit der Armut bis 2030 ein Ende zu bereiten. Diese Agenda wird universelle Ziele enthalten, die für jedes Land gelten, nicht nur für die Entwicklungsländer.
Unter den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung nimmt das Gesundheitsziel eine zentrale Stellung ein.
Mit ihm soll ein gesundes Leben gesichert und das Wohlbefinden aller Menschen jeden Alters gefördert werden. Dabei wird zunehmend anerkannt, dass dieses neue Gesundheitsziel auch das Streben nach einer allgemeinen Gesundheitsversorgung in jeder Gemeinde und jedem Land der Welt bedeutet.
Die Formulierung des Gesundheitsziels erfolgte in vollkommenem Einklang mit „Gesundheit 2020". Dies wurde auch während der Konsultation in der Region zu den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung nach 2015 bestätigt, wo „Gesundheit 2020" als europäischer Rahmen dieser neuen Vision für die Gesundheit bezeichnet wurde.
Eine Beschränkung auf das Gesundheitsziel aber würde verpasste Chancen bedeuten. Sämtliche Ziele für eine nachhaltige Entwicklung wirken sich auf die Gesundheit aus, denn sie greifen ihre Determinanten auf. Die Agenda 2030 wird unterschiedliche Aspekte von Entwicklung, hierunter auch Gesundheit, mit Umwelt, Wohlstand und Aktionen und Konzepten verknüpfen, die allen Menschen nützen.
Jetzt tragen wir eine historische politische Pflicht, die Einbeziehung von Gesundheit und Wohlbefinden in jedes einzelne Ziel zu betreiben. Wir haben die Chance, das von uns mit „Gesundheit 2020" angestrebte gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Vorgehen in die Praxis umzusetzen.
Die neue Entwicklungsagenda muss in nationale Pläne übertragen werden, in denen Gesundheit der Dreh- und Angelpunkt ist. Wir sind fest entschlossen, Sie in der Umsetzung ihrer nationalen Entwicklungspläne zu unterstützen.
Meine Damen und Herren,
„Gesundheit 2020" ist der Schlüssel zu konzeptioneller Erneuerung und unsere Erwartungen aus dem Jahr 2011 gehen jetzt in Erfüllung. Alle Mitgliedstaaten haben die Prinzipien aus „Gesundheit 2020" mit Enthusiasmus angenommen.
Sie, meine Damen und Herren, zeigen uns, dass sich reale gesundheitliche Verbesserungen erzielen lassen, wenn Regierungen ressortübergreifend zusammenarbeiten. Ressortübergreifendes Handeln ist für die Politikkohärenz entscheidend und bietet die Grundlage einer Rechenschaftspflicht für Gesundheit. Dies ist auch das Hauptthema des Regionalkomitees in diesem Jahr.
Ressortübergreifende Maßnahmen für die Gesundheit erfordern politische Entschlossenheit. Sie sollten sich auf wesentliche gesundheitspolitische Prioritäten konzentrieren und vor anderen Interventionen die Determinanten von Gesundheit und Chancengleichheit aufgreifen, maximale Wirkung anstreben und Partnerschaften von beiderseitigem Nutzen begründen.
Unsere Region verfügt über viel Erfahrung mit der ressort- und sektorübergreifenden Arbeit, etwa in Verbindung mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften, antimikrobiellen Resistenzen und der Finanzierung von Gesundheitssystemen, wo es eine Zusammenarbeit mit den Finanzministerien gab.
Ein konkretes Beispiel ist der Prozess Umwelt und Gesundheit in Europa. Mit 26 Jahren an reichen Erfahrungen bietet er ein gutes Beispiel erfolgreicher sektorübergreifender Arbeit.
Hier treffen sich verschiedene Politikbereiche und Sektoren auf Augenhöhe und der Europäische Ministerausschuss für Umwelt und Gesundheit veranschaulicht die Bedeutung gut strukturierter politischer Prozesse. Die Europäische Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit sorgt für Rechenschaftspflicht und schafft eine starke Anbindung an die nationale Umsetzung.
Dank großzügiger Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland hat unser Fachzentrum in Bonn mit Erkenntnissen und Fachwissen die Bewältigung der Herausforderungen im Bereich Umwelt und Gesundheit in der Region unterstützt.
Wir danken Israel für die Ausrichtung der erfolgreichen Zwischenbilanztagung in Haifa. Aus ihr ging ein Fahrplan zur Vorbereitung der Sechsten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit (2017) hervor. Ich lade Sie alle dazu ein, sich aktiv an den Vorbereitungen zu beteiligen.
Mit „Gesundheit 2020" rückt die Bewältigung der sozialen Determinanten von Gesundheit und den Aufbau von Gesundheitskompetenz in den Vordergrund. Sozialpolitik (von der Beschäftigungs- über die Bildungs- bis zur Wohnungspolitik) muss zu einer strategischen Priorität werden. Wir erörterten dies während der Zusammenkünfte in Paris im April und der Initiative kleiner Länder in Andorra im Juni.
Gesundheit hat auch für außenpolitische Prozesse und die Entwicklungszusammenarbeit eine große Bedeutung. Wir haben dies mit Ihnen im April in Berlin und auch während des Internationalen Gesundheitsforums in Aschgabat im Juli erörtert und wir möchten die Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren weiter in dieser Hinsicht unterstützen. Wir freuen uns darauf, während des Ministerpodiums morgen von ihren Erfahrungen zu hören.
Ressortübergreifende Prozesse zu führen, erfordert neue Denkweisen und neue Fähigkeiten in den Gesundheitsministerien. Diese fortlaufenden Prozesse zeigen bereits positive Ergebnisse. Wir unterstützen die Schaffung ressortübergreifender Ausschüsse in den Ländern. Wir haben für unterschiedliche Ressorts und Sektoren thematische Grundsatzpapiere als Beitrag zu einer veränderten Tagesordnung und erfolgreichen Debatte erstellt.
Konsultationen zur Beteiligung interessierter Mitgliedstaaten werden helfen, die ressortübergreifende Zusammenarbeit in der Europäischen Region zur Unterstützung der nationalen Umsetzung zu fördern. Sie ermöglichen Gespräche, Erfahrungsaustausch und gemeinsame Maßnahmen unterschiedlicher Nationen, Institutionen und Sektoren. Wir schlagen vor, uns anfangs auf das Bildungs-, Finanz- und Sozialwesen zu konzentrieren und so die sozialen Determinanten anzugehen und die Gesundheitskompetenz zu fördern.
Meine Damen und Herren,
Wir haben intensiv an der erfolgreichen Entwicklung und Umsetzung nationaler Gesundheitskonzepte in Anlehnung an „Gesundheit 2020" gearbeitet.
Netzwerke haben sich zu einem mächtigen Forum für den Austausch praktischer Erfahrungen in der Umsetzung von „Gesundheit 2020" in den Ländern entwickelt.
Zum Beispiel engagieren sich die Länder des Südosteuropäischen Gesundheitsnetzwerks (SEEHN) sehr für zwischenstaatliche ressortübergreifende Maßnahmen und haben in Verbindung mit der SEE-2020-Strategie eine weitere Verstärkung der Umsetzung von „Gesundheit 2020" vereinbart.
Die Initiative der kleinen Länder ist ein weiteres effizientes Netzwerk. Es wurde durch „Gesundheit 2020" inspiriert und bekennt sich zu einer entsprechenden Anpassung der nationalen Gesundheitskonzepte und die Umsetzung der Vision, wie es im Manifest von San Marino und später in der Erklärung von Andorra zum Ausdruck kam.
Mir wurde im vergangenen Monat die Ehre zuteil, den St.-Agatha-Orden der Republik Marino für den Einsatz für mehr Gesundheit in San Marino und der Europäischen Region zu erhalten. Ich sehe hierin den klaren Ausdruck der Wertschätzung von sowohl „Gesundheit 2020" als auch der Arbeit der WHO.
Auch auf örtlicher Ebene ist Führungsarbeit für sektorübergreifende Maßnahmen sehr wichtig und kann sehr innovativ sein. Die Netzwerke „Gesunde Städte" und „Regionen für Gesundheit" helfen in der Umsetzung von „Gesundheit 2020" auf subnationaler Ebene und beim Erfahrungsaustausch. Morgen werden wir mehr hierzu hören.
Unser Dank gilt der Republik Italien für die Unterstützung des Fachzentrums in Venedig für Investitionen in Gesundheit und Entwicklung, das wichtige Beiträge zu unserer Arbeit in diesem Bereich leistet.
Gestatten Sie mir nun, mich dem Themenkomplex der übertragbaren Krankheiten zuzuwenden. Zwar wurden viele Fortschritte erzielt, doch sind diese Krankheiten immer noch eine Herausforderung für die Gesundheitspolitik in Europa.
In den vergangenen fünf Jahren hat die Welt im Kampf gegen Tuberkulose erhebliche Fortschritte erzielt. So konnten über eine Million Tuberkulosepatienten geheilt, etwa 200 000 Fälle von multiresistenter Tuberkulose (MDR-Tb) verhindert und insgesamt mehr als 2,6 Mio. Menschenleben gerettet werden.
Die Tuberkuloseinzidenz ging in den vergangenen fünf Jahren jährlich um 6% zurück, was schneller ist als in jeder anderen Region der WHO. Alle aufgedeckten Fälle von MDR-Tb werden heute behandelt, wogegen es 2011 nur 63% waren.
Ausgedehnte Maßnahmen und partnerschaftliche Initiaven wurden unter Ihrer Führung und durch Ihre Entschlossenheit möglich. Sie haben Ihr Engagement durch die Erklärung von Riga während der ersten Konferenz der Östlichen Partnerschaft im März erneut bestätigt. Mein Dank geht an Lettland für seine Führungsarbeit während der Ratspräsidentschaft der Europäischen Union (EU).
Dennoch ist dies nicht genug, um der Epidemie bis 2035 ein Ende zu setzen und Tuberkulose bis 2050 zu eliminieren. Durch den vorgeschlagenen Aktionsplan der Europäischen Region gegen Tuberkulose werden nach unseren Schätzungen mehr als 1,4 Millionen Menschen geheilt werden, 1,7 Millionen neue Fälle werden verhindert und somit über 3 Millionen Menschenleben gerettet und 48 Mrd. US-$ gespart.
Dies wird Ihnen am Mittwoch präsentiert werden und ich bitte Sie um die Fortsetzung Ihres Engagements in dieser Frage, damit unser Traum von der Eliminierung der Tuberkulose zu unseren Lebzeiten wahr wird.
Leider gibt es in der Bekämpfung von HIV nicht so gute Fortschritte. Mit 136 000 Neuinfektionen erreichte das Jahr 2014 einen neuen Höchststand, was gegenüber 2004 einen Anstieg von 80% bedeutet.
Seit 2010 habe ich wiederholt um Aufmerksamkeit für diese alarmierende Lage gebeten und zu konzertiertem Handeln aufgefordert. Uns liegen die erforderlichen Erkenntnisse vor und wir wissen, was funktioniert. Nur eine entschlossene Umsetzung evidenzbasierter Konzepte wird uns ins Ziel führen und die Epidemie bis 2030 beenden.
Virale Hepatitis wird in der Region generell zu wenig thematisiert, dabei leben nach Schätzungen 13 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B und 15 Millionen mit chronischer Hepatitis C, was zu ca. 400 Todesfällen täglich führt.
Obwohl es heute Therapien gegen Hepatitis B und C gibt, stellen Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit die meisten Länder vor große Herausforderungen. Wir müssen umfassend gegen diese lautlose Todesgefahr vorgehen, die dafür vorhandenen Werkzeuge nutzen und vor allem die Prävention ausbauen.
Wenn wir am Donnerstag die globalen Strategien für den Gesundheitssektor erörtern, sehe ich hren Beiträgen zur Festlegung dessen erwartungsvoll entgegen, wie das Regionalbüro Sie in der Bekämpfung dieser Gefahren für die öffentliche Gesundheit unterstützen kann.
Wir stehen kurz vor einem historischen Erfolg: der Eliminierung der Malaria bis Ende 2015. Es gibt heute in der gesamten Region keinen Fall lokal übertragener Malaria mehr. Ich erlaube mir daher, Ihnen und allen Akteuren für das Engagement und die Entschlossenheit zu danken und uns zu diesem Erfolg zu gratulieren.
Dies ist ein großer Erfolg, doch bleibt die Lage fragil und wir müssen wachsam bleiben. Ich fordere Sie alle dazu auf, in ihrem politischen Willen nicht nachzulassen. Dies wird auch im Fokus einer hochrangigen Konsultationstagung in Turkmenistan stehen, die im Februar nächsten Jahres stattfinden wird.
Durch Impfung vermeidbare Krankheiten belasten weiter unsere Region. Wenn wir Kinder durch Diphtherie oder Masern verlieren und Tausende an Masern erkranken, dann ist dies ein düstere Ermahnung, dass wir unsere Arbeit noch nicht erledigt haben. Aktzeptanz des Status quo ist keine Option.
Nichts gemahnt uns stärker zur Wachsamkeit als die Wiederkehr der Poliomyelitis. Dass am 28. August in der Ukraine zwei Fälle gemeldet wurden, ist insbesondere angesichts der großen Gruppen ansteckungs- und damit lähmungsgefährdeter Menschen alarmierend.
Wir haben sogleich die schnelle Einsatzgruppe zur Untersuchung der Fälle und Abschätzung der Gefahren entsandt. Wir unterstützen das Gesundheitsministerium darin, drei Impfrunden in der Ukraine durchzuführen. Die Impfstoffe wurden derzeit ausgeliefert und die erste Runde dieser Kampagne beginnt in dieser Woche.
Ich spreche den ukrainischen Behörden meine Anerkennung für ihre Entschlossenheit zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen aus. Ich danke auch der Weltweiten Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung für ihre Unterstützung. Es ist dringend geboten, dass die Ukraine und alle Mitgliedstaaten der Europäischen Region gegen die Polio-Risiken vorgehen, indem sie weiter für hohe Durchimpfungsraten sorgen und in der epidemiologischen Überwachung nicht nachlassen.
Mit der Annahme des Europäischen Impfaktionsplans haben Sie sich zur Eliminierung von Masern und Röteln bis 2015 bekannt.
Zwar befinden sich viele Länder auf gutem Wege, dieses Ziel bis Ende des Jahres zu erreichen, doch ist der Erfolg für die ganze Region auf Grund fehlenden politischen Willens in einigen Ländern gefährdet. Ich benötige die Einhaltung der Zusagen durch Sie, die politische Führung, damit Masern und Röteln eleminiert werden können.
Der zehnte Jahrestag der Einführung der Europäischen Impfwoche wurde im April in der gesamten Region begangen, unter anderem durch einige der interaktivsten und profiliertesten Einsätze zur Förderung der Impfung, die wir bislang gesehen haben.
Mir wurde die Ehre zuteil Tadschikistan gemeinsam mit Ihrer Königlichen Hoheit, der Kronprinzessin von Dänemark, besuchen und dort für ein stärkeres Impfwesen und mehr Investitionen in die Gesundheitsangebote für Mütter und Kindern werben zu dürfen.
Meine Damen und Herren!
Im Bereich der nichtübertragbaren Krankheiten verzeichnen wir signifikante Fortschritte in der Umsetzung des Plans zur Prävention und Bekämpfung derselben.
Wir erleben weiter in fast allen Ländern einen Rückgang der Sterblichkeit aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen. Eine Abnahme von riskanten Verhaltensweisen wie Rauchen und ein Rückgang von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und überhöhtem Cholesterinspiegel trägt zu dieser Entwicklung bei.
Der Gesamtkonsum an Alkohol geht jährlich um ca. 2% zurück und auch das Rauchen ist unter Erwachsenen seit Jahren rückläufig. Dennoch ist der Raucheranteil an der Bevölkerung in unserer Region der höchste weltweit.
Ich bin stolz, dass Länder unserer Region global führend auftreten im Erzwingen schlichter Verpackungen für Tabakerzeugnisse. Frankreich, Irland und das Vereinigte Königreich leisteten hier Pionierarbeit und mehrere andere Länder haben ihre Absicht angekündigt, dem Beispiel zu folgen. Wir können uns auch zu einem Jahrzehnt voller Maßnahmen unter dem Dach des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs gratulieren.
Seit meinem letzten Bericht sind vier weitere Länder dem Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen beigetreten. Ich möchte Ihnen gratulieren und die anderen auffordern, sich anzuschließen.
Am Mittwoch werden wir den vorgeschlagenen Fahrplan zur Eindämmung des Tabakkonsums erörtern, der ehrgeizige Ziele für die vollständige Umsetzung des Rahmenübereinkommens steckt. Wir sind Turkmenistan dankbar dafür, dass es die Unterstützung der Umsetzung des Fahrplans in den kommenden Jahren zugesagt hat.
Wir werden auch die Strategie der Region für körperliche Betätigung erörtern, die den im letzten Jahr angenommenen Aktionsplan Nahrung und Ernährung ergänzt. Zu unseren Erfolgen seit dessen Annahme zählt, dass die Initiative für Adipositas-Surveillance im Kindesalter mittlerweile von 30 Mitgliedstaaten unterstützt wird.
Mitgliedstaaten sind an mich herangetreten in Sorge über die Vernachlässigung und Misshandlung Erwachsener mit geistigen Behinderungen, die in Heimen leben. Diese Problemstellung macht sektorübergreifende Maßnahmen erforderlich und wir, als Region, können dies nicht ignorieren. Ich habe eine Untersuchung eingeleitet und werde Sie über den weiteren Gang auf dem Laufenden halten.
Es gibt überzeugende Belege dafür, dass bessere medizinische Versorgung stark zum Rückgang von Morbidität und Mortalität aufgrund nichtübertragbarer Krankheiten beiträgt. Wir werden neue Erkenntnisse hierzu auf einer internationalen Konferenz im September in Sankt Petersburg prüfen.
Es ist meine besondere Bitte, dass Europa der Handhabung nichtübertragbarer Krankheiten größere Aufmerksamkeit schenkt und zugleich seine Programme für Früherkennung und Vorsorgeuntersuchung überprüft. Wir haben ein Paket aus 15 wesentlichen Maßnahmen zur Bewältigung der nichtübertragbaren Krankheiten geschnürt, das derzeit in 23 Ländern angewendet wird. Allen Elementen des Pakets kommt zentrale Bedeutung zu.
Unsere Kapazitäten in Bezug auf nichtübertragbare Krankheiten wurden dieses Jahr mit der Eröffnung des einschlägigen Fachzentrums (der Außenstelle) in Moskau ausgebaut. Wir danken der Russischen Föderation für ihre Unterstützung.
Meine Damen und Herren,
Viele Länder wenden den Lebensverlaufansatz zur Fortentwicklung der nationalen Gesundheitspolitik oder zur Verbesserung der Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts und Sektoren an und erfüllen damit ein zentrales strategisches Anliegen aus „Gesundheit 2020".
Die Europäische Ministerkonferenz der WHO zum Lebensverlaufansatz, die im Oktober in Minsk stattfinden wird, verknüpft als erste die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung mit dem Rahmenkonzept und wird sich dabei auf die Gesundheit von Müttern und Kindern sowie reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte konzentrieren. Ich möchte Belarus für die Ausrichtung dieser wichtigen Konferenz danken.
Wir erzielen Fortschritte hinsichtlich der Gesundheit der Frauen, doch bestehen in und unter den Ländern manche Ungleichgewichte hartnäckig fort. Moderne und effektive Verhütungsmethoden bleiben in vielen Ländern in alarmierender Weise ungenutzt. Die Abtreibungsraten einiger unserer Mitgliedstaaten zählen gleichzeitig zu den höchsten weltweit.
Wirksame Versorgung in der Zeit vor, während und nach der Geburt hat eine wesentliche Todesursache von Müttern zurückgedrängt, schwere Blutungen während der Geburt. Jetzt ist es an der Zeit, sich um vorausgehende Erkrankungen zu kümmern, etwa Diabetes, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Erkrankungen, deren Verlauf sich durch eine Schwangerschaft verschlechtern kann.
Es muss mehr im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verknüpften Rechte unternommen werden und wir beabsichtigen, Ihre Aufmerksamkeit in Zukunft auf diesen Bereich zu lenken. Wir werden Ihnen den Europäischen Gesundheitsbericht Frauen, der 2016 erscheinen soll, heute während der Fachinformationsveranstaltung vorstellen.
Meine Damen und Herren,
Unsere Arbeit zur Stärkung der Gesundheitssysteme und der Kapazitäten im Bereich der öffentlichen Gesundheit soll die gesundheitlichen Ergebnisse verbessern unter Wahrung von Chancengleichheit und Sicherung des finanziellen Schutzes, der Bedarfsgerechtigkeit und der Wirtschaftlichkeit.
Die Charta von Tallinn hat hier den Weg vorgegeben und den Abschlussbericht zu ihrer Umsetzung werden wir am Mittwoch vorlegen. Aus dem Bericht leitet sich auch direkt die neue Vision zur Stärkung der Gesundheitssysteme in den kommenden fünf Jahren ab.
Die Umwandlung der Gesundheitsangebote gemäß den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts ist strategische Priorität unserer neuen Vision. Diese neue Vision soll mit den Stimmen der Menschen sprechen. Sie wird den Verantwortlichen im Gesundheitsbereich einen inklusiven Ansatz an die Hand geben, der die Rückmeldungen der Bürger zur Gestaltung der Gesundheitssysteme nutzt und ihren Bedürfnissen gerecht wird.
In der koordinierten und integrierten Erbringung der Gesundheitsversorgung mit dem Menschen im Mittelpunkt liegt die Zukunft. Wir haben unseren Einsatz hier verstärkt und erarbeiten derzeit einen handlungsorientierten Rahmen, den wir dem Regionalkomitee im kommenden Jahr vorlegen möchten.
Wir haben die erneuerte Vision aus der Erklärung von Alma-Ata weiter entwickelt, betreiben die Integration der unentbehrlichen Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit und unterstützen die Länder in der Überprüfung ihrer Erbringungsmodelle.
Mit der Einweihung des Fachzentrums für primäre Gesundheitsversorgung sind unsere Kapazitäten in diesem Bereich ausgeweitet worden. Dank an Kaschastan für diese Unterstützung.
2010 standen laut Schätzungen aus dem Weltgesundheitsbericht in der Europäischen Region 19 Millionen Menschen vor ruinösen Gesundheitsausgaben und 7 Millionen drohte durch derartige Ausgaben die Verarmung. Die allgemeine Gesundheitsversorgung ist zur Bewältigung dieser Herausforderung der entscheidende Hebel. Wir aktualisieren derzeit die Schätzungen und haben unsere Unterstützung für die Länder beschleunigt.
Die jährlich in Barcelona stattfindenden Seminare fanden weiter großen Anklang. Viele leitende Vertreterinnen und Vertreter aus 33 Mitgliedstaaten nutzten dieses Angebot im Rahmen der zwei Seminare im Jahr 2015.
Mein Dank geht an Spanien für die fortgesetzte Unterstützung unserer Außenstelle in Barcelona, das Fachzentrum zur Stärkung der Gesundheitssysteme.
Wir thematisieren die Hindernisse im Gesundheitssystem zur Bewältigung konkreter Krankheiten und Erkrankungen, sowohl übertragbarer als auch nichtübertragbarer, und bereiten Grundsatzentscheidungen und -maßnahmen vor. Wir erweitern unser Blickfeld und berücksichtigen auch, dass die Gesundheitssysteme ökologisch nachhaltig werden müssen.
Meine Damen und Herren,
Unsere gemeinsamen Investitionen in Gesundheitsinformationen, Erkenntnisse und Forschungsergebnisse als Grundlage der Politikgestaltung zahlen sich aus.
Seit ihrem Beginn im Jahr 2012 ist die Europäische Gesundheitsinformations-Initiative das Dach, unter dem sich alle einschlägigen Aktivitäten zusammengefunden haben und ich lade alle zur Mitarbeit ein. Lassen Sie mich einige der wichtigsten Erfolge der Initiative hervorheben.
Wir haben die Arbeit zur Generierung von Informationen über Gesundheit und Wohlbefinden und insbesondere die Definition der Indikatoren fortgesetzt. In diesem Jahr haben wir neue Erkenntnisse zu kulturellen Determinanten geprüft, die uns helfen sollen, kulturelle Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlempfinden in der so vielfältigen Europäischen Region messen zu können.
Wir stellen ein breites Spektrum an Informationen und analytischen Instrumenten bereit, auch durch das neue Internetportal. Politikgestaltern nutzen es in großem Umfang und schon bald wird es die simultane Analyse von Indikatoren aus allen Datenbanken ermöglichen.
Wir haben nicht nur Werkzeuge für Gesundheitsinformationsstrategien und nationale eGesundheit-Strategien bereitgestellt, sondern auch aktiv die Konferenz in Riga zu diesem Thema während der eGesundheitswoche im Mai unterstützt.
Wir haben ein neues zweisprachiges Journal Public Health Panorama herausgegeben, um erfolgreiche Praktiken aus den Ländern verbreiten zu können. Die zweite Ausgabe mit dem Spezialthema ressortübergreifende Politik erscheint anlässlich dieser Tagung des Regionalkomitees.
Das Herbstseminar in Polen zum Thema Gesundheitsinformationen und Evidenz für die Politikgestaltung war im Oktober 2014 ein voller Erfolg. Wie von Ihnen gefordert haben wir im Juli 2015 einen anspruchsvollen Workshop zu Gesundheitsinformationen und Datenauswertung durchgeführt, um den Interessierten tiefere Einblicke zu ermöglichen.
Das Gesundheitsinformationsnetz der zentralasiatischen Republiken (CARINFONET) ist ein Forum zur Verbesserung der einschlägigen Systeme. Das EVIPNet (Evidence-informed Policy Network) strebt Kapazitätsausbau in den Ländern an. Wir werden diese Thematik mit Ihnen auf einer Fachinformationsveranstaltung am Mittwoch erörtern und einen Fahrplan zur beschleunigten Anwendung evidenzgeleiteter Konzepte vorlegen.
Das Health Evidence Network (HEN) stellt Politikgestaltern die beste verfügbare Evidenz bereit. Im vergangenen Jahr haben wir zwei Berichte herausgegeben und drei weitere zur Thematik Migration und Gesundheit sollen heute während des Mittagessens der Minister vorgestellt werden.
Meine Damen und Herren,
Der jüngste Ausbruch des Ebola-Fiebers in Westafrika hat uns vor Augen geführt, dass die internationale Gemeinschaft für die Bewältigung größerer Gesundheitsgefahren nicht ausreichend gerüstet ist. Wir haben durch die Entsendung von 25 Bediensteten auf insgesamt 36 Missionen zu den Gegenmaßnahmen beigetragen. Wir bedanken uns bei allen Partnerorganisationen und Mitgliedstaaten für ihre Unterstützung dieser Maßnahmen.
Nun ist ein entscheidender Zeitpunkt für Veränderungen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Welt ausreichend gerüstet ist, eine Krisensituation mit gesundheitlichen Folgen jederzeit umgehend erkennen und wirksam reagieren zu können.
Wir sind fest entschlossen, jede notwendige Maßnahme zu ergreifen. Dies geht deutlich aus der Erklärung der Generaldirektorin und der sechs Regionaldirektoren im März diesen Jahres hervor. Wir treiben die Arbeit in den von der Generaldirektorin bestimmten sechs Arbeitsbereichen voran und werden uns im Laufe des Tages mit den dabei erreichten Fortschritten sowie mit dem weiteren Vorgehen befassen.
Im Regionalbüro verfolgen wir einen integrierten, generischen und alle Gefahren berücksichtigenden ressortübergreifenden Ansatz zur Vorsorge gegen gesundheitliche und humanitäre Notlagen. Ein integraler Bestandteil davon ist die Risikokommunikation.
Im Jahr 2010 habe ich drei Bereiche unserer Arbeit – Warnung und Reaktion bei Krankheitsausbrüchen, Internationale Gesundheitsvorschriften und Bereitschaftsplanung in den Ländern – in einer klaren Kommando- und Kontrollstruktur zusammengefasst. Dabei beobachten wir ständig Anzeichen für potenzielle Gesundheitsgefahren.
Wir haben unsere Verfahren überarbeitet und das Regionalbüro zur zentralen Anlaufstelle für Notfälle in der Europäischen Region gemacht.
Die Einhaltung der Verpflichtungen aus den IGV ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheitssicherheit in den Ländern und weltweit. Viele Mitgliedstaaten haben auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Selbstbewertung der Kernkapazitäten durch eine unabhängige Evaluation zu ergänzen. Ihr Beitrag zu dem geplanten globalen Ansatz für die Beobachtung und Evaluation der IGV ist entscheidend, und ich sehe der Diskussion am Donnerstag erwartungsvoll entgegen.
„Bessere Labore für mehr Gesundheit" ist eine neue Initiative, mit der wir die Fähigkeit der Labore zur Erkennung und Bewältigung von Krankheitsausbrüchen verbessern wollen. Sie ist eine wesentliche Komponente der IGV-Kernkapazitäten, und ich möchte alle Mitgliedstaaten und anderen maßgeblichen Akteure bitten, an dieser Initiative mitzuwirken und ihr zum Erfolg zu verhelfen.
Wir werden mit der türkischen Regierung in der kommenden Woche ein Gastlandabkommen über die Einrichtung eines ausgelagerten Fachzentrums in Istanbul für Bereitschaftsplanung für humanitäre und gesundheitliche Notlagen unterzeichnen, das eine Erhöhung der regionsweiten und damit auch globalen Kapazitäten auf diesem Gebiet bewirken wird.
Gestatten Sie mir, mich nun dem Thema Migration und Gesundheit zuzuwenden, das in der gesamten Europäischen Region einen hohen politischen Stellenwert hat. Infolge des wachsenden Zustroms von Flüchtlingen und Migranten in viele Länder der Europäischen Region hat sich die Situation verschärft, sodass nun eine sofortige Reaktion auf die gesundheitlichen Bedürfnisse der betroffenen Menschen dringend notwendig wird.
Ich habe auf unserer Website eine Erklärung veröffentlicht, in der die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hervorgehoben werden, die sowohl die Flüchtlinge als auch die Aufnahmeländer vor Herausforderungen stellen. Die weit verbreitete Auffassung, es gebe einen Zusammenhang zwischen Migration und der Einschleppung von Infektionskrankheiten, ist nicht zutreffend.
Die Länder sollten Konzepte einführen, durch die die Migranten Zugang zu einem breiten Spektrum von Gesundheitsleistungen erhalten, das auch die Bereiche Prävention und Betreuung umfasst. Dies käme auch der Bevölkerung in den Aufnahmeländern zugute.
Wir werden der steigenden Nachfrage nachkommen und betroffene Länder unterstützen und Notfall-Kits zur gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen und Migranten liefern. Wir haben neue Forschungsergebnisse und Erkenntnisse vorgelegt, um die Entscheidungsträger im Bereich Gesundheit und Migranten zu unterstützen.
Ich möchte Italien für die Unterstützung in diesem Bereich danken. Das heutige Arbeitsessen der Minister ist dem Thema Migration gewidmet und wir freuen uns auf Ihre Anregungen für das weitere Vorgehen in dieser wichtigen Angelegenheit.
Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Arabischen Republik Syrien sind zwei Millionen Menschen in die Türkei geflohen. Wir arbeiten in dieser Angelegenheit mit der türkischen Regierung zusammen, die bei der Bewältigung des Zustroms an Flüchtlingen ausgezeichnete Führungsarbeit geleistet hat.
Wir führen die Gesundheitsorganisationen in der Unterstützung syrischer Flüchtlinge in der Türkei an. Wir tragen in Befolgung von Resolution 2165 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gemeinsam mit dem Regionalbüro für den östlichen Mittelmeerraum zum Gesamtansatz für Syrien bei.
Als Reaktion auf die humanitäre Krise in der Ukraine, von der über fünf Millonen Menschen betroffen sind, haben wir die Federführung in der Schwerpunktgruppe Gesundheit und Ernährung übernommen, um die Hilfsmaßnahmen zugunsten der Binnenvertriebenen und der betroffenen Gemeinschaften zu koordinieren. Die Teams der WHO in den Büros der Vereinten Nationen vor Ort sind bei der Auslieferung von medizinischen Kits, Verbrauchsgütern und Arzneimitteln behilflich, die die Behandlung Hunderttausender Menschen ermöglichen.
Das Netz aus mobilen Einheiten der primären Gesundheitsversorgung und Spezialisten für Gesundheitsauswirkungen ist entscheidend in der Bewertung der gesundheitlichen Gefahren und Erbringung von Gesundheitsleistungen in schwer zugänglichen Gebieten.
Meine Damen und Herren,
Dies war ein aufregendes Jahr auch im Themenbereich antimikrobielle Resistenzen, denn der globale Aktionsplan wurde angenommen. Europa geht hier voran. Fast die Hälfte unserer Mitgliedstaaten verfügen über ressortübergreifende Koordinierungsmechanismen und nationale Aktionspläne.
Ergänzt werden die von der EU erhobenen Surveillance-Daten vom Surveillance-Netzwerk für antimikrobielle Resistenzen in Zentralasien und Osteuropa (CAESAR), das inzwischen etwa 250 Labore umfasst. Ich freue mich, hier heute ankündigen zu können, dass das CAESAR im vergangenen Monat seinen ersten Bericht veröffentlicht hat.
Das Netzwerk zur Beobachtung des antimikrobiellen Arzneimittelverbrauchs (AMC) ermöglicht uns den Konsum auch in 17 Ländern außerhalb der EU zu überwachen und Erkenntnisse aus insgesamt 45 Ländern zu gewinnen.
Nach dem Erfolg des Europäischen Antibiotikatags gestalten wir jetzt eine globale Kampagne für eine Weltantibiotikawoche im November. Wir hoffen, dass sich in diesem Jahr alle 53 Mitgliedstaaten an den Veranstaltungen beteiligen.
Meine Damen und Herren,
All diese Arbeit leisten wir zusammen mit Ihnen, den Mitgliedstaaten, und mit einer Reihe von Partnerorganisationen, um unser Ziel zu verwirklichen: mehr Gesundheit für alle unter Gewährleistung von Chancengleichheit und Nachhaltigkeit.
Wir haben mit allen Mitgliedstaaten zusammengearbeitet und unsere Unterstützung auf ihre Prioritäten, Bedürfnisse und Gegebenheiten zugeschnitten.
Wir verfügen inzwischen über ein vollständig funktionsfähiges Netzwerk nationaler Anlaufstellen, das die gesamte Korrespondenz effizienter gestaltet und den Wissensaustausch und Informationsfluss verbessert.
Auf meinen zahlreichen Besuchen in den Ländern hatte ich die willkommene Gelegenheit, mit Staats- und Regierungschefs und Ministern zusammenzutreffen und mich für die Förderung gesundheitlicher Belange und einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit einzusetzen.
Zusammen mit der Generaldirektorin hatte ich die Ehre, im Namen der WHO als Anerkennung für unsere Unterstützung in den vergangenen beiden Jahrzehnten von seiner Exzellenz, dem Staatspräsidenten Turkmenistans, den Staatspreis entgegennehmen zu dürfen.
Ebenso erhielt ich im Namen der Organisation die Goldmedaille des portugiesischen Gesundheitsministeriums in Würdigung der ausgezeichneten Beiträge zur Gestaltung der ressortübergreifenden Gesundheitspolitik in Portugal.
Wir konnten auch zahlreiche Minister und hochrangige Delegationen beim Regionalbüro begrüßen und haben den Mitgliedstaaten durch eine neue Initiative, die sogenannten „Ländertage", die Möglichkeit zu einer stärkeren Beteiligung gegeben. Sie haben sich als wertvolle Foren für die Bestimmung von Prioritäten für unsere Zusammenarbeit erwiesen.
Um das Regionalbüro zu einer starken, evidenzbasierten Organisation zu machen, die für die gesamte Europäische Region wegweisend ist, haben wir die Verstärkung unserer fachlichen Kapazitäten fortgesetzt. Wir haben die Länderbüros gestärkt, indem wir ihnen mehr Befugnisse und Zuständigkeiten übertragen haben. Ich danke all meinen Mitarbeitern für ihr Engagement und ihren tatkräftigen Einsatz.
Wir investieren in Partnerschaften, um die Politikkohärenz zu erhöhen, die gesundheitliche Situation in unserer Region zu verbessern und den Mitgliedstaaten effizienter dienen zu können. Deshalb bin ich erfreut, dass viele unserer Partner, darunter auch Organisationen der Zivilgesellschaft, heute hier vertreten sind.
In diesem Jahr wird sich die Sitzung zum Thema Partnerschaften, an der Vertreter des Globalen Fonds und der GAVI-Allianz teilnehmen werden, primär mit den Chancen und Herausforderungen im Hinblick auf einen erfolgreichen Übergang von internationaler zu nationaler Finanzierung befassen.
Gestatten Sie mir, aus unserer Arbeit im Rahmen der Vereinten Nationen ein bedeutendes Element herauszugreifen. Die WHO hat die Federführung in einer regionalen thematischen Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für nichtübertragbare Krankheiten und die sozialen Determinanten von Gesundheit übernommen, um die Umsetzung der Politischen Erklärung der Vereinten Nationen über nichtübertragbare und Gesundheit 2020 zu unterstützen. Wir freuen uns darüber, dass die Themenkomplexe Gesundheit und nichtübertragbare Krankheiten in den jüngst geschaffenen Entwicklungshilfe-Programmrahmen der Vereinten Nationen (UNDAF) eine wesentliche Rolle spielen, und sehen ihrer gemeinsamen Umsetzung erwartungsvoll entgegen.
Meine Damen und Herren,
Die Reform der WHO bleibt für uns eine Priorität. Heute Nachmittag werden wir über die anhaltenden Reformmaßnahmen im Bereich der Führungsstrukturen diskutieren und über unsere Arbeit zur Stärkung von Rechenschaft und Transparenz im Regionalbüro berichten. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang zwei Bemerkungen.
Wir befinden uns im laufenden Haushaltszeitraum weiter auf einer soliden finanziellen Grundlage und verfügen nun über mehr flexible Finanzmittel, die strategisch verteilt werden. Hierfür gilt mein Dank Ihnen, den Mitgliedstaaten, wie auch der Generaldirektorin.
Die Genehmigung des Programmhaushalts 2016–2017 mit einer Erhöhung der Haushaltsmittel um 8% durch die Weltgesundheitsversammlung war ein historischer Augenblick, der vom Vertrauen der Mitgliedstaaten zeugt.
Der Plan für die Umsetzung des Programmhaushalts 2016–2017 in der Europäischen Region, der Ihnen am Donnerstag vorgelegt wird, fungiert als zentrales Instrument der Organisation für die Rechenschaftslegung innerhalb der Europäischen Region – und als Kontrakt zwischen Ihnen und mir.
Exzellenzen, meine Damen und Herren!
Wir tragen ein hohes Maß an Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Bevölkerung. In der nächsten Woche werden wir die Agenda für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030 verabschieden.
Sorgen wir dafür, dass wir bereit sind und niemanden zurücklassen!