Würdigung der kulturellen Vielfalt ermöglicht die Ausschöpfung zentraler Ressourcen für inklusivere Gesundheitssysteme
Jedes Jahr am 21. Mai bietet der Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung Gelegenheit, nicht nur die Vielfalt der Kulturen weltweit, sondern auch die Bedeutung kultureller Kompetenz und interkultureller Dialoge innerhalb der Gesundheitssysteme zu würdigen.
Die entscheidende Rolle der Gesundheitsfachkräfte hinsichtlich der allmählichen Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung gewinnt vor dem Hintergrund einer weltweiten gesundheitlichen Notlage wie der COVID-19-Pandemie zusätzlich an Bedeutung. Die Anstrengungen des öffentlichen Gesundheitswesens im Kampf gegen COVID-19 erfordern einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz und müssen auch Flüchtlinge und Migranten in die nationalen Pläne und Strategien mit einbeziehen.
Flüchtlinge und Migranten leben jedoch möglicherweise unter Bedingungen, die sie besonders anfällig machen, und sind während der gegenwärtigen Pandemie dem Risiko der Vernachlässigung und Marginalisierung ausgesetzt. Sie stoßen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung möglicherweise auf soziale, politische, wirtschaftliche, sprachliche und kulturelle Barrieren, die konkrete, zielgerichtete Interventionen erforderlich machen, um das Recht dieser Gemeinschaften auf Gesundheit zu wahren.
Interkulturelle Mediatoren bieten praktische Lösungen
In den vergangenen Jahren hat das WHO-Regionalbüro für Europa verschiedene Dokumente entwickelt, die Erkenntnisse und Empfehlungen zu dem wichtigen Beitrag und der Wirksamkeit von kulturellen Mediatoren und Schulungen zur Förderung der kulturellen Kompetenz bei der Verbesserung der Zugänglichkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge und Migranten enthalten.
Diese Publikationen beleuchten die Aktivitäten interkultureller Mediatoren in der Gesundheitsversorgung. Qualifizierte und offiziell zertifizierte interkulturelle Mediatoren:
- agieren als Dolmetscher;
- überbrücken die soziokulturelle Kluft und tragen so zur Anpassung der Gesundheitsangebote an kulturelle Besonderheiten von Flüchtlingen und Migranten bei;
- helfen durch die Verbesserung des interkulturellen Verständnisses bei der Konfliktverhütung und -bewältigung;
- verbessern die Integration und Gesundheitskompetenz von Flüchtlingen und Migranten sowie deren Beteiligung an Gesundheitsförderungs- und Bildungsprogrammen;
- treten gegen institutionelle Diskriminierung ein;
- tragen zum Aufbau von Vertrauen und zur Verbesserung der therapeutischen Beziehung bei; und
- bieten psychosoziale Unterstützung.
Das WHO-Regionalbüro für Europa empfiehlt nachdrücklich die Integration interkultureller Mediatoren in die Gesundheitssysteme in der gesamten Europäischen Region, um für Flüchtlinge und Migranten eine chancengleiche Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Dies ist umso dringender während einer globalen Gesundheitskrise geboten, wenn wirksame Gegenmaßnahmen die Einbeziehung aller Menschen erfordern.
Kulturelle Erwägungen helfen bei der Entwicklung inklusiver Interventionen
Es ist ebenso unerlässlich, Gesundheitsfachkräfte und Anführer von Gemeinschaften mit Flüchtlings- bzw. Migrationshintergrund in die Ausarbeitung von Strategien für das Gesundheitssystem einzubinden, um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Gemeinschaften vertreten sind und ihre spezifischen Bedürfnisse bei Präventions-, Gegen- und Übergangsmaßnahmen mitberücksichtigt werden.
Wirksame Handlungskonzepte für Migration und Gesundheit zu entwickeln bedeutet, zu untersuchen, inwiefern Kultur die Erbringung und Inanspruchnahme von Pflegeleistungen in kulturübergreifenden und multikulturellen Kontexten vermittelt. Es bedeutet, die dringende Notwendigkeit kultursensibler Bewertungen von Gesundheit und Wohlbefinden sowie entsprechender Lösungsansätze für die Gesundheitsversorgung anzugehen.
In ihrem Kampf gegen COVID-19 und bei der Entwicklung von Strategien für den Übergang zu einer „neuen Normalität“ sollten die Mitgliedstaaten das Risiko einer Verschärfung bestehender gesundheitlicher Ungleichheiten berücksichtigen und kultursensible Maßnahmen ergreifen, um Flüchtlings- und Migrantengruppen wirksam zu erreichen.
In Zusammenhang mit der Verpflichtung, die Prinzipien der Gleichheit und Nichtdiskriminierung ins Zentrum der Bemühungen um den Aufbau stärkerer und widerstandsfähigerer Gesundheitssysteme zu stellen, muss Kultur als Schlüssel zur Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung und zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung anerkannt werden.
Die Ermöglichung einer sorgfältigen Erwägung kultureller Unterschiede bei Interventionen des Gesundheitswesens bedeutet, Kultur als einen unverzichtbaren Faktor für die nachhaltige Entwicklung und für Gesundheitssysteme anzuerkennen, die niemanden zurücklassen.