Gleichstellung zwischen den Geschlechtern Schlüssel zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele

WHO/Ursula Truebswasser

Weniger als fünf Jahre vor Ablauf der Frist für die Verwirklichung der acht Millenniums-Entwicklungsziele (MZ) werden Fortschritte durch immer noch bestehende Ungleichheiten beeinträchtigt. So sind zwar Fortschritte bei der Senkung der Kindersterblichkeit und der Verbesserung der Gesundheit von Müttern (MZ 4 und 5) erzielt worden, doch sind die Raten für die Kinder- und Müttersterblichkeit in den Ländern der Europäischen Region der WHO mit den höchsten Raten 25- bzw. 30- bis 40-mal so hoch wie in Ländern mit den niedrigsten Raten.

Fortschritte in Richtung des MZ 3 (Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Ermächtigung der Frauen) wirken sich auch positiv auf die Verwirklichung sämtlicher anderen Millenniums-Entwicklungsziele aus; dies gilt in besonderem Maße für die MZ 4 und 5. Die Europäische Region umfasst in Bezug auf den Stand der Gleichstellung der Geschlechter das gesamte Spektrum. So nehmen einige Länder weltweit die obersten Plätze ein (Kriterien: Bildung, Beschäftigung, Entscheidungsmöglichkeiten, Lebenserwartung), in anderen dagegen können die meisten Frauen ohne Erlaubnis ihrer Ehemänner nicht einmal einen Arzt aufsuchen.

Bei Maßnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter werden die Rechte von Frauen und Mädchen durch bessere Bildung (einschließlich Sexualaufklärung), einen besseren Zugang zu Geburtenkontrolle und sicherer Abtreibung, bessere Ernährung und Schutz vor Gewalt sowie durch Beseitigung der Diskriminierung am Arbeitsplatz und beim Zugang zum Haushaltseinkommen und der Kontrolle darüber gefördert. Dadurch erhöht sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit erwünschter, gesunder Schwangerschaften und komplikationsfreier Geburten, sondern auch die Chance der Kinder zu überleben und sich angemessen zu entwickeln.

Die Arbeit des Regionalbüros zur Verwirklichung der MZ 3 bis 5

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat die Federführung bei der Koordinierung der Bemühungen um eine Forcierung der Verwirklichung der MZ 3 bis 5 übernommen, indem es:

  • den Ländern bei der Ausarbeitung integrierter Programme für reproduktive Gesundheit und Kindergesundheit anhand umfassender, auf Gleichstellung und Chancengleichheit ausgerichteter Konzepte behilflich ist;
  • die Gesundheitssysteme durch Schulungs- und Kompetenzbildungsangebote sowie durch fachliche Beratung zur Verbesserung der Versorgungsqualität stärkt;
  • einen auf Menschenrechte gestützten Rahmen dazu nutzt, sexuelle und reproduktive Gesundheit durch Einführung von Rechtsvorschriften und Handlungskonzepten gezielt zu fördern;
  • die Steuerungsfunktion durch Verbesserung von Gesundheitsinformationssystemen, Datenerhebung und Rechenschaftsablage stärkt.

Checkliste für die Berücksichtigung von Gleichstellungsaspekten in Konzepten und Programmen

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat eine Checkliste entwickelt und erprobt, um die Berücksichtigung von Gleichstellungsaspekten in Gesundheitskonzepten und
-programmen, insbesondere im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, zu bewerten. Sie basiert auf folgenden Prinzipien:

  • In den Konzepten sollte anerkannt und konkret berücksichtigt werden, dass Geschlecht eine soziale Determinante von Gesundheit ist.
  • Die Konzepte sollten Evidenz in den Vordergrund stellen und auf Evidenz aufbauen: in Form von qualitativen und quantitativen, nach Geschlecht, Alter und sozialem Status aufgeschlüsselten Daten.
  • Die an der Ausarbeitung und Umsetzung von Konzepten Beteiligten sollten über ein angemessenes Verständnis der Gleichstellungsthematik wie auch der Zusammenhänge zwischen Geschlecht und anderen sozialen Determinanten von Gesundheit verfügen.
  • In den Programmen sollten die Beteiligten während der gesamten Dauer der Umsetzung zur Rechenschaftsablage in Bezug auf die Erreichung von Chancengleichheits- bzw. Gleichstellungszielen verpflichtet werden, und es sollte ein hohes Maß an Führungskompetenz und Erfahrung mit Gleichstellungsfragen gefordert werden.
  • In auf Gleichstellung ausgerichteten Programmen sollten das Recht auf eine ausreichende Gesundheitsversorgung und das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung unterstützt werden.

Die Checkliste wurde an die Gegebenheiten in der Republik Moldau und in Tadschikistan angepasst und in den Jahren 2009 und 2010 erprobt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass trotz gewisser positiver Entwicklungen auch bei einem klaren Bekenntnis zu Gleichstellung und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern weitere Anstrengungen notwendig sind, um seine konkrete Umsetzung zu gewährleisten. Die Checkliste wird anhand dieser Ergebnisse überarbeitet und wird bald veröffentlicht.

„Entre Nous“ – Sind wir auf dem richtigen Weg?

In der neuesten Ausgabe von „Entre Nous“, dem europäischen Fachjournal für sexuelle und reproduktive Gesundheit, finden sich eine Reihe von Artikeln, in denen die Herausforderungen und Erfolge bei den Bemühungen um Verwirklichung der in den MZ 3 bis 5 enthaltenen Vorgaben geschildert werden.