Leitendes Organ der Europäischen Region der WHO tagt in Vilnius
Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an:
Ina Parvanova
Regionalbeauftragte für Öffentlichkeitsarbeit
WHO-Regionalbüro für Europa
UN City, Marmorvej 51
2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: + 45 45 33 68 05
Mobiltel.: + 45 21 19 43 74
E-Mail: tpr@euro.who.int
Liuba Negru
Medienbeziehungen
WHO-Regionalbüro für Europa
UN City, Marmorvej 51
2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: +45 45 33 67 89
Mobiltel.: +45 20 45 92 74
E-Mail: lne@euro.who.int
Einbeziehung aller Politikbereiche in die Bekämpfung der Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit hat hohen politischen Stellenwert
Kopenhagen und Vilnius, 10. September 2015
Die 65. jährliche Tagung des Regionalkomitees für Europa, des leitenden Organs der Europäischen Region der WHO, findet vom 14. bis 17. September 2015 in Vilnius (Litauen) statt. Auf der Tagung werden die 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region durch über 260 Delegierte, darunter Gesundheitsminister und andere politische Entscheidungsträger, vertreten. Es wird erwartet, dass das Regionalkomitee einer neuen Strategie zur Bewegungsförderung, einem Fahrplan zur Eindämmung des Tabakgebrauchs und einem Aktionsplan zur Bekämpfung der Tuberkulose zustimmen wird. Die Delegierten werden außerdem Prioritäten für die Stärkung der Gesundheitssysteme festlegen und sich einen Tag lang mit der Frage befassen, wie andere Politikbereiche sinnvoll in die Bemühungen zur Senkung der Zahl der Todes- und Krankheitsfälle in ihren jeweiligen Ländern einbezogen werden können. Von den eingeladenen Gastrednern haben Ihre Königliche Hoheit, die Kronprinzessin Mary von Dänemark, die Generaldirektorin der WHO, die Staatspräsidentin der Republik Litauen und der Europäische Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ihre Teilnahme zugesagt. An der Tagung werden 15 Gesundheitsminister aus den Ländern der Europäischen Region teilnehmen.
Ressortübergreifende Zusammenarbeit rückt in den Mittelpunkt
Am Dienstag, den 15. September 2015 wird das Regionalkomitee in einer Reihe von Podiumsdiskussionen der Minister Fragen der Beteiligung und Kooperation mit maßgeblichen Akteuren wie der Landwirtschafts-, Bildungs-, Verkehrs- und Umweltpolitik erörtern. „Die ressortübergreifende Zusammenarbeit rückt auf der Tagung in Vilnius in den Mittelpunkt," erklärt Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. Sie fügt hinzu:„In der Vergangenheit hatten wir nicht genügend Erkenntnisse, um die anderen Politikbereiche sinnvoll in die Förderung von Gesundheit einzubinden und ihnen konkret zu vermitteln, welchen Stellenwert Gesundheit für ihre Arbeit hat. Doch dies ist nun nicht mehr der Fall. Das Rahmenkonzept „Gesundheit 2020" des WHO-Regionalbüros für Europa beinhaltet die politische wie auch wissenschaftliche Rechtfertigung dafür, der Gesundheit einen höheren Stellenwert auf der politischen Tagesordnung der Regierungen auf allen Ebenen zu verschaffen. Ohne die Beteiligung einer Vielzahl anderer Politikbereiche und Partner kann keine der gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit, wie etwa Ungleichgewichte im Gesundheitsbereich, chronische Krankheiten, gesundheitliche Notlagen und mangelnde Gesundheitskompetenz, wirksam in Angriff genommen werden. Entwicklung in allen ihren Formen – sozial, ökonomisch und ökologisch – ist untrennbar mit Gesundheit verknüpft und macht ein gesamtstaatliches und gesamtgesellschaftliches Handeln erforderlich. Letztendlich werden wir nicht an unseren Worten gemessen, sondern daran, was wir für die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Bevölkerung tun."
Innovative Strategie zur Bewegungsförderung
Bewegungsmangel trägt in der Europäischen Region zu der rapide wachsenden Krankheitslast infolge nichtübertragbarer Krankheiten wie koronarer Herzkrankheit, Diabetes und Brust- und Kolonkrebs bei. Er ist auch für eine Ausbreitung der Adipositasepidemie verantwortlich. Nach Schätzungen der WHO sind in 46 Ländern der Europäischen Region mehr als 50% der Erwachsenen übergewichtig oder adipös, und in einigen dieser Länder beträgt die Rate fast 70%.
Auf der Tagung des Regionalkomitees werden die Länder über die Annahme einer ehrgeizigen, auf zehn Jahre angelegten Strategie diskutieren, die leicht bezahlbare, kosteneffektive Maßnahmen zur Bewegungsförderung in allen Ländern der Europäischen Region vorsieht. Die Strategie basiert auf einem ressortübergreifenden Ansatz, der über das Gesundheitswesen hinausreicht und auf den im Globalen Aktionsplan der Organisation für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (2013–2020) aufgestellten globalen Zielvorgaben aufbaut; diese sind:
- eine relative Senkung der Prävalenz des Bewegungsmangels um 10% bis 2025;
- eine relative Senkung des Risikos vorzeitiger Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes oder chronischen Atemwegserkrankungen um 25%;
- eine relative Verringerung der Prävalenz des Bluthochdrucks um 25% bzw. deren Eindämmung;
- eine Unterbindung der Zunahme von Diabetes und Adipositas.
Den Tabakkonsum hinter uns lassen
Das Regionalkomitee wird auch über einen neuen Fahrplan für eine wirksamere Umsetzung des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs in der Europäischen Region (2015–2025) diskutieren. Nach Schätzungen der WHO sterben in der Europäischen Region jährlich etwa 1,6 Mio. Menschen an tabakbedingten Erkrankungen. Von allen Regionen der WHO weist Europa den höchsten Anteil an tabakbedingten Todesfällen (16%) und die höchste Prävalenz des Rauchens unter Erwachsenen (28%) auf. Der Fahrplan gibt einen umfassenden Überblick über die Problematik und zeigt den Gesundheitsministerien eine Reihe von Handlungsoptionen für die Einbindung anderer Politikbereiche in eine wirksame Eindämmung des Tabakgebrauchs auf. Sein Ziel lautet, in der Altersgruppe der über 15-Jährigen eine relative Reduzierung der heutigen Prävalenz des Tabakkonsums um mindestens 30% bis zum Jahr 2025 zu erreichen. Die langfristige Zukunftsvision besteht darin, die Region gänzlich von durch Tabak bedingter Morbidität, Mortalität und Sucht zu befreien.
Prioritäten für die Stärkung der Gesundheitssysteme
Es wird erwartet, dass das Regionalkomitee strategische Prioritäten im Bereich der Stärkung der Gesundheitssysteme für den Zeitraum 2015–2020 annehmen wird, die sich an dem gesundheitspolitischen Rahmenkonzept der Europäischen Region, „Gesundheit 2020", orientieren. In dem Dokument, das in Vilnius angenommen werden soll, werden die Gesundheitssysteme zu mehr Bürgernähe aufgefordert, um schneller gesundheitliche Zugewinne erreichen, gesundheitliche Ungleichheiten abbauen, eine finanzielle Absicherung gewährleisten und für eine effiziente Nutzung gesellschaftlicher Ressourcen sorgen zu können. Im Falle seiner Annahme wird es ein Handeln in zwei vorrangigen Bereichen vorantreiben, die für die Entwicklungsagenda nach 2015 von zentraler Bedeutung sind:
- bei der grundlegenden Umgestaltung der Gesundheitsversorgung, um den gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden, und
- bei der allmählichen Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung auf dem Weg zu einer Europäischen Region, in der es keine ruinösen Gesundheitsausgaben aus eigener Tasche mehr gibt.
Neuer Aktionsplan Tuberkulose
Das Regionalbüro hat einen neuen Aktionsplan Tuberkulose für die Europäische Region der WHO ausgearbeitet, in dem eine Zielsetzung und eine Reihe von Zielvorgaben für die Versorgung der Patienten und die Bekämpfung der Tuberkulose und ihrer resistenten Formen im Zeitraum 2016 bis 2020 vorgegeben werden. Bei der Bekämpfung der Tuberkulose hat die Europäische Region der WHO in den vergangenen fünf Jahren weitreichende Fortschritte erzielt. So konnten über 1 Mio. Tuberkulosepatienten geheilt und etwa 200 000 Fälle von multiresistenter Tuberkulose (MDR-Tb) verhindert werden; insgesamt wurden mehr als 2,6 Mio. Menschenleben gerettet. Im Durchschnitt fiel die Zahl der Tuberkulosefälle um ca. 6% pro Jahr. Doch dies reicht noch nicht aus, um eine Eliminierung der Tuberkulose bis 2050 zu erreichen. Immer noch erkranken in der Europäischen Region jeden Tag 1000 Menschen an Tuberkulose, und weniger als 50% der MDR-Tb-Fälle werden erfolgreich behandelt. Über ein Viertel der globalen Krankheitslast aufgrund von Tuberkulose entfällt auf die Länder der Europäischen Region, überwiegend im östlichen Teil der Region.
Die Zielsetzung des Aktionsplans besteht darin, der Tuberkuloseepidemie ein Ende zu setzen und die Zahl der betroffenen Familien, denen infolge von Tuberkulose verheerende Kosten entstehen, auf Null zu reduzieren. Die bis 2020 zu verwirklichenden Einzelziele lauten:
- Senkung der Zahl der Todesfälle infolge von Tuberkulose um 35%;
- Senkung der Inzidenzrate der Tuberkulose um 25%;
- eine Behandlungserfolgsrate in der Kohorte der MDR-Tb-Patienten von 75%.
So könnten ca. 1,4 Mio. Tuberkulosepatienten in der Europäischen Region geheilt werden, darunter 130 000 Fälle von MDR-Tb und extensiv resistenter Tuberkulose (XDR-Tb); weiterhin könnten 1,7 Mio. neue Fälle verhindert, über 3 Mio. Menschenleben gerettet und 48 Mrd. US-$ eingespart werden.
Migration und Gesundheit
In einer gesonderten Informationsveranstaltung wird sich das Regionalkomitee mit Gesundheitsfragen befassen, die sich aus dem großen Zustrom von Flüchtlingen und Migranten in die Länder der Europäischen Region der WHO ergeben. Die Delegierten werden unter anderem darüber diskutieren, welche Maßnahmen zur Stärkung der Kapazitäten der Gesundheitssysteme für die Unterstützung der betroffenen Menschen erforderlich sind. Seit Anfang 2015 haben etwa 350 000 Flüchtlinge und Migranten die Länder der Europäischen Region erreicht, und weitere knapp zwei Mio. Menschen haben in der Türkei Schutz gesucht.
Weitere Themen auf der Tagesordnung
Das Regionalkomitee wird sich auch mit folgenden anderen Themen befassen:
- Partnerschaften für Gesundheit in der Europäischen Region
- Reform der WHO: Fortschritte und Folgen für die Europäische Region
- Vorstellung des Europäischen Gesundheitsberichts 2015
- Fortschrittsberichte für die Europäischen Region zu folgenden Themen: Umsetzung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005); Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele; MDR- and XDR-Tb; Strategien zur Verhaltensänderung für mehr Gesundheit; Steuerung und Führung der Gesundheitssysteme; und die Zukunft des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa
Fachinformationssitzungen für die Delegierten finden zu folgenden Themen statt:
- Gesundheit von Frauen
- Gesundheitspersonal
- Evidenzgeleitete Politikgestaltung
Auf den Arbeitsessen der Minister, die am Montag und Dienstag um die Mittagszeit stattfinden, sollen folgende Themen erörtert werden:
- Migration und Gesundheit
- Die Erfahrungen Litauens bei der Umsetzung des Rahmenkonzeptes Gesundheit 2020
Auf der Website des WHO-Regionalbüros für Europa (http://www.euro.who.int/de/rc65) finden sich nähere Informationen über die 65. Tagung des Regionalkomitees, darunter das vorläufige Programm und die vorstehend genannten Dokumente.