EHEC-Ausbruch: Neun Länder der Europäischen Region melden Fälle des hämolytisch-urämischen Syndroms und Infektionen mit enterohämorrhagischen E. coli

Fälle von hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) bzw. blutigem Durchfall wurden bisher aus Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich gemeldet. Das HUS, das zu Nierenversagen führen kann, ist eine Komplikation nach einer Infektion mit einem bestimmten Escherichia-coli-Bakterium, dem enterohämorrhagischen E. coli (EHEC), das eine hämorrhagische Kolitis mit blutigem Durchfall verursachen kann. Anders als die meist harmlosen E. coli-Bakterien kann die EHEC-Gruppe zur Bildung von Toxinen führen, die als Shigatoxine bzw. Verotoxine bezeichnet werden und Blutzellen und Nieren schädigen. EHEC-Bakterien, die zur Bildung dieser Toxine führen, gehören zu den sog.
Shigatoxin-produzierenden E. coli (STEC) bzw. Verotoxin-produzierenden E. coli (VTEC).

Mit Stand vom 30. Mai 2011 waren 400 Fälle von HUS und 843 Fälle von EHEC-Infektion (insgesamt 1243 Fälle) an die WHO gemeldet worden. Davon entfiel jeweils ein Großteil (373 HUS- und 796 EHEC-Fälle) auf Deutschland.

Bisher traten offenbar mit zwei Ausnahmen alle Fälle bei Personen auf, die sich während der Inkubationszeit der Krankheit in Norddeutschland aufgehalten hatten oder dorthin gereist waren. Ein im Labor bestätigter Fall einer EHEC-Infektion und eines HUS ohne offensichtliche Verbindung zu Deutschland oder zu anderen bekannten Fällen wurde aus Dänemark gemeldet, und in Norwegen trat ein Fall auf, bei dem der Patient Besuch aus Deutschland gehabt hatte.

Mit Stand vom 30. Mai 2011 entfielen in Deutschland 61% der gemeldeten EHEC-Fälle auf Frauen und Mädchen und 88% auf Personen über 20 Jahre. Die entsprechende Zahl für das HUS lag jeweils bei 88%.

Untersuchungen im Gange

Die epidemiologischen und mikrobiologischen Untersuchungen wie auch die Lebensmittelsicherheits- und Rückverfolgungsuntersuchungen werden fortgesetzt, um ein besseres Bild von der Epidemiologie des Ausbruchs gewinnen und dessen Quelle definitiv bestimmen zu können, was bisher noch nicht gelungen ist.

Auf Symptome achten

EHEC-Infektionen können zu blutigen Durchfällen und Bauchschmerzen führen. Personen, die solche Symptome aufweisen und die sich in Deutschland (insbesondere Norddeutschland) aufhalten oder erst vor kurzem dort waren, sollten dringend ärztlichen Rat suchen und dabei von ihrer Reise nach Deutschland erzählen.

Komplikationen in Verbindung mit dem HUS können zu akutem Nierenversagen führen und auch nach Abklingen des Durchfalls noch auftreten. Eine Behandlung mit Durchfallmitteln oder Antibiotika ist in der Regel nicht zu empfehlen, da sich hierdurch der Zustand noch verschlimmern könnte.

Empfehlungen und Vorsorgemaßnahmen

Regelmäßiges Händewaschen, insbesondere vor der Zubereitung oder dem Verzehr von Mahlzeiten und nach jedem Toilettenbesuch, ist dringend angeraten, vor allem für Menschen, die kleine Kinder versorgen oder ein geschwächtes Immunsystem haben: Das Bakterium kann von Mensch zu Mensch sowie über Nahrung, Wasser und direkten Kontakt mit Tieren übertragen werden.

Die WHO empfiehlt keine Einschränkungen im Reise- oder Handelsverkehr mit Deutschland.

HUS

Das HUS ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, bei der es zu akutem Nierenversagen (Urämie), hämolytischer Anämie und Blutplättchenmangel (Thrombozytopenie) kommen kann. Von den Erkrankungen betroffen sind überwiegend, jedoch nicht ausschließlich Kinder. Das HUS ist die Folge einer EHEC-Infektion, tritt nach Schätzungen bei bis zu 10% aller EHEC-infizierten Patienten auf und führt in bis zu 5% der Fälle zum Tode.

Das HUS ist die häufigste Ursache für akutes Nierenversagen bei Kleinkindern. Es kann bei 25% aller Patienten zu neurologischen Komplikationen führen (Krämpfe, Schlaganfall, Koma) und bei 50% der Überlebenden (meist milde) chronische Nierenschäden hinterlassen.

EHEC

Das EHEC ist ein gefährlicher Stamm des E. coli-Bakteriums, der allgemein im Darm von Tieren, hauptsächlich Wiederkäuern, vorkommt. Die als Shigatoxine bzw. Verotoxine bekannte EHEC-Gruppe trägt zur Bildung von Toxinen bei, die Blutzellen und Nieren schädigen. EHEC-Bakterien, die solche Gifte produzieren, sind auch als STEC bzw. VTEC bekannt. Die Bezeichnung „Shigatoxine“ geht auf die Ähnlichkeit mit den von Shigella dysenteriae produzierten Toxinen zurück. Diese können schwere lebensmittelbedingte Erkrankungen verursachen.

EHEC-Bakterien werden auf den Menschen in erster Linie durch kontaminierte Lebensmittel wie rohes oder ungenügend durchgebratenes Hackfleisch und Rohmilch, frisches Obst und Gemüse und kontaminiertes Wasser sowie durch direkten Kontakt mit Tieren oder infizierten Personen übertragen. Sie werden durch gründliches Erhitzen der Lebensmittel (auf durchgehend mindestens 70 oC) zerstört.

Zu den Symptomen der Erkrankung zählen Magenkrämpfe und Durchfälle, die blutig sein können. Auch Fieber und Erbrechen können auftreten. Die meisten Patienten genesen innerhalb von zehn Tagen, doch in einigen Fällen (insbesondere bei Kleinkindern und älteren Menschen) kann die Infektion zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung wie HUS führen.

Die Präventionsmaßnahmen gegen EHEC-Infektionen ähneln denen, die gegen andere durch Lebensmittel übertragene Krankheiten empfohlen werden, etwa gute Lebensmittelhygiene.