Gesichter der WHO – Lilit

Lilit Dadikyan/WHO

Lilit Dadikyan / Armenien

26. April 2021

Lilit Dadikyan arbeitet seit 13 Jahren und zwei Monaten für die WHO, wo sie für das Länderbüro in Armenien tätig ist. Nach vielen Jahren bei der WHO sind ihre Kollegen für sie zur Familie geworden: sie teilen Freud und Leid miteinander und unterstützen einander. In ihrer Freizeit nimmt sie ihre beeindruckende Kamera zur Hand und fährt in die Berge oder zu dem nahe gelegenen Fluss, um abzuschalten und mit der Natur in Kontakt zu kommen.


Wie sind Sie zur WHO gekommen?

Vor meiner Tätigkeit für die WHO habe ich für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen gearbeitet; deshalb war ich schon mit den Vereinten Nationen vertraut. Ich begann meine Arbeit für die WHO mit einem Kurzzeitvertrag, aber nach ein paar Monaten genoss ich die Arbeit mit den Menschen und ihrer Gesundheit im Mittelpunkt so sehr, dass ich beschloss, mich auf eine frei werdende feste Stelle zu bewerben. Daraus wurden dann 13 Jahre.

Wie wirkt sich Ihre Arbeit auf andere aus?

Meine Arbeit hat auf jeden Fall Auswirkungen auf meine Familie und auf enge Verwandte. Ich habe mir immer einen gesunden Lebensstil zum Ziel gesetzt, doch mit der WHO hat sich diese Überzeugung gefestigt. Ohne Gesundheit geht nichts – kein Wachstum, gar nichts. Ich habe damit begonnen, bei allen Familienmitgliedern für einen gesünderen Lebensstil zu werben, aber manchmal kamen meine Ratschläge nicht besonders gut an! (lacht) Die Leute wollen sich entspannen und machen, worauf sie Lust haben, und da kommt dann eine mit ihren Tipps für gesunde Ernährung und Bewegung. Es war nicht leicht, aber wenn die Leute merken, dass Du nur das Beste für sie willst – und mit gutem Beispiel vorangehst –, fangen sie an, dir zu vertrauen, und werden aufgeschlossener für deine Vorschläge.

Ich bin auch an der Schule meiner Tochter aktiv: Ich versuche, gesunde Ernährung und Bewegung zu fördern, aber auch Aktivitäten für die psychische Gesundheit. Die Lehrerin meiner Tochter ist sehr vorwärtsgewandt und fragt mich manchmal nach Tipps und Ideen. Einmal haben wir einen kreativen Fotokurs für Kinder von fünf bis sechs Jahren gemacht, und ich habe ihnen gezeigt, wie man gute Fotos macht. Das hat allen riesig Spaß gemacht! Die Kinder nahmen es sehr ernst und waren echt geschickt mit ihren Tablets und Kameras. Mit einer anderen Lehrerin haben wir Händewaschen geübt: damals hatte gerade die COVID-19-Pandemie begonnen, und Dr. Tedros hatte ein nützliches Video zum Thema Händewaschen veröffentlicht. Wir haben uns von dem Video inspirieren lassen und während des Lockdowns eine flashmob-artige Aktion mit Kindern von drei bis vier Jahren und ihren Lehrern durchgeführt. Wir haben die Kinder beim Händewaschen fotografiert und sie gefragt, warum es so wichtig ist, sich die Hände zu waschen. Die Fotos und die tollen Antworten der Kinder wurden auf dem Blog der Schule veröffentlicht und gaben eine nette und interessante Fotogeschichte ab. Wir haben auch einige der Antworten für die damalige Kampagne der WHO für Handhygiene verwendet.

Was haben Sie aus der Pandemie gelernt, das Sie in Ihrem künftigen Leben beibehalten wollen?

Eine Sache, die ich vielleicht immer gemacht habe, aber eher unbewusst, ist der Kontakt zu meinen Eltern. Sie leben außerhalb von Eriwan, und es bedarf einiger Anstrengung, um sie zu besuchen. Während der Pandemie erkrankten beide an COVID-19, und mir wurde klar, dass ich ihnen nicht helfen konnte. Das war echt schwer für mich. Es war während der heißen Phase, als die Krankenhäuser keine Betten frei hatten. Meine Mutter hatte Vorerkrankungen, sodass wir ziemlich Angst hatten. Glücklicherweise konnten meine Eltern eine Pflegerin finden, die sie regelmäßig besuchen und nach ihnen sehen konnte, und jetzt geht es ihnen viel besser. Ich merke, dass ich so viel Zeit an der Arbeit und in Besprechungen verbringe und dass ich nicht so viel Zeit mit meinen Eltern verbringen kann, wie ich gerne möchte. Ich möchte in engerem Kontakt mit ihnen sein, und darum werde ich mich verstärkt bemühen, wenn die Pandemie vorbei ist.

Was haben Sie selbst getan, um positiv und gesund zu bleiben?

Die Gesundheit meiner Familie und meine eigene haben für mich eindeutig Vorrang. Ich glaube, man kann vieles tun, um gesund zu bleiben, und das hat oft auch einen positiven Einfluss auf das seelische Wohlbefinden. Ich praktiziere Yoga und habe auch während des Lockdowns Online-Kurse gemacht. Ich habe auch damit begonnen, auf meinem kleinen Ein-Quadratmeter-Balkon Pflanzen einzusetzen, nachdem mir mein Bruder ein paar Erdbeersetzlinge gegeben hat. Das gibt keine große Ernte, aber es ist einfach so gut für die Seele! Ich habe auch Avocados und Granatäpfel gepflanzt. Die Pflanzen sind winzig klein, und ich habe noch keine Früchte gesehen, aber das Wichtigste ist, sich um sie zu kümmern. Außerdem steige ich Treppen. Ich wohne im achten Stock und benutze immer die Treppe statt des Aufzugs. Das hilft, wenn ich den Yogakurs verpasst habe, und ist eine großartige tägliche Übung: ich renne einfach runter und steige langsam wieder hoch, das dauert nur drei Minuten, aber danach fühle ich mich viel besser.

Was bedeutet es für Sie, für die WHO zu arbeiten?

Es klingt vielleicht etwas klischeehaft, aber meine Arbeit ist Teil meines Lebens, und meine Kollegen sind wie eine Familie für mich. Ich arbeite seit vielen Jahren mit ihnen zusammen, und wir haben viel zusammen durchgemacht: im Guten wie im Schlechten. Wir haben erlebt, wie ein Kollege von uns gegangen ist, und wir haben Geburten gefeiert – alles. Vielleicht verliere ich manchmal den Blick für das, was ich tue, und für die Ziele der Organisation insgesamt. Doch dann merke ich meistens ziemlich schnell, dass ich die Bodenhaftung verloren habe und sie zurückbekommen muss, auch dieses Gefühl von Familie. Das ist wie ein System-Neustart – sonst laufen die Programme nicht richtig. Wenn das System wieder hochgefahren ist, kann ich neu starten, bin verbunden und wieder aufnahmefähig.

Wie starten Sie das System neu? Welches ist Ihr heißester Gesundheitstipp?

Einfach raus in die Natur. Ich fahre oft in die Berge, wo ich ganz allein sein kann. Ich verbinde dann meistens Wandern mit Fotografieren. Ich will nicht einmal sagen, dass man unbedingt wandern muss; das Wichtigste ist, in der Natur zu sein, den Vögeln zuzuhören, dem Fluss zuzuschauen, den Duft der Blumen einzuatmen oder unter einem Baum zu liegen.

Stellen Sie sich noch ein Jahr mit COVID-19 und Lockdown vor. Sie dürfen ein Musikstück auswählen. Welches würden Sie wählen?

Ein wunderschönes Lied, das ich vor Kurzem entdeckt habe, ist von einer dänischen Rockband namens Scarlet Pleasure. Die haben ein tolles Lied mit dem Titel „What a life“ geschrieben, das wir fast jeden Tag spielen, und meine Tochter singt und tanzt dazu, auch wenn sie den Text nicht versteht.

Und Sie dürfen eine – lebende oder historische Person – zum Abendessen einladen. Wen laden Sie ein?

Ein Journalist, den ich gerne lese, ist Tatul Hakobyan. Wir sind auf Facebook befreundet, und ich verschlinge seine Posts und Artikel. Er schreibt hauptsächlich über Geschichte und Politik und bemüht sich um Objektivität, statt einer einseitig patriotischen Sichtweise. Er ist scharfsinnig und inspirierend – er nennt die Fakten und überlässt die Analyse den Lesern. Ich würde gerne mit ihm diskutieren.


WHO-Länderbüro Armenien

  • Mitarbeiter: 20, einschließlich Berater. Diese Zahl ändert sich aufgrund des Bedarfs an Notfallmaßnahmen ständig.
  • In Betrieb seit: 1994
  • Wichtigste Schwerpunktbereiche: Übertragbare Krankheiten (Tuberkulose, HIV, Hepatitis), nichtübertragbare Krankheiten, Tabakkonsum, psychische Gesundheit, Impfwesen, antimikrobielle Resistenz (AMR), gesundheitliche Notlagen, Risikokommunikation