Mindestens jeder dritte Bürger in der Europäischen Region ist möglicherweise am Arbeitsplatz und in der Umgebung Asbestbelastung ausgesetzt

Weitere Auskünfte erteilen:

Cristiana Salvi (in Haifa)
Kommunikationsreferentin
WHO Regional Office for Europe
UN City, Marmorvej 51
2100 Copenhagen Ø, Denmark
Mobiltel.: +45 29 63 42 18
E-Mail: csa@euro.who.int

Stephanie Brickman (in Copenhagen)
Kommunikationsberaterin
WHO Regional Office for Europe
UN City, Marmorvej 51
2100 Copenhagen Ø, Denmark
Tel.: +45 40 87 48 76
E-Mail: sbr@euro.who.int

Kopenhagen und Haifa, 30. April 2015

(Geändert am 1. Mai 2015)

Etwa ein Drittel der 900 Mio. Menschen in der Europäischen Region der WHO leben in Ländern, die noch nicht die Verwendung von Asbest in jeglicher Form verboten haben, und sind deshalb möglicherweise am Arbeitsplatz und in ihrer sonstigen Umgebung Risiken ausgesetzt. In Ländern, in denen Asbest verboten ist, besteht die Belastung aus der vergangenen Anwendung weiter. Eine Exposition gegenüber Asbest kann zu Lungen-, Eierstock- oder Kehlkopfkrebs, zu Mesotheliomen und zu Asbestose führen. Die effizienteste Möglichkeit zur Eliminierung dieser Krankheiten ist die Einstellung der Verwendung von Asbest in jeglicher Form. Die hochrangige Tagung zum Thema Umwelt und Gesundheit in Haifa (Israel) endete mit einem dringenden Appell an alle Länder der Europäischen Region, asbestbedingte Erkrankungen zu eliminieren.

„Wir können es uns nicht leisten, in der Europäischen Region jedes Jahr 15 000 Menschenleben durch asbestbedingte Erkrankungen zu verlieren, insbesondere unter den Arbeitnehmern. Jeder Todesfall infolge asbestbedingter Erkrankungen ist vermeidbar," erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Wir appellieren dringend an alle Länder, im Anschluss an die Tagung von Haifa ihrer Verpflichtung von 2010 nachzukommen und bis zum Ende dieses Jahres Konzepte zu entwickeln, die zu einer vollständigen Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen in der Europäischen Region führen. Die Zeit dazu wird knapp."

Die Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen gehörte zu den wichtigsten Themen auf der Tagung von Haifa. An der Veranstaltung, die einer Gesamtbewertung der Fortschritte im Bereich Umwelt und Gesundheit in Europa diente, nahmen über 200 Vertreter der Länder der Europäischen Region sowie internationaler und nichtstaatlicher Organisationen teil.

Ein Bericht, der die Augen öffnet: Fortschritte bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen

Aus dem auf der Tagung vorgestellten Bericht mit dem Titel Fortschritte bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen geht hervor, dass Asbest, eine Gruppe natürlich vorkommender faserförmiger Minerale, für etwa die Hälfte aller Todesfälle aufgrund berufsbedingter Krebserkrankungen verantwortlich ist. Nach neuen Schätzungen kosten Todesfälle infolge von Mesotheliomen in 15 Ländern der Europäischen Region die Gesellschaft mehr als 1,5 Mrd. € pro Jahr (s. Tabelle im Anhang). 

Zwar haben 38 der 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region die Verwendung von Asbest in jeglicher Form verboten, doch in den verbleibenden 15 Ländern wird Asbest nach wie vor verwendet, vor allem in Baustoffen, und einige Länder produzieren und exportieren sogar Asbest. Aber auch nach Einstellung seiner Verwendung verbleibt Asbest noch in der Umwelt; deshalb muss er sicher entfernt und unverzüglich entsorgt werden.

„Asbest ist als eine lautlose, aber tödliche Bedrohung bekannt, da durch Asbestbelastung bedingte Gesundheitsstörungen meist erst Jahrzehnte später auftreten. Das bedeutet, dass in der ganzen Europäischen Region in den kommenden Jahren wohl noch viele Menschen erkranken und sterben werden", erklärt Dr. Guénaël Rodier, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt. „Dieser neue Bericht gibt darüber Aufschluss, wie weit die Länder der Europäischen Region bei der Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen gekommen sind, und enthält Empfehlungen für das weitere Vorgehen."

In einer Woche wird der Chemikalienprüfungsausschuss des Übereinkommens von Rotterdam prüfen, ob Chrysotil oder Weißasbest, die verbreitetste Form von Asbest, in die Liste der Stoffe aufgenommen werden soll, bei denen die einführenden Länder vor Zustandekommen eines Geschäfts der ausführenden Vertragspartei ihre Zustimmung geben müssen.

„Die Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen ist für Israel ein vorrangiges Anliegen. Schon 2011 haben wir ein Gesetz verabschiedet, das die Verwendung neuen Asbests verbietet, die Entfernung bröckligen Asbests vorschreibt und die Entsorgung von Asbestzement regelt", sagt David Leffler, Generaldirektor beim israelischen Umweltministerium. „In Westgaliläa wird ein Projekt zur Beseitigung von Asbestabfällen durchgeführt, bei dem bis Dezember 2014 80 000 Kubikmeter Abfälle an 221 Standorten gereinigt wurden. Datenbanken zu asbestbedingten Erkrankungen werden als entscheidend für die Beobachtung der gesundheitlichen Auswirkungen von Asbest angesehen und deshalb regelmäßig aktualisiert."

Der Weg zur Verbesserung von Umwelt und Gesundheit in Europa

Alle auf der Tagung vertretenen Länder der Europäischen Region erneuerten ihre Verpflichtung, auf die Erfüllung der im Jahr 2010 angenommenen zeitgebundenen Ziele hinzuarbeiten. Dies schließt konkrete Maßnahmen ein, um: 

  • Partnerschaften mit unterschiedlichen Akteuren und Prozessen einzugehen bzw. zu stärken und bereits vorhandene Politikinstrumente konsequent zu nutzen;
  • das Verständnis und die Verwendung ökonomischer Argumente für entschlossenes Handeln im Bereich Umwelt und Gesundheit zu stärken; 
  • eine Vereinbarkeit mit der bevorstehenden Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung herzustellen.

Sie einigten sich auch darauf, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im Bereich Umwelt und Gesundheit in Angriff zu nehmen, die sich aus folgenden Ursachen ergeben: 

  • komplexe Risikofaktoren: Luft, Wasser, Abfälle oder Chemikalien;
  • komplexe Systeme von direkter Bedeutung für Umwelt und Gesundheit: Lebensmittel, Energie oder Städte; und
  • Angelegenheiten von Bedeutung für die internationale Umwelt- und Gesundheitssicherheit: Katastrophen und Klimawandel.

Die Schlussfolgerungen der hochrangigen Tagung in Haifa stellen ein wichtiges Etappenziel im Rahmen der Vorbereitungen auf die für 2017 geplante Sechste Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit dar.

  • Die 15 Länder, die noch nicht Asbest in jeglicher Form verboten haben, sind: Albanien, Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Republik Moldau, Russische Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine und Usbekistan.
  • Die von den Ländern der Europäischen Region im Jahr 2010 vereinbarten fünf zeitgebundenen Ziele waren: Bereitstellung einer sicheren Wasserver- und Abwasserentsorgung für alle Kinder bis 2020; Schaffung gesunder und sicherer Umfelder für Kinder im Alltag bis 2020; Gewährleistung, dass Kinder bis 2015 in Innenräumen ohne Tabakrauch leben können; Schutz der Umgebung von Kindern vor toxischen Chemikalien bis 2015; Entwicklung von Konzepten zur Eliminierung asbestbedingter Erkrankungen bis 2015.
  • Die siebte Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Rotterdam (RC COP-7) findet vom 4. bis 15. Mai 2015 zeitgleich mit der zwölften Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Basel (BC COP-12) und der siebten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens von Stockholm (SC COP-7) statt.